BGH II ZR 56/10 – Unterbilanzhaftung bei unterbliebener Offenlegung einer wirtschaftlichen Neugründung
RA und Notar Krau
Das Urteil des BGH vom 6. März 2012 behandelt die Haftung der Gesellschafter einer GmbH bei unterbliebener Offenlegung einer wirtschaftlichen Neugründung.
Hierbei stehen insbesondere die Unterbilanzhaftung und die damit verbundenen gesetzlichen Pflichten im Fokus.
1. Sachverhalt und Entscheidungsgründe:
Die U Vertriebs GmbH (vormals M GmbH) änderte 2004 ihre Firma, den Sitz und den Unternehmensgegenstand und begann eine neue Geschäftstätigkeit,
ohne dies als wirtschaftliche Neugründung offenzulegen.
Die Beklagte erwarb später den einzigen Geschäftsanteil und leistete Zahlungen auf das Stammkapital.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin im Jahr 2007 verlangte der Insolvenzverwalter
von der Beklagten die Deckung von Forderungen in Höhe von 36.926,53 Euro unter dem Gesichtspunkt der Unterbilanzhaftung.
Das Berufungsgericht bejahte eine unbeschränkte Gesellschafterhaftung, doch der BGH hob das Urteil auf und verwies die Sache zurück.
2. Rechtliche Ausführungen:
a. Wirtschaftliche Neugründung und Offenlegungspflicht:
Eine wirtschaftliche Neugründung liegt vor, wenn eine GmbH, die zuvor kein aktives Unternehmen mehr betrieb, wieder unternehmerisch tätig wird.
Hierbei müssen die Gründungsvorschriften des GmbHG entsprechend angewendet werden.
Eine Offenlegung gegenüber dem Registergericht ist erforderlich, um den Gläubigerschutz sicherzustellen.
b. Unterbilanzhaftung:
Unterbleibt die Offenlegung, haften die Gesellschafter für eine Unterbilanz, die zum Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung besteht.
Diese Haftung ist jedoch auf den Umfang der Unterbilanz begrenzt, der zu diesem Zeitpunkt besteht, nicht jedoch zeitlich unbegrenzt bis zur vollständigen Gläubigerbefriedigung.
c. Beweislast:
Die Gesellschafter tragen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass zum Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung keine Differenz zwischen dem Stammkapital und dem Gesellschaftsvermögen bestand.
d. Haftung des Erwerbers:
Die Verpflichtung zur Deckung einer Unterbilanz ist eine rückständige Leistung, für die auch der Erwerber eines Geschäftsanteils haftet.
Somit haftet die Beklagte als Erwerberin der Geschäftsanteile für die Ansprüche aus der Unterbilanzhaftung.
3. Praktische Auswirkungen:
a. Offenlegung und Haftung:
Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung der Offenlegungspflicht bei wirtschaftlichen Neugründungen.
Unterbleibt diese, können Gesellschafter zur Haftung herangezogen werden, was insbesondere im Insolvenzfall erhebliche finanzielle Folgen haben kann.
b. Rechtsunsicherheit bei Erwerbern:
Erwerber von Geschäftsanteilen sollten sich der möglichen Haftung bewusst sein und sorgfältige Prüfungen und rechtliche Sicherungen vornehmen, um unvorhergesehene Haftungsrisiken zu vermeiden.
c. Notwendigkeit rechtlicher Beratung:
Sowohl bei der Gründung als auch beim Erwerb von Geschäftsanteilen ist eine umfassende rechtliche Beratung unerlässlich, um Haftungsfallen zu vermeiden und die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.
Fazit: Die Entscheidung des BGH stellt klar, dass bei wirtschaftlichen Neugründungen eine strikte Einhaltung der Offenlegungspflichten erforderlich ist, um Haftungsrisiken zu minimieren.
Sie betont die Bedeutung der Beweislast bei den Gesellschaftern und die fortbestehende Haftung des Erwerbers von Geschäftsanteilen,
was erhebliche praktische Konsequenzen für die Rechts- und Unternehmenspraxis hat.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.