BGH IV ZR 164/90

September 16, 2017

BGH IV ZR 164/90 – Ehebedingte Zuwendung als erbrechtliche Schenkung – ehebedingte Zuwendungen nicht als unentgeltlich anzusehen

Ehebedingte Zuwendungen und der Schutz des Vertragserben

RA und Notar Krau

In diesem Fall befasste sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage, ob ehebedingte Zuwendungen unter Ehegatten

als Schenkungen im Sinne des Erbrechts anzusehen sind und ob sie den Vertragserben beeinträchtigen können.

Die Fakten des Falles

Ein Mann hatte seiner Ehefrau verschiedene Vermögenswerte zukommen lassen, darunter Geldsummen, Möbel und einen Nießbrauch an einem Grundstück.

Der Sohn des Mannes aus erster Ehe, der ihn aufgrund eines Erbvertrags als Alleinerbe beerbte, klagte gegen die Ehefrau auf Rückgabe der Vermögenswerte.

Er argumentierte, dass die Zuwendungen Schenkungen seien, die ihn als Vertragserben benachteiligten.

Die Entscheidung des Gerichts

BGH IV ZR 164/90

Der BGH entschied, dass ehebedingte Zuwendungen im Erbrecht grundsätzlich wie Schenkungen zu behandeln sind, wenn sie objektiv unentgeltlich sind.

Die Sache wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen, um zu prüfen, ob die Zuwendungen tatsächlich unentgeltlich waren und den Kläger als Vertragserben benachteiligten.

Begründung des Gerichts

  • Unbenannte Zuwendungen: Der BGH stellte fest, dass Zuwendungen unter Ehegatten in der Regel keine Schenkungen im klassischen Sinne sind, sondern sogenannte unbenannte Zuwendungen. Diese dienen der ehelichen Lebensgemeinschaft und erfolgen nicht mit der ausdrücklichen Absicht der Unentgeltlichkeit.
  • Objektive Unentgeltlichkeit: Obwohl unbenannte Zuwendungen nicht als Schenkungen im Sinne des § 516 BGB gelten, sind sie dennoch im Erbrecht wie Schenkungen zu behandeln, wenn sie objektiv unentgeltlich sind, d.h. wenn ihnen keine ausgleichende Gegenleistung gegenübersteht.
  • Schutz des Vertragserben: Die erbrechtlichen Schutzvorschriften, die den Vertragserben vor Benachteiligung schützen sollen, greifen auch bei unbenannten Zuwendungen. Der Vertragserbe kann verlangen, dass ihm Zuwendungen ersetzt werden, die ihn in seinen Erwartungen beeinträchtigen.

BGH IV ZR 164/90

  • Prüfung der Unentgeltlichkeit: Das Berufungsgericht musste prüfen, ob die Zuwendungen an die Ehefrau tatsächlich unentgeltlich waren. Dabei war zu berücksichtigen, ob die Leistungen unterhaltsrechtlich geschuldet waren oder ob ihnen eine konkrete Gegenleistung gegenübersteht.
  • Prüfung der Benachteiligung: Das Berufungsgericht musste auch prüfen, ob der Kläger als Vertragserbe durch die Zuwendungen benachteiligt wurde. Dabei waren die Ansprüche der Ehefrau auf Zugewinnausgleich und Pflichtteil zu berücksichtigen.

Fazit

Der Fall BGH IV ZR 164/90 hat grundlegende Bedeutung für das Verständnis von ehebedingten Zuwendungen im Erbrecht.

Er zeigt, dass diese Zuwendungen nicht außerhalb des erbrechtlichen Schutzsystems stehen, sondern unter bestimmten Voraussetzungen wie Schenkungen behandelt werden können.

Dies stärkt die Position des Vertragserben und verhindert, dass er durch Zuwendungen an den Ehegatten benachteiligt wird.

BGH IV ZR 164/90

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Der Fall verdeutlicht die Bedeutung der erbrechtlichen Schutzvorschriften für den Vertragserben.
  • Die Entscheidung trägt dazu bei, dass der Nachlass im Sinne des Erblassers verteilt wird und die Interessen des Vertragserben gewahrt werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen:

Der BGH hat in diesem Fall klargestellt, dass ehebedingte Zuwendungen im Erbrecht nicht außerhalb des Schutzsystems für den Vertragserben stehen.

Sie können wie Schenkungen behandelt werden, wenn sie objektiv unentgeltlich sind und den Vertragserben benachteiligen.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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