Mißbrauch des lebzeitigen Verfügungsrechts des erbvertraglich gebundenen Erblassers durch unentgeltliche Zuwendung an Ehegatten – BGH Urteil vom 17. Juni 1992 – IV ZR 88/91
Der Fall betrifft den Pflichtteilsanspruch einer Klägerin gegenüber dem Beklagten nach dem Tod ihres Ehemanns (Erblasser).
Der Erblasser hatte 1938 einen Erbvertrag abgeschlossen, der nur männliche Nachkommen als Erben vorsah.
Nach seiner Heirat mit der Klägerin im Jahr 1976 focht er diesen Vertrag an und setzte gemeinsam mit der Klägerin wechselseitige Testamente auf, in denen sie sich gegenseitig zu Alleinerben bestimmten.
Da die Anfechtung des Erbvertrags als unwirksam erachtet wurde, wurde der Neffe des Erblassers als Alleinerbe anerkannt.
Hauptthema
Die Klägerin forderte ihren Pflichtteil am Nachlass, insbesondere in Bezug auf gemeinschaftlich genutzte Oder-Konten, auf die sie nach dem Tod des Erblassers eine Summe von 3,45 Mio. DM abgehoben hatte.
Der Beklagte argumentierte, dass die Mitinhaberschaft der Klägerin an diesen Konten nur als Verwaltungstreuhand zu verstehen sei und somit der gesamte Bestand der Konten in den Nachlass gehöre.
Gegenüber dem Pflichtteilsanspruch der Klägerin, den der Beklagte auf 3,25 Mio. DM veranschlagt, rechnet er mit einer Forderung
auf Zahlung der von der Klägerin abgehobenen 3,45 Mio. DM aus einem angeblichen Anspruch aus § 2287 BGBauf.
Entscheidungen der Vorinstanzen
Das Landgericht erklärte die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt, und die Berufung des Beklagten wurde zurückgewiesen.
Der Beklagte verfolgte daraufhin die Abweisung der Klage durch Revision.
Anwendung deutschen Rechts:
Das Gericht bestätigte die Anwendung deutschen Rechts auf das Innenverhältnis der Konteninhaber, da die Parteien deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Deutschland waren.
Die rechtliche Ordnung des Innenverhältnisses der Konteninhaber konnte somit von der bankseitigen Handhabung getrennt werden.
§ 430 BGB und das Innenverhältnis der Konteninhaber:
Das Berufungsgericht prüfte die Berechtigung des Beklagten, mehr als die Hälfte der Kontenstände zu beanspruchen.
Es stellte fest, dass die Umstände eher für den Willen der Ehegatten bei der Begründung und Fortführung der Gemeinschaftskonten sprachen, wie im § 430 BGB vermutet.
Aufrechnungsforderung gemäß § 2287 BGB:
Der BGH stellte fest, dass die Vorschrift des § 2287 BGB die Beeinträchtigungsabsicht und den Missbrauch des Rechts zu lebzeitigen Verfügungen voraussetzt.
Die Grenze zwischen Missbrauch und erlaubtem Handeln wird anhand des lebzeitigen Eigeninteresses des Erblassers gezogen.
Eigeninteresse des Erblassers:
Das Berufungsgericht stellte fest, dass der Erblasser die Klägerin bei der Heirat angemessen an seinem Vermögen beteiligen wollte und erwartete, dass sie für sein Wohl im Alter sorgen würde.
Diese Schenkung zu Beginn der Ehe sollte die ungleiche Vermögenslage der Ehepartner ausgleichen und eine stabile Grundlage für die eheliche Gemeinschaft schaffen.
Anerkennung des Eigeninteresses:
Das Bedürfnis eines alleinstehenden Erblassers nach Versorgung und Pflege im Alter wird als anerkennenswertes Eigeninteresse betrachtet,
auch wenn er dieses durch Schenkungen an eine ihm nahestehende Person verwirklicht.
Der Beklagte konnte nicht nachweisen, dass dem Erblasser ein solches Eigeninteresse fehlte.
Das Rechtsmittel des Beklagten blieb ohne Erfolg.
Das Gericht bestätigte, dass der Erblasser sein Recht zu lebzeitigen Verfügungen nicht missbraucht hatte, indem er seiner Ehefrau unentgeltlich die Mitberechtigung an seinem liquiden Vermögen einräumte.
Die Klage der Klägerin auf ihren Pflichtteil wurde somit als gerechtfertigt anerkannt.
Dem Beklagten wurde eine Aufrechnungsforderung aus § 2287 BGB versagt.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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