BGH Urteil vom 07.12.1994 – IV ZR 281/93 – Testamentsauslegung – Abgrenzung Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis
RA und Notar Krau
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. Dezember 1994, Aktenzeichen IV ZR 281/93, behandelt die Frage der Abgrenzung zwischen einer Teilungsanordnung und einem Vorausvermächtnis in einem Testament.
Im Mittelpunkt steht die testamentarische Zuweisung eines Grundstücksanteils durch die Erblasserin an die Klägerin, die in den verschiedenen Testamentsfassungen unterschiedlich ausgelegt wird.
Hintergrund des Falls:
Die Klägerin und die Erblasserin bildeten eine Bruchteilsgemeinschaft an einem Grundstück infolge eines Umlegungsverfahrens, bei dem die ursprünglich getrennten Grundstücke der beiden zusammengelegt wurden.
Um ihr Grundeigentum zu erhalten, schloss die Erblasserin eine formlose Vereinbarung mit der Klägerin, wonach diese im Erbfall den Anteil der Erblasserin erhalten sollte.
In einem Testament vom 31. März 1982 bestimmte die Erblasserin ein Vermächtnis zugunsten der Klägerin, ohne nähere Details anzugeben.
Mit einem späteren Testament vom 25. August 1986 setzte die Erblasserin die Klägerin und ihren Neffen zu gleichen Teilen als Erben ein und verfügte, dass der Grundstücksanteil an die Klägerin fallen solle, wobei dessen Wert auf den Erbteil der Klägerin angerechnet werden sollte.
Ein weiteres Testament vom 26. April 1988 setzte den Neffen als Alleinerben ein.
Kern der Auseinandersetzung:
Die Klägerin argumentierte, dass ihr der Grundstücksanteil auch im Testament vom 25. August 1986 als Vorausvermächtnis zugewandt worden sei und diese Anordnung durch das letzte Testament nicht aufgehoben werde.
Die Beklagten sahen hingegen in der Zuweisung des Grundstücksanteils lediglich eine Teilungsanordnung, die durch die Alleinerbeinsetzung des Neffen hinfällig geworden sei.
Entscheidung des BGH:
Das Berufungsgericht hatte das Testament als Teilungsanordnung interpretiert, da die Erblasserin die Anrechnung des Grundstückswerts auf die Erbquote der Klägerin bestimmt hatte.
Der BGH widersprach dieser Auffassung.
Er betonte, dass eine solche Anrechnung die Einordnung als Vermächtnis nicht ausschließt.
Entscheidend sei der Wille der Erblasserin, der auch eine Zuwendung für den Fall umfassen könne, dass die Klägerin ihre Erbenstellung ausschlägt oder aus anderen Gründen nicht Erbin wird.
Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf und stellte das Urteil des Landgerichts wieder her, das die Zuweisung des Grundstücksanteils als Vermächtnis gewertet hatte.
Rechtliche Würdigung:
Der BGH stellte klar, dass eine testamentarische Anrechnung des Wertes eines Vermächtnisgegenstands auf den Erbteil dessen Charakter als Vermächtnis nicht grundsätzlich ausschließt.
Vielmehr müsse der Wille des Erblassers berücksichtigt werden, der eine Zuwendung unabhängig von der Erbenstellung des Bedachten beabsichtigen könne.
Die Auslegung des Testaments ergab, dass die Erblasserin der Klägerin den Grundstücksanteil auch dann hätte zukommen lassen wollen, wenn diese nicht Erbin geworden wäre.
Diese Absicht der Erblasserin spiegele sich in ihrer Absprache mit der Klägerin wider, die dem Entgegenkommen der Klägerin im Umlegungsverfahren Rechnung tragen sollte.
Die Entscheidung unterstreicht, dass die Interpretation von Testamenten stets den mutmaßlichen Willen des Erblassers und die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen muss.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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