BGH Urteil 20.10.1993 – IV ZR 231/92 – Sittenwidrigkeit eines Behindertentestaments
RA und Notar Krau
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. Oktober 1993 (Aktenzeichen IV ZR 231/92) behandelt die Frage, ob ein sogenanntes Behindertentestament sittenwidrig ist.
Im vorliegenden Fall hatten Eltern ihre behinderte, auf Sozialhilfe angewiesene Tochter als Vorerbin eines geringfügigen Erbteils eingesetzt, wobei der Sohn als Nacherbe und Vollerbe des restlichen Nachlasses bestimmt wurde.
Ziel dieser Testamentsgestaltung war es, das Vermögen der Familie zu erhalten und der Tochter gleichzeitig über die Sozialhilfe hinausgehende Annehmlichkeiten zu sichern.
Der Kläger, der Träger der Sozialhilfe, argumentierte, dass diese Regelung sittenwidrig sei, weil sie den Zugriff auf den Nachlass nach dem Tod der behinderten Tochter verhindere und so den Staat von Kostenersatzansprüchen ausschließe.
Der BGH lehnte diese Argumentation ab und bestätigte die Testierfreiheit der Eltern.
Er betonte, dass das Testament nicht gegen die guten Sitten verstößt und dass die Eltern durch die Anordnung der Vorerbschaft und der Nacherbfolge keine sittenwidrigen Zwecke verfolgen, sondern legitime Interessen wahrnehmen.
Die Eltern hätten versucht, ihrer behinderten Tochter durch den Erbvertrag langfristig finanzielle Sicherheit und zusätzliche Vorteile zu sichern, ohne dass dies das Recht des Klägers auf Sozialhilfekostenersatz beeinträchtigt.
Der BGH stellte klar, dass der Träger der Sozialhilfe kein gesetzlich gesichertes Recht auf den Nachlass der Eltern hat, auch wenn diese ihren Nachlass so gestalten, dass der Zugriff der Sozialhilfe nach dem Tod des behinderten Kindes ausgeschlossen ist.
Zentral ist die Feststellung des BGH, dass die Testierfreiheit ein verfassungsrechtlich geschütztes Gut ist, welches durch das Pflichtteilsrecht begrenzt wird, aber nicht durch Sozialhilferechte.
Auch wenn der Gesetzgeber den Sozialhilfeträgern gewisse Rechte einräumt, können Eltern ihre Erbfolge so gestalten, dass das Familienvermögen erhalten bleibt, ohne dabei den Sozialhilfeträger zu benachteiligen.
Ein solcher Erbvertrag dient nicht nur dem Schutz des behinderten Kindes, sondern auch dem Erhalt des Familienvermögens, was aus Sicht des BGH rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Das Urteil verdeutlicht die Spannungen zwischen privater Testierfreiheit und staatlichem Interesse an der Finanzierung von Sozialhilfemaßnahmen.
Der BGH entschied jedoch, dass im vorliegenden Fall die Testierfreiheit der Eltern nicht durch die Interessen der Sozialhilfe eingeschränkt wird.
Damit setzt das Urteil einen wichtigen Präzedenzfall für die Gestaltung von Behindertentestamenten.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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