BGH XII ZB 143/17
Vorsorgevollmacht: Voraussetzungen für die Bestellung eines Kontrollbetreuers
Ist die Vorsorgebevollmächtigte als Erbin mit einem zugunsten des Betroffenen ausgesetzten Vermächtnis belastet, können die daraus entstehenden Interessenkonflikte die Einrichtung einer Kontrollbetreuung rechtfertigen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 16. Juli 2014, XII ZB 142/14, FamRZ 2014, 1693).
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 3. März 2017 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
Beschwerdewert: 5.000 €
Gründe
I.
Der 79jährige Betroffene leidet an einer Demenz, wegen derer er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Er hatte einer seiner Töchter, der Beteiligten zu 1 (im Folgenden: Bevollmächtigte), am 15. Juli 2009 Generalvollmacht erteilt.
Die Bevollmächtigte ist testamentarische Alleinerbin nach ihrer am 4. September 2015 verstorbenen Mutter, der Ehefrau des Betroffenen. Das Erbe ist mit einem Wohnrechtsvermächtnis zugunsten des Betroffenen an den von ihm bisher genutzten Räumen belastet, auflösend bedingt für den Fall, dass der Betroffene einen Heimpflegevertrag auf unbestimmte Dauer abschließt.
Am 22. August 2015 hatten der Betroffene und seine Ehefrau ein Schriftstück unterzeichnet, demzufolge die Bevollmächtigte “per Vermächtnis … für die Pflege von mir und meinem Ehemann und für die Hilfe in unserem Haus und Garten” das gesamte Barvermögen mit einem Wert per 5. August 2015 von über 70.000 € und der Sohn der Bevollmächtigten eine Zuwendung von 3.500 € erhalten sollte.
Auf Anregung der Geschwister der Bevollmächtigten hat das Amtsgericht eine Kontrollbetreuung eingerichtet und die Beteiligte zu 2 als Berufsbetreuerin bestimmt. Dagegen hat die Bevollmächtigte Beschwerde eingelegt, die das Landgericht zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Bevollmächtigten.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Ein ähnlicher Interessenkonflikt drohe auch hinsichtlich des Barvermögens des Betroffenen und seiner verstorbenen Ehefrau. Dieses sei aufgrund des “Vermächtnisses” vom 22. August 2015 vollständig auf die Bevollmächtigte übertragen worden. Auch im Hinblick darauf drohe ein Interessenkonflikt bei der möglichen Geltendmachung des Pflichtteils des Betroffenen, insbesondere bei der Frage, ob es sich hier um eine Anstandsschenkung im Sinne von § 2330 BGB handele.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf der Grundlage eines ärztlichen Zeugnisses (§ 281 Abs. 1 Nr. 2 FamFG) festgestellt; dagegen erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts.
Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist, oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht ist nicht erforderlich. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2014 – XII ZB 142/14 – FamRZ 2014, 1693 Rn. 12 mwN).
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
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