BGH XII ZB 339/22 – Geschäftsfähigkeit bei Vollmachtserteilung
RA und Notar Krau
Die Frage, ob der Betroffene im Zeitpunkt der Vollmachterteilung nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war, hat das Gericht nach § 26 FamFG von Amts wegen aufzuklären.
Die 85-jährige Betroffene leidet an einer demenziellen Erkrankung, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann.
Sie hatte ihrem Sohn und zwei Töchtern, den Beteiligten zu 3 bis 5, im Mai 2012 eine notarielle Vorsorgevollmacht erteilt.
Die Betroffene wurde im Haushalt ihres Sohns versorgt, bis eine weitere Tochter, die Beteiligte zu 1, sie Ende des Jahres 2021 ohne Absprache in ihren eigenen Haushalt verbrachte und bei sich aufnahm.
Unter dem 17. Dezember 2021 erteilte die Betroffene eine Vorsorgevollmacht zugunsten der Beteiligten zu 1 und widerrief mit notarieller Urkunde vom 22. Februar 2022 die im Mai 2012 erteilte Vollmacht.
Das Amtsgericht hat eine Betreuung für den Aufgabenkreis der Prüfung und Geltendmachung von Rechten der Betreuten gegenüber der Bevollmächtigten eingerichtet und den Beteiligten zu 2 als Betreuer bestimmt.
Das Landgericht hat die Beschwerden der Beteiligten zu 3, 4 und 5 zurückgewiesen; hiergegen richten sich deren Rechtsbeschwerden.
Die Rechtsbeschwerden sind begründet.
Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Voraussetzungen der Einrichtung einer Kontrollbetreuung lägen vor.
Die am 17. Dezember 2021 erteilte Vollmacht und der Vollmachtwiderruf vom 22. Februar 2022 seien wirksam, da eine Geschäftsunfähigkeit jeweils zu diesen Zeitpunkten nicht nachgewiesen sei.
Die Echtheit der Unterschrift unter der am 17. Dezember 2021 erteilten Vollmacht ergebe sich daraus, dass sie vom Ortsbürgermeister beglaubigt sei.
Aufgrund ihrer psychischen Verfassung sei die Betroffene außerstande, die Ausübung der bestehenden Vollmacht zu überwachen.
Besondere Umstände, die eine Kontrollbetreuung erforderlich machten, ergäben sich hier daraus, dass zwischen den Geschwistern Streit darüber bestehe, ob die Betroffene ausreichend gepflegt und versorgt werde.
Die Einrichtung der Kontrollbetreuung sei daher erforderlich, um die Interessen der Betroffenen durch eine neutrale Instanz zu wahren.
Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Nach § 1896 Abs. 3 BGB kann ein Betreuer auch zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt werden.
Mit dieser so genannten Kontrollbetreuung kann im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden,
wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen und gegebenenfalls die Vollmacht zu widerrufen
b) Zu Recht rügen die Rechtsbeschwerden, dass das Landgericht die Frage der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen im Zeitpunkt der Vollmachterteilung nicht hinreichend ausermittelt habe.
aa) Die Frage, ob der Betroffene im Zeitpunkt der Vollmachterteilung nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war,
hat das Gericht nach § 26 FamFG von Amts wegen aufzuklären. Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen hat es von Amts wegen nachzugehen
Dabei entscheidet der Tatrichter über Art und Umfang seiner Ermittlungen grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen.
Dem Rechtsbeschwerdegericht obliegt lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler, insbesondere die Prüfung, ob die Tatsachengerichte
alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen haben und die Würdigung auf einer ausreichenden Sachaufklärung beruht
bb) Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht die Frage der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung i.S.v. §§ 26, 30 FamFG nicht hinreichend ausermittelt.
Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben.
Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da er die noch erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.