Bindung des Grundbuchamtes an das Testamentsvollstreckerzeugnis

August 17, 2018

Bindung des Grundbuchamtes an das Testamentsvollstreckerzeugnis

OLG München 34 Wx 178/15

RA und Notar Krau

Dieser Fall behandelt die Frage, inwieweit das Grundbuchamt an die Angaben im Testamentsvollstreckerzeugnis gebunden ist

und ob es eine eigene Auslegung der letztwilligen Verfügung vornehmen darf.

Das Oberlandesgericht München entschied, dass das Grundbuchamt grundsätzlich an das Testamentsvollstreckerzeugnis gebunden ist

und nur in Ausnahmefällen eine eigene Prüfung vornehmen darf.

Hintergrund

Im vorliegenden Fall wurde der Beteiligte zu 3 als Testamentsvollstrecker über den Nachlass von Anna B. eingesetzt.

Die Erben, Beteiligte zu 1 und 2, setzten die Erbengemeinschaft auseinander und teilten den Nachlass unter sich auf.

Der Testamentsvollstrecker erklärte die Auflassung des Grundstücks und entließ es aus der Testamentsvollstreckung.

Bindung des Grundbuchamtes an das Testamentsvollstreckerzeugnis

Das Grundbuchamt beanstandete jedoch die Eintragung im Grundbuch, da es der Ansicht war, dass die Auflassung zusätzlich der Zustimmung der Nachvermächtnisnehmer bedürfe.

Zentrale Rechtsfrage

Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob das Grundbuchamt die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers

selbstständig prüfen und dabei vom Inhalt des Testamentsvollstreckerzeugnisses abweichen darf.

Entscheidung des Gerichts

Das Oberlandesgericht München hob die Zwischenverfügung des Grundbuchamts auf.

Es führte aus, dass das Grundbuchamt grundsätzlich an das Testamentsvollstreckerzeugnis gebunden sei und die Verfügungsbefugnis

des Testamentsvollstreckers nur in Ausnahmefällen selbstständig prüfen dürfe.

Bindung des Grundbuchamtes an das Testamentsvollstreckerzeugnis

Begründung:

  • Grundsatz: Das Grundbuchamt ist an das Testamentsvollstreckerzeugnis gebunden und darf keine eigene Auslegung des Testaments vornehmen.
  • Ausnahme: Das Grundbuchamt darf nur dann selbstständig prüfen, wenn ihm konkrete Tatsachen bekannt sind, die die Unrichtigkeit des Testamentsvollstreckerzeugnisses erweisen.
  • Kein Ausnahmefall: Im vorliegenden Fall lagen keine solchen Tatsachen vor. Die Zweifel des Grundbuchamts beruhten lediglich auf der Auslegung des Testaments, die jedoch allein dem Nachlassgericht obliegt.
  • Zustimmung der Erben: Der Testamentsvollstrecker kann mit Zustimmung der Erben über einen Nachlassgegenstand verfügen, auch wenn dies einer testamentarischen Anordnung widerspricht.
  • Freigabe aus der Testamentsvollstreckung: Die Freigabe eines Nachlassgegenstandes aus der Testamentsvollstreckung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft des Testamentsvollstreckers. Sie bedarf weder der Zustimmung der Nachvermächtnisnehmer noch einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung.

Fazit

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München verdeutlicht, dass das Grundbuchamt grundsätzlich an das Testamentsvollstreckerzeugnis

gebunden ist und nur in Ausnahmefällen eine eigene Prüfung der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers vornehmen darf.

Zusätzliche Informationen

  • Testamentsvollstreckerzeugnis: Das Testamentsvollstreckerzeugnis ist ein amtliches Zeugnis, das die Bestellung einer Person zum Testamentsvollstrecker bestätigt. Es dient dem Testamentsvollstrecker als Nachweis seiner Befugnis, über den Nachlass zu verfügen.
  • Freigabe aus der Testamentsvollstreckung: Der Testamentsvollstrecker kann einen Nachlassgegenstand aus der Testamentsvollstreckung freigeben. Dadurch geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Erben über.

Zusammenfassend lässt sich festhalten:

  • Das Grundbuchamt ist grundsätzlich an das Testamentsvollstreckerzeugnis gebunden.
  • Das Grundbuchamt darf nur in Ausnahmefällen die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers selbstständig prüfen.
  • Die Freigabe eines Nachlassgegenstandes aus der Testamentsvollstreckung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft des Testamentsvollstreckers.

Wichtige Punkte aus dem Beschluss:

  • Das Grundbuchamt ist an das Testamentsvollstreckerzeugnis gebunden.
  • Die Auslegung des Testaments obliegt allein dem Nachlassgericht.
  • Die Freigabe eines Nachlassgegenstandes aus der Testamentsvollstreckung bedarf keiner Zustimmung der Nachvermächtnisnehmer.

Relevanz für die Praxis:

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München ist für die Praxis von großer Bedeutung.

Sie schafft Klarheit über die Befugnisse des Grundbuchamts im Zusammenhang mit der Testamentsvollstreckung.

Das Grundbuchamt darf die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nicht selbstständig prüfen, sondern muss sich an das Testamentsvollstreckerzeugnis halten.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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