Bindungswirkung Erbvertrag Verkauf zu Lebzeiten keine Beeinträchtigungsabsicht 

September 16, 2017

Bindungswirkung Erbvertrag Verkauf zu Lebzeiten keine Beeinträchtigungsabsicht

BGH V ZR 66/58

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Der Erblasser hatte 1950 mit der Klägerin, einer Nachbarin, einen Erbvertrag geschlossen, in dem er ihr das Recht einräumte,

nach seinem Tod sein Hausgrundstück zum Schätzwert zu erwerben.

1954 verkaufte er das Grundstück jedoch an ein anderes Ehepaar.

Die Klägerin verlangte daraufhin von den Erben des Erblassers Schadensersatz, da der Erblasser durch den Verkauf gegen den Erbvertrag verstoßen habe.

Entscheidung des Gerichts:

Der BGH wies die Klage ab.

Der Erblasser habe durch den Verkauf des Grundstücks nicht gegen den Erbvertrag verstoßen, da dieser lediglich eine Bindung von Todes wegen, nicht aber zu Lebzeiten begründete.

Begründung:

Bindungswirkung Erbvertrag Verkauf zu Lebzeiten keine Beeinträchtigungsabsicht

  1. Abgrenzung von Rechtsgeschäften unter Lebenden und von Todes wegen:
  • Rechtsgeschäfte unter Lebenden begründen Rechte und Pflichten bereits zu Lebzeiten der Beteiligten, während Rechtsgeschäfte von Todes wegen erst mit dem Tod des Erblassers wirksam werden.
  • Verfügungen von Todes wegen, wie z.B. in einem Testament, sind grundsätzlich frei widerruflich.
  • In Ausnahmefällen, wie beim Erbvertrag, sind sie bindend, allerdings nur von Todes wegen.
  • Der Erblasser kann trotz eines Erbvertrags zu Lebzeiten frei über sein Vermögen verfügen, ohne dadurch gegen den Erbvertrag zu verstoßen.
  1. Vermächtnis und § 2169 BGB:
  • Ein Vermächtnis ist unwirksam, wenn der vermachte Gegenstand zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr zum Nachlass gehört (§ 2169 BGB).
  • Dies gilt auch, wenn der Erblasser den Gegenstand zu Lebzeiten veräußert hat.
  • § 2169 BGB findet auch auf Erbverträge Anwendung.
  • Im vorliegenden Fall war das Vermächtnis des Grundstücks unwirksam, da der Erblasser das Grundstück zu Lebzeiten verkauft hatte.

Bindungswirkung Erbvertrag Verkauf zu Lebzeiten keine Beeinträchtigungsabsicht

  1. Kein Rechtsgeschäft unter Lebenden:
  • Der Erbvertrag enthielt keine Verpflichtung des Erblassers, das Grundstück zu Lebzeiten nicht zu veräußern.
  • Es lag daher lediglich eine Verfügung von Todes wegen vor, die den Erblasser zu Lebzeiten nicht in seiner Verfügungsfreiheit über das Grundstück einschränkte.
  1. Keine Beeinträchtigungsabsicht:
  • Ein Erbe ist dem Vermächtnisnehmer gegenüber zur Herausgabe des Vermächtnisgegenstandes verpflichtet, wenn der Erblasser den Gegenstand in der Absicht veräußert hat, den Vermächtnisnehmer zu beeinträchtigen (§ 2288 BGB).
  • Im vorliegenden Fall lag keine solche Beeinträchtigungsabsicht vor. Der Erblasser hatte das Grundstück verkauft, um sich die Pflege und Versorgung durch die Käufer zu sichern.

Fazit:

Das Urteil des BGH verdeutlicht die Grenzen der Bindungswirkung eines Erbvertrags.

  • Ein Erbvertrag verpflichtet den Erblasser zwar, bestimmte Verfügungen von Todes wegen nicht zu treffen, schränkt ihn aber grundsätzlich nicht in seiner Verfügungsfreiheit über sein Vermögen zu Lebzeiten ein.
  • Ein Vermächtnis ist unwirksam, wenn der vermachte Gegenstand zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr zum Nachlass gehört, auch wenn der Erblasser den Gegenstand zu Lebzeiten veräußert hat.
  • Nur in Ausnahmefällen, z.B. bei einer Beeinträchtigungsabsicht des Erblassers, kann der Erbe verpflichtet sein, dem Vermächtnisnehmer den vermachten Gegenstand herauszugeben.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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