Brandenburgisches OLG 3 W 133/22 – Einheitlicher Regelungsgehalt in Berliner Testamenten – Testamentsauslegung
RA und Notar Krau
Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) befasste sich im Beschluss vom 20. Januar 2023 (Az. 3 W 133/22) mit der Auslegung von Testamenten, insbesondere dem sogenannten Berliner Testament.
Das Verfahren betrifft eine Erbschaftssache, in der der Ehemann der Verstorbenen einen Erbschein beantragte, der ihn als Alleinerben ausweist, während andere Beteiligte eine andere Interpretation des Testaments vorbrachten.
Die Erblasserin hinterließ vier handschriftliche Testamente, davon war eines vom Ehegatten verfasst:
Testament vom 11.02.1993:
Beide Eheleute bestimmten ihre Kinder als Erben, mit dem Wunsch, dass die Kinder sich einvernehmlich über das Erbe einigen.
Testament vom 05.06.2002:
Die Erblasserin setzte ihren Ehemann als Alleinerben ein.
Testament vom 10.06.2002:
Der Ehemann setzte die Erblasserin als Alleinerbin ein.
Testament vom 02.08.2014:
Beide Eheleute verfügten, dass der Besitz erst nach ihrem beiderseitigen Ableben auf die Kinder übergehen solle.
Vorher solle kein Pflichtteil ausgezahlt werden, außer im Notfall durch einen Notar.
Der Antragsteller (Ehemann) behauptete, das Testament vom 05.06.2002 mache ihn zum Alleinerben seiner verstorbenen Frau.
Dem widersprach der Beschwerdeführer, der argumentierte, es sei eine Vor- und Nacherbschaft mit den Kindern als Nacherben bestimmt worden.
Das Amtsgericht Brandenburg an der Havel hatte in seinem Beschluss vom 24. August 2022 festgestellt, dass der Antragsteller aufgrund des Testaments vom 05.06.2002 Alleinerbe sei.
Die Verfügung von 2014 ändere daran nichts, da sie keine Regelung einer Vor- und Nacherbschaft enthalte.
Das OLG bestätigte diese Entscheidung.
Es stellte fest, dass die Testamente von 2002 als gemeinschaftliches Ehegattentestament im Sinne eines Berliner Testaments zu werten seien.
Diese Testamente beinhalteten eine gegenseitige Erbeinsetzung der Ehepartner und eine Schlusserbenregelung, bei der die Kinder erst nach dem Tod des länger lebenden Elternteils erben sollten.
Wesentlich für die Auslegung war, dass die Ehepartner ihr Vermögen als einheitliches, gemeinschaftliches Vermögen betrachteten, das erst nach dem Tod des Letztversterbenden an die Kinder übergehen sollte.
Der Zusatz von 2014 stellte demnach keine Vor- und Nacherbschaft dar, sondern war eine Erweiterung der Schlusserbenregelung.
Die Argumentation stützt sich auf mehrere Aspekte:
Gemeinsames Vermögen:
Die Formulierung „unser Besitz“ in den Testamenten deutet darauf hin, dass die Ehepartner das Vermögen als Einheit sahen.
Wortlaut und Kontext:
Die Formulierungen in den Testamenten legen nahe, dass die Ehepartner eine einheitliche Vermögensmasse nach dem Tod des Letztversterbenden vererben wollten.
Pflichtteilsklausel:
Die Klausel, dass Pflichtteile nur im Notfall ausgezahlt werden sollten, passt zu einem Berliner Testament, bei dem die Kinder als Schlusserben bestimmt sind, nicht als Nacherben.
Fehlen spezifischer Trennungsregelungen:
Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Trennung des Vermögens nach dem Tod des Erstversterbenden gewünscht war.
Das Gericht entschied, dass der Antragsteller als Alleinerbe zu betrachten ist und die Kinder erst nach seinem Tod als Schlusserben fungieren.
Die Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts wurde abgewiesen, und die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.
Diese Entscheidung verdeutlicht die Komplexität der Testamentsauslegung und die Bedeutung klarer Formulierungen in letztwilligen Verfügungen.
Ein Berliner Testament wird oft von Ehepaaren genutzt, um sicherzustellen, dass der überlebende Partner abgesichert ist und das Vermögen später an die gemeinsamen Kinder geht.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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