Bündelung von Stimmrechten

Oktober 7, 2025

Bündelung von Stimmrechten – Steuerliche Vorteile und rechtliche Fallstricke

Der Beitrag beleuchtet eine zentrale Spannung im deutschen Unternehmensrecht: die Möglichkeit für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften, steuerliche Begünstigungen im Erbfall zu erhalten, und die damit verbundenen Anforderungen an die Bündelung von Stimmrechten in sogenannten Pools.

Die steuerliche Notwendigkeit von Stimmrechts-Pools

Seit der Reform der Erbschaftsteuer können Anteile an Kapitalgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei übertragen werden. Eine dieser Bedingungen ist, dass der Erblasser oder Schenker mit mehr als 25 % am Nennkapital beteiligt war.

Ist die Beteiligung 25 % oder geringer, kann die Steuerverschonung dennoch greifen. Dies setzt voraus, dass sich der Gesellschafter und weitere Anteilseigner vertraglich verpflichten, ihre Stimmrechte gegenüber außenstehenden Gesellschaftern einheitlich auszuüben. Der gebräuchlichste Weg, diese Bedingung zu erfüllen, ist der Abschluss einer Stimmenpoolvereinbarung.

Die Wirksamkeit dieser Poolvereinbarung ist dabei von entscheidender Bedeutung: Ist der Vertrag nichtig, entfällt die angestrebte Steuerverschonung, selbst wenn die Gesellschafter jahrelang nach der Vereinbarung abgestimmt haben.

Der Konflikt mit dem Aktienrecht

Ein solcher Pool kann jedoch mit einer wichtigen aktienrechtlichen Vorschrift kollidieren: Dem Verbot von Stimmbindungen gegenüber der Gesellschaft oder ihrer Verwaltung.

Diese aktienrechtliche Norm erklärt Verträge für nichtig, durch die sich ein Aktionär verpflichtet, sein Stimmrecht nach Weisung der Gesellschaft, des Vorstands oder des Aufsichtsrats auszuüben. Wenn nun Gesellschafter, die zugleich Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats der Gesellschaft sind (Organmitglieder), Teil des Pools sind, stellt sich die Frage, ob der Pool eine unzulässige Stimmbindung gegenüber der Unternehmensverwaltung darstellt.

Die juristische Abgrenzung

Um die Nichtigkeit des Pools zu vermeiden, muss zunächst geprüft werden, ob die Stimmbindung im Pool überhaupt als eine „Weisung“ oder ein „Vorschlag“ der Verwaltung (i.S. der aktienrechtlichen Norm) anzusehen ist.

Tatbestandliche Einschränkung

Eine Weisung der Verwaltung liegt nicht vor, wenn:

Die am Pool beteiligten Organmitglieder nicht die Stimmenmehrheit im Pool haben.

Die am Pool beteiligten Organmitglieder nicht die Stimmenmehrheit im jeweiligen Organ (Vorstand oder Aufsichtsrat) haben.

Bündelung von Stimmrechten

Teleologische Einschränkung bei Kapitalbeteiligung

Ist der Tatbestand hingegen eröffnet – können sich die Organmitglieder also sowohl im Pool als auch im Organ durchsetzen – kommt es entscheidend darauf an, ob die eigene Kapitalbeteiligung dieser Organmitglieder an der Gesellschaft die Anwendbarkeit der Verbotsnorm ausschließt.

Einige Rechtsansichten vertreten ein generelles Verbot der Stimmbindung zugunsten der Verwaltung, unabhängig von der Kapitalbeteiligung der Organmitglieder, um andere Aktionäre zu schützen.

Die herrschende und überzeugendere Ansicht lehnt die Anwendung des Verbots jedoch ab, wenn die am Pool beteiligten Organmitglieder zugleich Aktionäre der Gesellschaft sind.

Diese Ansicht begründet sich damit, dass das Verbot primär verhindern soll, dass eine kein eigenes Kapitalrisiko tragende Verwaltung die Willensbildung der Hauptversammlung beeinflusst. Organmitglieder, die selbst Aktionäre sind, tragen aber das Kapitalrisiko mit und handeln daher in der Regel im Interesse der Gesellschaft. Ihr Eigeninteresse liegt im Gleichklang mit dem Gesellschaftsinteresse. Eine Kontrolle durch das Verbot sei daher nicht erforderlich.

Schutz vor Umgehungen

Eine Ausnahme von dieser Regel wird angenommen, wenn die Gestaltung missbräuchlich ist, um die gesetzlichen Regelungen zu umgehen. Dies könnte der Fall sein, wenn Organmitglieder nur mit einem Kleinstanteil beteiligt sind, sich aber die Mehrheit im Pool sichern. Hier muss im Einzelfall abgewogen werden, ob die Kapitalbeteiligung noch ausreicht, um die notwendige Kontrollfunktion und den Gleichklang von Eigen- und Gesellschaftsinteresse zu gewährleisten.

Ergebnis und Gestaltungshinweise

Die Beteiligung von Organmitgliedern an steuerlich motivierten Pools führt nicht zur Nichtigkeit nach der aktienrechtlichen Verbotsnorm, sofern die Organmitglieder zugleich Aktionäre sind und keine Umgehung vorliegt.

Zur Vermeidung von Risiken sollten bei der Vertragsgestaltung folgende Punkte berücksichtigt werden:

Organmitglieder sollten Poolvereinbarungen ausdrücklich als Privatpersonen und nicht in ihrer Organfunktion abschließen.

Um eine tatbestandliche Anwendung des Verbots zu vermeiden, sollten die Organmitglieder nicht die Stimmenmehrheit im Pool erhalten, es sei denn, dies ergibt sich zwanglos aus den Beteiligungsverhältnissen.

Wenn die Organmitglieder im Organ die Mehrheit haben, könnte es ratsam sein, die Geschäftsordnung des Organs vor Abschluss der Poolvereinbarung entsprechend anzupassen.

Angesichts der drastischen Konsequenzen einer nichtigen Poolvereinbarung (Wegfall der Steuerprivilegien) ist bei Fällen mit hohem Unternehmenswert die Einholung einer verbindlichen Auskunft der Finanzverwaltung ratsam.

Schlagworte

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.