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| Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger kann weder nach der BV GBR noch in Anwendung der BV KBR iVm. dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz eine Zahlung anlässlich einer fünfzehnjährigen Betriebszugehörigkeit verlangen. |
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| I. Dem Kläger steht kein Anspruch nach der BV GBR zu. Anders als vom Landesarbeitsgericht angenommen, ergibt sich dies bereits aus dem Umstand, dass der TV 2002 nicht für die Beklagte galt. Deshalb konnte der auf dessen Grundlage gebildete Gesamtbetriebsrat die BV GBR auch nicht mit Wirkung für die Beklagte abschließen. Ob überhaupt ein unternehmensübergreifender Gesamtbetriebsrat nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG gebildet werden kann, hat der Senat nicht zu entscheiden. |
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| 1. Ein unternehmensüberschreitender Tarifvertrag zur Bildung einer vom Gesetz abweichenden Betriebsratsstruktur nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG muss von allen betroffenen Unternehmen geschlossen werden. Das gilt auch, wenn für einen Konzern ein solcher Tarifvertrag vereinbart werden soll (Fitting BetrVG 28. Aufl. § 3 Rn. 14; Franzen GK-BetrVG 10. Aufl. § 3 Rn. 30; jew. mwN). Der Konzern als solcher ist nach § 2 Abs. 1 TVG nicht tarifvertragsfähig (BAG 17. Oktober 2007 – 4 AZR 1005/06 – Rn. 26 mwN, BAGE 124, 240). |
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| 2. Die Beklagte ist nicht Vertragspartei des TV 2002. Sie wurde weder bei Vertragsschluss im Jahr 2002 durch das herrschende Unternehmen Tönsmeier KG vertreten noch ist sie nachfolgend Partei des Tarifvertrags geworden. |
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| a) Nach § 164 Abs. 1 BGB, der auch auf den Abschluss eines Tarifvertrags Anwendung findet, setzt eine wirksame Vertretung voraus, dass der bevollmächtigte Vertreter erkennbar im Namen des Vertretenen handelt. Aufgrund des Schriftformgebots des § 1 Abs. 2 TVG muss anhand der Vertragsurkunde hinreichend erkennbar sein, wer im Einzelnen den Tarifvertrag abgeschlossen hat. Diese Grundsätze zum Abschluss eines Tarifvertrags gelten auch im Fall einer rechtsgeschäftlichen Vertretung eines abhängigen Unternehmens durch das herrschende innerhalb eines Konzerns. Es bedarf zur konkreten Bestimmung oder Bestimmbarkeit der abhängigen Unternehmen, für die der Tarifvertrag geschlossen werden soll, über die bloße Konzernzugehörigkeit hinaus weiterer Anhaltspunkte, aus denen erkennbar der Wille hervorgeht, für ein oder mehrere abhängige Unternehmen zu handeln (ausf. BAG 18. November 2009 – 4 AZR 491/08 – Rn. 15 ff. mwN, BAGE 132, 268). |
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| b) Nach diesen Maßstäben ist nicht erkennbar, dass der TV 2002 für die Beklagte geschlossen wurde. Die Beklagte wird weder als vertragschließende Partei noch im fachlichen Geltungsbereich nach § 1 Abs. 2 TV 2002 oder im weiteren Text des Tarifvertrags aufgeführt. Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Tönsmeier KG „für alle Unternehmen der Tönsmeier-Unternehmensgruppe Deutschland“ handelte. Bei Abschluss des TV 2002 gehörte die Beklagte nicht der „Tönsmeier-Unternehmensgruppe“ an. Bereits dies spricht gegen einen rechtsgeschäftlichen Willen des herrschenden Unternehmens, den TV 2002 auch für die Beklagte als nicht konzernangehörigen kommunalen Entsorgungsbetrieb abzuschließen. |
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| II. Der Kläger kann sich für sein Begehren auch nicht auf § 2 Fall 5, § 6 Fall 4 (Betriebszugehörigkeit) BV KBR iVm. dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. |
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| 1. Die Revision der Beklagten ist allerdings nicht bereits deshalb begründet, weil die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts hinsichtlich dieses Streitgegenstandes unzulässig war. Zwar hat das Arbeitsgericht einen auf die BV KBR gestützten Zahlungsanspruch abgewiesen und die Berufungsbegründung sich damit nicht in ausreichendem Maße auseinander gesetzt. Das war jedoch unschädlich. |
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| a) Das Arbeitsgericht hat bei der Abweisung eines Anspruchs auf Grundlage der BV KBR den Antragsgrundsatz des § 308 Abs. 1 ZPO verletzt. Der Kläger hat sein Begehren erstinstanzlich nicht auf diesen eigenständigen Streitgegenstand gestützt. Er hatte sich allein auf die BV GBR als Anspruchsgrundlage berufen. Das Landesarbeitsgericht hätte daher, weil im Übrigen ein zulässiges Rechtsmittel vorlag, den Urteilsausspruch des Arbeitsgerichts auch ohne Rüge des Klägers insoweit von Amts wegen korrigieren müssen (vgl. BAG 26. Januar 2016 – 1 ABR 13/14 – Rn. 20, BAGE 154, 64). |
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| b) Das Landesarbeitsgericht konnte allerdings, ohne selbst gegen den Antragsgrundsatz nach § 308 Abs. 1 ZPO zu verstoßen, über einen Anspruch auf Grundlage der BV KBR befinden. Der Kläger hat im Wege einer zulässigen Klageerweiterung in der Berufungsinstanz geltend gemacht, sein Anspruch folge jedenfalls aus der BV KBR, weil die Beklagte ohne sachlich rechtfertigenden Grund von deren Anwendungsbereich ausgenommen sei. |
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| 2. Die Parteien der BV KBR konnten die Beklagte ohne Verstoß gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz von deren Geltungsbereich ausnehmen. |
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| a) Die BV KBR wurde zwischen dem Konzernbetriebsrat und der Tönsmeier KG als herrschendem Unternehmen wirksam für die von ihrem Geltungsbereich erfassten konzernangehörigen Unternehmen geschlossen. |
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| b) Die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats folgt aus § 58 Abs. 1 BetrVG. |
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| aa) Nach der Kompetenzzuweisung des Betriebsverfassungsgesetzes ist für die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten in erster Linie der von den Arbeitnehmern unmittelbar durch Wahl legitimierte Betriebsrat zuständig. Diese Aufgabe weist § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat nur für den Fall zu, dass die zu regelnde Angelegenheit nicht auf das einzelne Unternehmen beschränkt ist und deshalb die Interessen der Arbeitnehmer nicht mehr auf der Ebene des Unternehmens gewahrt werden können. Dessen originäre Zuständigkeit kann sich auch aus der „subjektiven Unmöglichkeit“ einer Regelung auf Unternehmensebene ergeben, weil der Arbeitgeber den der Mitbestimmung unterfallenden Regelungsgegenstand mitbestimmungsfrei so vorgegeben hat, dass eine Regelung nur unternehmensübergreifend erfolgen kann. Der Arbeitgeber kann bei freiwilligen Leistungen mitbestimmungsfrei darüber entscheiden, ob und zu welchem Zweck er eine Leistung gewährt. Lediglich deren Verteilung unterfällt der Mitbestimmung des Betriebsrats. Er kann weiterhin frei darüber befinden, an welchen Empfängerkreis er die zusätzliche Leistung erbringen will, und damit die Ebene vorgeben, auf der die Mitbestimmung bei der Verteilung zu erfolgen hat (BAG 19. Juni 2007 – 1 AZR 454/06 – Rn. 23 mwN, BAGE 123, 152). |
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| bb) Nach diesen Maßstäben war der Konzernbetriebsrat zuständig. |
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| (1) Bei den finanziellen Zuwendungen anlässlich von Mitarbeiterereignissen und -jubiläen nach den §§ 2, 3, 6 BV KBR handelt es sich um Leistungen, bei denen die Tönsmeier KG mitbestimmungsfrei entscheiden konnte, ob, zu welchem Zweck und in welchem Gesamtumfang sie Leistungen erbringen will. |
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| (2) Die Tönsmeier KG als herrschendes Unternehmen hat nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten weiterhin vorgegeben, dass die Anerkennung und Bewertung von Mitarbeiterereignissen und Mitarbeiterjubiläen wie zuvor in der BV GBR grundsätzlich einheitlich und unternehmensübergreifend geregelt werden soll. |
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| c) Die Herausnahme der Beklagten aus dem Anwendungsbereich der BV KBR für finanzielle Zuwendungen anlässlich von Mitarbeiterereignissen und -jubiläen verstößt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 BetrVG. |
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| aa) Dieser findet auf eine Konzernbetriebsvereinbarung jedenfalls Anwendung, wenn das herrschende Unternehmen aufgrund seiner Vorgaben die gesetzliche Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats begründen kann, um eine unternehmensübergreifende Wirkung der Regelungen zu erreichen (vgl. BAG 19. Juni 2007 – 1 AZR 454/06 – Rn. 23 mwN, BAGE 123, 152). Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen (BAG 26. April 2016 – 1 AZR 435/14 – Rn. 21 mwN). |
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| bb) Der Geltungsbereich der BV KBR erfasst nicht das Unternehmen der Beklagten. Zwar erstreckt sich nach § 1 BV KBR deren Geltungsbereich auf „alle Mitarbeiter … der Tönsmeier Unternehmensgruppe“. Die Parteien der BV KBR haben allerdings durch die im Rubrum der Konzernbetriebsvereinbarung enthaltene Formulierung „handelnd für alle Unternehmen der Tönsmeier Gruppe mit Ausnahme der Tönsmeier Entsorgung Köthen und der Gesellschaft für Abfallentsorgung Lippe mbH, für die diese Betriebsvereinbarung nicht zur Anwendung kommt“, deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die beiden dort genannten Unternehmen nicht unter den Geltungsbereich fallen sollen. Hiervon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus. |
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| cc) Die in der BV KBR vorgenommene Unterscheidung zwischen verschiedenen Unternehmen des Konzerns ist nicht am betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen. Die von der BV KBR erfassten und die von ihrem Geltungsbereich ausgenommen Unternehmen befinden sich nicht in einer vergleichbaren Lage. Das hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt und daher die Gruppenbildung rechtsfehlerhaft allein am Leistungszweck gemessen. |
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| Die Gruppenbildung der Parteien der Konzernbetriebsvereinbarung stellt darauf ab, ob in den Unternehmen der Tönsmeier Gruppe eine finanzielle Zuwendung, die an die Dauer einer konkreten Betriebszugehörigkeit anknüpft, tarifvertraglich geregelt war oder nicht. Das berücksichtigt die unterschiedliche mitbestimmungsrechtliche Lage der jeweiligen Unternehmen. Für die Beklagte, als eines der tarifgebundenen Unternehmen, bestanden aufgrund der Tarifbestimmungen der § 23 Abs. 2 TVöD/VKA und § 12 BMTV Entsorgungswirtschaft das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Einleitungshalbs. BetrVG sperrende, weil abschließende Regelungen einer solchen Leistung. Ein das Mitbestimmungsrecht eröffnender Gestaltungsspielraum stand den Parteien der Konzernbetriebsvereinbarung nach den tariflichen Bestimmungen nur für betrieblich günstigere Vereinbarungen zur Verfügung. Im Hinblick darauf konnten die Betriebsparteien das Unternehmen der Beklagten aus dem Geltungsbereich der Konzernbetriebsvereinbarung ausnehmen. Sie waren kollektivrechtlich nicht gehalten, eine über das tariflich Geregelte hinausgehende Verteilungsentscheidung zu treffen. |
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| III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. |
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