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| Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Tantieme bzw. der Bonus bei der Berechnung ihres Vorruhestandsgelds berücksichtigt wird. |
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| I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 1. Er ist auf die Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die – wie Ansprüche auf Vorruhestandsgeld – von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (vgl. BAG 14. Juli 2015 – 3 AZR 594/13 – Rn. 12). |
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| II. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf ein um monatlich 613,05 Euro brutto für die Monate Juli bis September 2014 bzw. um monatlich 626,54 Euro brutto ab Oktober 2014 höheres Vorruhestandsgeld gemäß § 2 Abs. 1 des Vorruhestandsvertrags und Ziff. V Abs. 1 des Sozialplans STREAM iVm. dem Sozialplan 2012 und § 4 VorRA zu. Ein Anspruch der Klägerin auf eine Tantieme- bzw. Bonuszahlung ist bei der Berechnung des Vorruhestandsgelds nicht zugrunde zu legen. Die Tantieme bzw. der Bonus zählt nicht zu den variablen Entgeltbestandteilen iSv. § 4 Abs. 1 Satz 3 VorRA. Dies ergibt die Auslegung des Sozialplans STREAM, zu dessen integralen Bestandteilen die normsetzenden Parteien die Regelungen des Sozialplans 2012 und des § 4 VorRA bestimmt haben. |
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| 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Sozialpläne als Betriebsvereinbarungen eigener Art wegen ihrer normativen Wirkungen (§ 77 Abs. 4 Satz 1, § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG) wie Tarifverträge auszulegen. Für mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarte Sozialpläne gilt nichts anderes. Ausgehend vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Darüber hinaus sind Sinn und Zweck der Regelung von besonderer Bedeutung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG 17. November 2015 – 1 AZR 881/13 – Rn. 13 mwN). |
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| 2. Ausgehend von diesen Grundsätzen fließt die jährliche Tantieme bzw. der Jahresbonus der Klägerin nicht in die Berechnung des Vorruhestandsgelds ein. |
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| a) Dafür spricht bereits der Wortlaut des Sozialplans, von dem bei der Auslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., zB BAG 17. Juni 2015 – 10 AZR 518/14 – Rn. 14; 24. Februar 2010 – 10 AZR 1035/08 – Rn. 15). |
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| aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VorRA dient als Grundlage für die Berechnung des Vorruhestandsgelds das „Brutto-Arbeitsentgelt des letzten Monats vor Beginn des Vorruhestandes“, dh. das letzte Bruttomonatsentgelt. Die Bestimmung enthält keine Definition dieses Begriffs. § 4 Abs. 1 Satz 2 VorRA regelt lediglich, dass Zuschläge für Mehrarbeit, Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit sowie tarifliche und betriebliche Sonderzahlungen ebenso unberücksichtigt bleiben wie Vergütungen für Mehrarbeit und Zeitguthaben (Ziff. 3.1 Buchst. a Abs. 1 der Anlage A zu Teil B Ziff. VII Abs. 1 Sozialplan 2012). Demgegenüber sollen nach § 4 Abs. 1 Satz 3 VorRA variable Entgeltbestandteile mit dem monatlichen Durchschnitt der letzten sechs abgerechneten Monate vor Beginn des Vorruhestands berücksichtigt werden. Ausdrückliche Festlegungen, welche weiteren Vergütungsbestandteile zum monatlichen „Brutto-Arbeitsentgelt“ zählen oder wie dieser Begriff von den „variablen Entgeltbestandteilen“ abzugrenzen ist, bestehen nicht. |
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| bb) Aus der Verknüpfung der Begriffe „Brutto“ und „des letzten Monats“ ergibt sich, dass mit Bruttomonatsentgelt nicht alle Einnahmen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis gemeint sind. Der Begriff Bruttomonatsentgelt bezieht sich auf die Zahlungsweise und den Abrechnungszeitraum (vgl. BAG 13. November 2012 – 3 AZR 557/10 – Rn. 23). Für die Berechnung des Vorruhestandsgelds ist das im letzten Monat vor Beginn des Vorruhestands bezogene „Brutto-Arbeitsentgelt“, dh. im Regelfall das im letzten Beschäftigungsmonat bezogene Entgelt maßgeblich. Daraus ergibt sich, dass auf das Jahr bezogene Vergütungsbestandteile für die Berechnung des Vorruhestandsgelds unbeachtlich sein sollen (vgl. BAG 13. November 2012 – 3 AZR 557/10 – Rn. 23). Dementsprechend nimmt § 4 Abs. 1 Satz 2 VorRA tarifliche und betriebliche Sonderzahlungen, die im letzten Monat vor Beginn des Vorruhestands gezahlt werden, bei der Berechnung des Vorruhestandsgelds ausdrücklich aus. |
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| cc) Die Einbeziehung der jährlichen Tantieme bzw. des Jahresbonus in die Berechnung folgt auch nicht daraus, dass gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 VorRA variable Entgeltbestandteile mit dem monatlichen Durchschnitt der letzten sechs abgerechneten Monate vor Beginn des Vorruhestands berücksichtigt werden. Auf das Jahr bezogene Vergütungsbestandteile stellen keine variablen Entgeltbestandteile in diesem Sinne dar. Dies zeigt die Festlegung des sechsmonatigen Referenzzeitraums. Wäre ein jahresbezogener Vergütungsbestandteil eine Leistung iSv. § 4 Abs. 1 Satz 3 VorRA, würde er nach dem Wortlaut der Bestimmung mit einem Sechstel überproportional in die Berechnung des Vorruhestandsgelds einfließen, wenn er im sechsmonatigen Referenzzeitraum zur Auszahlung gelangte, und im Übrigen keinerlei Berücksichtigung finden. Anhaltspunkte für einen hierauf gerichteten Regelungswillen der normsetzenden Parteien sind nicht erkennbar. Hätten auf das Jahr bezogene (variable) Entgeltbestandteile erfasst werden sollen, so hätte es zur Vermeidung von Zufallsergebnissen einer Durchschnittsberechnung über den Jahreszeitraum bedurft (vgl. BAG 13. November 2012 – 3 AZR 557/10 – Rn. 23). |
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| dd) Dass jahresbezogene Tantieme- und Bonuszahlungen nach dem Regelungswillen der normsetzenden Parteien bei der Berechnung des Vorruhestandsgelds außer Betracht zu bleiben haben, folgt schließlich auch aus der Protokollnotiz vom 21. Mai 2015. Diese weist keinen eigenständigen Regelungsgehalt auf, gibt aber Aufschluss über das Normverständnis der den Sozialplan schließenden Parteien. |
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| (1) Protokollnotizen normsetzender Parteien haben unterschiedliche Bedeutung. Protokollnotizen von Tarifvertragsparteien können eigenständige tarifliche Regelungen darstellen, können aber auch lediglich den Charakter einer authentischen Interpretation des Tarifvertrags oder eines bloßen Hinweises auf Motive der Vertragschließenden haben. Welcher rechtliche Status ihnen zukommt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Für Protokollnotizen der Betriebsparteien gilt nichts anderes (BAG 2. Oktober 2007 – 1 AZR 815/06 – Rn. 15). |
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| (2) Die Parteien des Sozialplans STREAM haben die darin in Bezug genommen Regelungen des Sozialplans 2012 iVm. § 4 VorRA als solche durch die Protokollnotiz nicht verändert, sondern nur übereinstimmend erklärt, welchen Inhalt sie ihrer Meinung nach haben. Dies zeigt die Formulierung des Einleitungssatzes der Protokollnotiz. Danach soll die „folgende Klarstellung“ das dokumentieren, „was mit der Klausel immer schon zum Ausdruck gebracht werden sollte und auch weiterhin gelten soll“. Daraus wird deutlich, dass damit gerade keine selbstständige Bestimmung und bindende Vorgabe zur Berechnung des Vorruhestandsgelds geschaffen werden sollte. Die Frage eines unzulässigen Eingriffs in rechtlich geschützte Positionen der Klägerin durch eine rückwirkende (Neu-)Regelung stellt sich danach nicht (vgl. zur Rückwirkung von Rechtsnormen BAG 27. März 2014 – 6 AZR 204/12 – Rn. 42 ff. mwN, BAGE 147, 373). |
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| (3) In der Protokollnotiz haben die normsetzenden Parteien eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass nach ihrem Normverständnis Tantieme- und Bonuszahlungen bei der Berechnung des Vorruhestandsgelds von vornherein unberücksichtigt bleiben sollten. |
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| b) Die Nichtberücksichtigung auf das Jahr bezogener Vergütungsbestandteile steht auch dem Sinn und Zweck des Vorruhestandsgelds nicht entgegen. Der Bezug von Vorruhestandsgeld dient typischerweise dazu, Versorgungslücken zu überbrücken, die dadurch entstehen, dass der Anspruchsberechtigte seine Erwerbstätigkeit bei seinem Arbeitgeber vorzeitig beendet. Der Arbeitnehmer soll regelmäßig wirtschaftlich so lange abgesichert sein, bis er das Alter erreicht, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden (BAG 23. September 2014 – 9 AZR 827/12 – Rn. 32). Durch die Ausklammerung jahresbezogener Leistungen haben die den Sozialplan schließenden Parteien im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative bestimmt, dass es sich hierbei um die Einkommenssituation der Arbeitnehmer nicht prägende Leistungen handelt, welche in die Berechnung des Vorruhestandsgelds nicht einfließen (vgl. zum Spielraum von Sozialplanparteien, nur bestimmte Entgeltbestandteile in die Berechnung einer Abfindung einzubeziehen, selbst wenn dabei im Einzelfall Entgeltvariable außer Betracht bleiben, die auf dem zeitlichen Umfang der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer beruhen BAG 2. Oktober 2007 – 1 AZR 815/06 – Rn. 17). |
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| 3. Danach bleibt die jahresbezogene Tantieme bzw. der Jahresbonus bei der Berechnung des Vorruhestandsgelds außer Ansatz. |
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| a) Tantiemen und Boni sind keine monatlich zu zahlenden Entgeltbestandteile. Sie werden vielmehr auf das Jahr bezogen ermittelt und bleiben deshalb bei der Berechnung des Vorruhestandsgelds außer Betracht. Dabei kann dahinstehen, ob in Ziff. 5 des Arbeitsvertrags die bei der früheren Arbeitgeberin vereinbarte leistungsabhängige Jahrestantieme festgeschrieben oder die Klägerin in das Vergütungssystem der Beklagten überführt worden ist. Auch die leistungsabhängige Jahrestantieme bei der vormaligen Arbeitgeberin der Klägerin bleibt unberücksichtigt. Denn auch dieser Entgeltbestandteil war nicht auf den Monat, sondern auf das Jahr bezogen zu zahlen. |
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| b) Auch die auf die Tantieme bzw. den Bonus als garantierte Leistung gewährten monatlichen Zahlungen sind nicht Teil des Bruttomonatsentgelts. Es handelt sich hierbei um Teilleistungen auf den Zielbetrag, der jahresbezogen gewährt wird. Damit sind auch die monatlichen Raten Teil einer jahresbezogenen Leistung (vgl. BAG 13. November 2012 – 3 AZR 557/10 – Rn. 27). |
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| 4. Die Beklagte ist auch nicht aufgrund einer einzelvertraglichen Zusage verpflichtet, die Tantieme bzw. den Bonus bei der Berechnung des Vorruhestandsgelds zu berücksichtigen. Die Klägerin hat die Voraussetzungen für eine solche vertragliche Vereinbarung nicht hinreichend dargelegt. Sie hat behauptet, der Abteilungsleiter Personal der Beklagten, Herr V, habe Anfang Dezember 2008 im Rahmen der Vertragsverhandlungen die Nachfrage der Klägerin, ob ihr Anspruch auf variable Vergütung bei der Berechnung eines etwaigen künftigen Vorruhestandsgelds Berücksichtigung fände, mit der Begründung bejaht, dass es sich bei der Tantieme um einen variablen Entgeltbestandteil iSv. § 4 VorRA handele. Der behaupteten Erklärung des Herrn V kann nicht entnommen werden, dass er für die Beklagte eine über den Regelungsgehalt des § 4 VorRA hinausgehende rechtliche Verpflichtung begründen wollte. Die auf Nachfrage der Klägerin geäußerte Einschätzung stellt eine rein deklaratorische Wissenserklärung ohne Rechtsbindungswillen und nicht eine Willenserklärung dar (vgl. BAG 4. August 2015 – 3 AZR 137/13 – Rn. 35, BAGE 152, 164; 14. Februar 2012 – 3 AZR 685/09 – Rn. 59). Die Begründung einer rechtlichen Verpflichtung durch die bloße Erteilung einer Auskunft bedarf deutlicher Anhaltspunkte, die die Klägerin nicht vorgetragen hat. |
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| III. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. |
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