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| Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG war zu Recht der Ansicht, dass die Ladengeschäfte, in denen die von der Klägerin produzierten und gelieferten Produkte verkauft wurden, nicht als deren Betriebsstätten anzusehen sind. |
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| 1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 2010 wird eine Investitionszulage gewährt für die Anschaffung und Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die zu einem Erstinvestitionsvorhaben gehören (Nr. 1), mindestens fünf Jahre nach Beendigung dieses Vorhabens zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte eines begünstigten Betriebs i.S. des § 3 Abs. 1 InvZulG 2010 des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet gehören (Nr. 2 Buchst. a), in einer Betriebsstätte eines begünstigten Betriebs des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet verbleiben (Nr. 2 Buchst. b) und in jedem Jahr zu nicht mehr als zehn Prozent privat genutzt werden (Nr. 2 Buchst. c). |
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| 2. Die Wirtschaftsgüter, für die das FA keine Investitionszulage gewährt hat, waren zwar Betriebsvermögen und gehörten damit zum Anlagevermögen des Betriebs der Klägerin (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a InvZulG 2010), sie sind jedoch nicht während des Bindungszeitraums von fünf Jahren in einer Betriebsstätte der Klägerin verblieben (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b InvZulG 2010). |
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| a) Der Begriff der Betriebsstätte richtet sich auch im Investitionszulagenrecht nach § 12 der Abgabenordnung –AO– (Senatsurteile vom 30. Juni 2005 III R 47/03, BFHE 210, 538, BStBl II 2006, 78, und vom 18. März 2009 III R 2/06, BFH/NV 2009, 1457; Senatsbeschluss vom 31. Oktober 2011 III B 7/11, BFH/NV 2012, 267). Nach § 12 Satz 1 AO ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Betriebsstätten sind auch Ein- oder Verkaufsstellen (§ 12 Satz 2 Nr. 6 AO). |
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| b) Die feste Geschäftseinrichtung oder Anlage muss der Tätigkeit des Unternehmens unmittelbar dienen (z.B. BFH-Urteile vom 10. Februar 1988 VIII R 159/84, BFHE 153, 188, BStBl II 1988, 653, und vom 22. Dezember 2015 I R 40/15, BFHE 253, 174, BStBl II 2016, 537). Erforderlich ist, dass dort eine eigene unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird (BFH-Urteil in BFHE 153, 188, BStBl II 1988, 653). Diese Voraussetzung ist im Allgemeinen erfüllt, wenn der Unternehmer selbst, seine Arbeitnehmer, fremdes weisungsabhängiges Personal oder Subunternehmer tätig werden oder wenn ihm die gewerbliche Tätigkeit des Pächters einer Geschäftseinrichtung oder Anlage zuzurechnen ist (Senatsurteile in BFHE 210, 538, BStBl II 2006, 78, sowie vom 30. Juni 2005 III R 76/03, BFHE 210, 551, BStBl II 2006, 84). |
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| c) Auch beim Einsatz eines Subunternehmers muss der Hauptunternehmer in der Geschäftseinrichtung oder Anlage, in welcher der Subunternehmer tätig ist, eigene gewerbliche Handlungen vornehmen. Derartige Tätigkeiten, die auch in einer Überwachung des Subunternehmers bestehen können, begründen nur dann eine Betriebsstätte des Hauptunternehmers, wenn sie eine gewisse Nachhaltigkeit aufweisen (BFH-Urteil vom 13. Juni 2006 I R 84/05, BFHE 214, 178, BStBl II 2007, 94; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 12 Rz 20, m.w.N.). Auch in dem von der Klägerin zur Stützung ihrer Rechtsauffassung angeführten BFH-Beschluss in BFHE 76, 201, BStBl III 1963, 71 war entscheidend, dass an einer Baustelle eigene Arbeitskräfte des Unternehmers eingesetzt waren, die laufend die dort beschäftigten Subunternehmer beaufsichtigten und überwachten. Das bloße Recht zum Betreten der zur Nutzung überlassenen Räume, zur Prüfung der Geschäftsvorfälle oder zur Kontrolle des Betriebsablaufs ist nicht ausreichend (BFH-Urteil in BFHE 153, 188, BStBl II 1988, 653). |
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| 3. Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Streitfall zu Recht angenommen, dass die Verkaufsläden nicht unmittelbar der Tätigkeit des Unternehmens der Klägerin dienten. |
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| a) Die Betreiber dieser Läden, die als “Kommissionäre” bezeichneten Vertragspartner der Klägerin, verkauften in deren Namen und für deren Rechnung, jedoch mit eigenem Personal Backwaren und sonstige Lebensmittel. Insoweit lag keine eigengewerbliche unmittelbare Tätigkeit der Klägerin vor, sondern eine solche der Vertragspartner. Auch soweit diese in den Produktionsprozess eingebunden waren, weil die von der Klägerin in die Ladengeschäfte gelieferten Waren (“Teiglinge”) zum Teil erst noch vor Ort aufgebacken werden mussten, fehlte es an eigenbetrieblichen Handlungen der Klägerin. Anderweitige nachhaltige eigenbetriebliche Handlungen der Klägerin lagen nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht vor. Aus dem “Kommissionsvertrag” ergibt sich außerdem, dass die Vertragspartner nicht derart rechtlich abhängig waren, dass die in den Verkaufsstellen ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten als eigene gewerbliche Tätigkeiten der Klägerin anzusehen gewesen wären. Wegen des Fehlens einer unmittelbaren eigengewerblichen Betätigung der Klägerin in den einzelnen Ladengeschäften können diese auch nicht als ihre Verkaufsstellen i.S. von § 12 Satz 2 Nr. 6 AO angesehen werden (Senatsurteile in BFHE 210, 538, BStBl II 2006, 78, sowie in BFHE 210, 551, BStBl II 2006, 84). |
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| b) Der Hinweis der Klägerin auf § 84 HGB sowie darauf, dass den Vertragspartnern die Öffnungszeiten der Ladengeschäfte vertraglich vorgegeben waren, führt zu keiner anderen Beurteilung. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist als Handelsvertreter selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Wer, ohne i.S. des § 84 Abs. 1 HGB selbständig zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt gemäß § 84 Abs. 2 HGB als Arbeitnehmer. Allein aus dem Umstand, dass die Ladenöffnungszeiten vertraglich festgelegt waren, kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die Vertragspartner der Klägerin als deren Arbeitnehmer und die Ladengeschäfte damit als deren Betriebsstätten anzusehen gewesen wären. Die festen Ladenöffnungszeiten führen schon deshalb nicht zu einer Bestimmung der Arbeitszeit i.S. von § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB, weil die Vertragspartner der Klägerin nicht in eigener Person für eine Ladenöffnung zu vorgegebenen Zeiten zu sorgen hatten, sondern sich dafür ihres eigenen Personals bedienen konnten. Sie schuldeten insoweit nicht ihre eigene Arbeitskraft. Auch ist ein unselbständiger Handelsvertreter voll in den Betrieb des Geschäftsherrn eingegliedert und unterliegt dessen Weisungen (BFH-Urteil vom 31. Oktober 1974 IV R 98/71, BFHE 113, 525, BStBl II 1975, 115). Davon kann im Streitfall nicht gesprochen werden. |
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| 4. Die Wirtschaftsgüter, für die das FG keine Investitionszulage gewährt hat, sind auch nicht in der Betriebsstätte der Klägerin an deren Sitz verblieben. Unter “Verbleiben in einer Betriebsstätte des Anspruchsberechtigten” ist eine dauerhafte zeitliche und räumliche Beziehung des Wirtschaftsguts zur Betriebsstätte des Investors zu verstehen. Auch bei einer kurzfristigen Nutzungsüberlassung von bis zu drei Monaten kann ein Wirtschaftsgut der Betriebsstätte des Investors zuzurechnen sein (z.B. Senatsurteil vom 28. Februar 2013 III R 6/12, BFH/NV 2013, 1268). Im Streitfall waren die Kommissionsverträge nicht auf eine kurzfristige, sondern auf eine langfristige Nutzungsüberlassung ausgerichtet. Ein “Verbleiben” am Sitz der Klägerin war ausgeschlossen. |
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| 5. Das FG hat zutreffend einen Vertrauensschutz im Hinblick darauf, dass das FA in früheren Jahren die Verkaufsstellen sowohl in zulagen- als auch in gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht als Betriebsstätten der Klägerin behandelt hat, abgelehnt. Denn die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften ist bei jedem Antrag auf Investitionszulage erneut durch das FA zu prüfen. Eine frühere, der objektiven Rechtslage widersprechende rechtliche Beurteilung durch das FA hindert eine spätere zutreffende Rechtsanwendung bei einem späteren Zulagenantrag nicht, sofern sich das FA nicht durch Zusagen gebunden hat (s. Senatsurteil vom 21. März 2002 III R 30/99, BFHE 198, 184, BStBl II 2002, 547, unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Juni 1993 1 BvR 1346/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 544). |
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| 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. |
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