EuGH C-167/01 Inspire Art Ltd
RA und Notar Krau
Tenor:
Der EuGH entschied, dass nationale Vorschriften, die zusätzliche Anforderungen an Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften stellen, die Niederlassungsfreiheit behindern können.
Solche Anforderungen sind nur gerechtfertigt, wenn sie verhältnismäßig sind und zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen.
Hintergrund:
Die niederländische Handelskammer (Kamer van Koophandel en Fabrieken voor Amsterdam) wollte die englische Gesellschaft Inspire Art Ltd. dazu verpflichten,
sich als „formal ausländische Gesellschaft“ im Handelsregister einzutragen und diese Bezeichnung im Geschäftsverkehr zu führen.
Inspire Art Ltd. wurde in England gegründet, übte ihre Tätigkeit aber ausschließlich in den Niederlanden aus.
Die niederländische Regelung (Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen, WFBV) sah zusätzliche Anforderungen für solche Gesellschaften vor, darunter Offenlegungspflichten,
Mindestkapitalanforderungen und Geschäftsführerhaftung.
Inspire Art Ltd. argumentierte, dass diese Regelung gegen die Niederlassungsfreiheit verstoße.
Vorlagefragen an den EuGH:
Das Kantongerecht Amsterdam legte dem EuGH zwei Fragen zur Vorabentscheidung vor:
Verstoßen die Artikel 43 EG und 48 EG (Niederlassungsfreiheit) gegen eine nationale Regelung, die zusätzliche Anforderungen an Zweigniederlassungen stellt,
wenn die Gesellschaft im Ausland gegründet wurde, um Vorteile gegenüber inländischen Gesellschaften zu erlangen?
Falls die Regelung unvereinbar ist, kann sie durch Artikel 46 EG (Ausnahmen von der Niederlassungsfreiheit) oder zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden?
Entscheidungsgründe des EuGH:
Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit:
Die Niederlassungsfreiheit gilt auch für Gesellschaften, die in einem Mitgliedstaat gegründet wurden, um ihre Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat auszuüben, selbst wenn sie im Gründungsstaat keine Tätigkeit ausüben.
Die Gründe für die Gründung im Ausland sind irrelevant, solange kein Missbrauch vorliegt.
Die WFBV stellt eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, da sie die Gründung von Zweigniederlassungen weniger attraktiv macht.
Rechtfertigung der Beschränkung:
Die niederländische Regierung argumentierte, dass die WFBV durch den Gläubigerschutz, die Bekämpfung von Missbrauch, die Wirksamkeit von Steuerkontrollen und die Lauterkeit des Handelsverkehrs gerechtfertigt sei.
Der EuGH stellte fest, dass die Regelungen zur Offenlegung teilweise gegen die Elfte Richtlinie verstoßen und nicht gerechtfertigt werden können.
Die Bestimmungen über das Mindestkapital und die Geschäftsführerhaftung können nicht mit dem Gläubigerschutz gerechtfertigt werden, da die Gläubiger ausreichend über den ausländischen Charakter der Gesellschaft informiert sind.
Die Bekämpfung von Missbrauch kann die WFBV ebenfalls nicht rechtfertigen, da die Gründung einer Gesellschaft im Ausland allein keinen Missbrauch darstellt.
Die niederländische Regierung konnte nicht nachweisen, dass die WFBV verhältnismäßig ist und zur Erreichung der Ziele der Lauterkeit des Handelsverkehrs und der Wirksamkeit der Steuerkontrollen erforderlich ist.
Ergebnis:
Die Artikel 43 EG und 48 EG stehen einer nationalen Regelung entgegen, die die Ausübung der Freiheit zur Errichtung einer
Zweigniederlassung durch eine im Ausland gegründete Gesellschaft von bestimmten Voraussetzungen abhängig macht, die im innerstaatlichen Recht für die Gründung von Gesellschaften gelten (Mindestkapital, Geschäftsführerhaftung).
Die Gründe für die Gründung im Ausland sowie die ausschließliche Tätigkeit im Niederlassungsstaat nehmen der Gesellschaft nicht das Recht, sich auf die Niederlassungsfreiheit zu berufen, es sei denn, es liegt ein Missbrauch vor.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.