Darf das Stuttgarter Verfahren noch angewandt werden?

Juni 18, 2025

Darf das Stuttgarter Verfahren noch angewandt werden?

RA und Notar Krau

Ja, das Stuttgarter Verfahren darf prinzipiell noch angewendet werden, allerdings mit wichtigen Einschränkungen und Anpassungen.

Um es einfach auszudrücken: Das Stuttgarter Verfahren war eine Methode, um den Wert von nicht börsennotierten Unternehmensanteilen (also Anteilen an Firmen, die nicht an der Börse gehandelt werden) für die Besteuerung im Erbfall oder bei Schenkungen zu ermitteln. Es war ein vereinfachtes Verfahren, das auf bestimmten Annahmen beruhte, um nicht für jedes Unternehmen eine aufwändige Bewertung durchführen zu müssen.

Warum die Einschränkungen?

Das Problem mit dem ursprünglichen Stuttgarter Verfahren war, dass es oft zu einem unrealistisch niedrigen Wert für die Unternehmensanteile führte. Das hatte zur Folge, dass bei Erbschaften oder Schenkungen von Unternehmensanteilen weniger Steuern gezahlt werden mussten, als es bei einer realistischen Bewertung der Fall gewesen wäre. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Ungleichbehandlung als verfassungswidrig eingestuft. Es darf nicht sein, dass jemand, der Geld erbt, voll besteuert wird, während jemand, der Unternehmensanteile erbt, aufgrund einer zu niedrigen Bewertung deutlich weniger Steuern zahlt.

Darf das Stuttgarter Verfahren noch angewandt werden?

Was hat sich geändert?

Als Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz angepasst. Seit 2009 gibt es das so genannte „vereinfachte Ertragswertverfahren“ als Standardmethode zur Bewertung von Unternehmen für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Dieses Verfahren basiert auf den Erträgen, die ein Unternehmen in der Vergangenheit erwirtschaftet hat, und versucht so, einen realistischeren Wert abzubilden.

Wann kommt das Stuttgarter Verfahren noch zum Einsatz?

Das eigentliche „Stuttgarter Verfahren“ in seiner alten Form wird heute nicht mehr als Standardverfahren zur Bewertung von Unternehmensanteilen im Erbfall oder bei Schenkungen angewendet. Es wurde durch das Ertragswertverfahren abgelöst.

Es gibt aber Ausnahmen oder besser gesagt: Restbestände:

  • Altvermögen: Für Bewertungsstichtage vor dem 1. Januar 2009 (also für Erbfälle oder Schenkungen, die vor diesem Datum stattfanden) kann das Stuttgarter Verfahren noch relevant sein, da damals die alten Regeln galten. Wenn es also um alte Steuerfälle geht, könnte es noch eine Rolle spielen.
  • Andere Steuerarten: In seltenen Fällen oder für bestimmte, sehr spezifische Zwecke, die nichts mit der Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu tun haben, könnten Elemente oder Grundgedanken des Stuttgarter Verfahrens noch in irgendeiner Form herangezogen werden. Dies ist aber sehr speziell und nicht der Regelfall für die breite Masse der Steuerpflichtigen.
  • Vergleichsgröße: Manchmal wird das Stuttgarter Verfahren auch heute noch in Diskussionen oder zur Veranschaulichung herangezogen, um den Unterschied zu den heutigen Bewertungsmethoden aufzuzeigen oder um über historische Entwicklungen im Steuerrecht zu sprechen. Es ist dann aber kein angewandtes Verfahren, sondern ein Referenzpunkt.

Zusammenfassend:

Das ursprüngliche Stuttgarter Verfahren zur Bewertung von Unternehmensanteilen für die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist in seiner alten Form nicht mehr die gängige Methode. Es wurde durch das modernere und realistischere vereinfachte Ertragswertverfahren abgelöst.

Das geschah, weil das alte Verfahren vom Verfassungsgericht als ungerecht empfunden wurde. Wenn heute jemand Unternehmensanteile erbt oder geschenkt bekommt, wird der Wert in der Regel nach dem Ertragswertverfahren bestimmt.

Das Stuttgarter Verfahren spielt höchstens noch eine Rolle bei sehr alten Fällen oder als historische Referenz. Für die meisten Menschen ist es in der Praxis nicht mehr relevant.

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