Darf die Vorsorgebevollmächtigte für den Vollmachtgeber den Pflichtteil geltend machen?
Ja, die Vorsorgebevollmächtigte darf grundsätzlich für den Vollmachtgeber den Pflichtteil geltend machen, vorausgesetzt, die Vollmacht umfasst den Bereich der Vermögenssorge und sie ist umfassend genug formuliert.
Hier sind die entscheidenden Punkte, die Sie beachten müssen:
Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Geldanspruch gegen die Erben. Die Geltendmachung dieses Anspruchs fällt in den Bereich der Vermögenssorge.
Damit die Vorsorgebevollmächtigte den Pflichtteil wirksam einfordern kann, muss die erteilte Vollmacht eindeutig die Vertretung in Vermögensangelegenheiten umfassen. Im Idealfall ist dort der Aufgabenbereich „Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten“ oder ähnlich formuliert. Eine General- oder Vorsorgevollmacht enthält diesen Punkt in der Regel.
Der Pflichtteilsanspruch entsteht und wird sofort mit dem Tod des Erblassers fällig (§ 2317 Abs. 1 BGB, § 271 Abs. 1 BGB).
Die Geltendmachung durch die Bevollmächtigte ist besonders relevant, wenn der Vollmachtgeber, der pflichtteilsberechtigt ist, geschäftsunfähig oder nicht mehr in der Lage ist, seine Rechte selbst wahrzunehmen (z.B. aufgrund von Krankheit oder altersbedingtem Nachlassen der geistigen Fähigkeiten). Die Geltendmachung ist wichtig, um die Verjährung zu verhindern, die in der Regel nach drei Jahren eintritt.
Es kann jedoch zu Problemen kommen, wenn die Vorsorgebevollmächtigte selbst Erbin oder Miterbin des Nachlasses ist, aus dem der Pflichtteil des Vollmachtgebers bedient werden muss.
Wenn die Bevollmächtigte den Pflichtteil für den Vollmachtgeber geltend machen soll, dies aber gleichzeitig ihre eigenen Rechte als Erbin schmälert, liegt ein Interessenkonflikt vor.
Kontrollbetreuung: In solchen Fällen – also bei einem konkreten Verdacht eines Missbrauchs der Vollmacht oder eines Interessenkonflikts – kann das Betreuungsgericht unter Umständen eine sogenannte Kontrollbetreuung anordnen (§ 1896 Abs. 3 BGB). Der bestellte Kontrollbetreuer hätte dann die Aufgabe, die Pflichtteilsansprüche für den Vollmachtgeber gegenüber der Bevollmächtigten als Erbin geltend zu machen, um die Rechte des Vollmachtgebers zu schützen.
Wenn die Vorsorgevollmacht die Vermögenssorge einschließt, darf die Bevollmächtigte den Pflichtteil einfordern. Besteht jedoch die Gefahr eines Interessenkonflikts (insbesondere, wenn die Bevollmächtigte selbst Erbin ist), ist äußerste Sorgfalt geboten, und es kann ratsam sein, einen Anwalt für Erbrecht hinzuzuziehen, um die Ansprüche rechtssicher und im Interesse des Vollmachtgebers durchzusetzen.
Ist der Bevollmächtigte selbst der Erbe und würde die Geltendmachung des Pflichtteils seine eigenen Rechte als Erbe mindern, handelt es sich um ein besonders sensibles Thema. Möchten Sie mehr über die spezifischen Anforderungen an die Formulierung einer Vollmacht erfahren, um solche Angelegenheiten abzudecken?