Das Erbbaurechtsgesetz – Eine Übersicht

Juni 18, 2025

Das Erbbaurechtsgesetz – Eine Übersicht

RA und Notar Krau

Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein Haus bauen, aber Ihnen gehört das Grundstück nicht. Klingt paradox? Ist es aber nicht, dank des Erbbaurechtsgesetzes. Dieses Gesetz, oft als „deutsches Bodenrecht“ bezeichnet, ermöglicht es Menschen, ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden zu errichten und zu nutzen, ohne diesen kaufen zu müssen. Für viele, die sich den Kauf eines teuren Grundstücks nicht leisten können, ist das Erbbaurecht eine attraktive Alternative zur Miete.

Was ist das Erbbaurecht überhaupt?

Im Kern ist das Erbbaurecht das Recht, auf einem fremden Grundstück ein Bauwerk zu haben. Der Eigentümer des Grundstücks (der sogenannte Erbbaurechtsgeber) räumt einer anderen Person (dem Erbbaurechtsnehmer) das Recht ein, für eine bestimmte Zeit und gegen Zahlung eines regelmäßigen Entgelts (des Erbbauzinses) ein Gebäude auf seinem Boden zu errichten und zu nutzen. Das Grundstück selbst bleibt dabei im Eigentum des Erbbaurechtsgebers. Es ist ein „grundstücksgleiches Recht“, was bedeutet, dass es wie ein Grundstück veräußert, belastet und vererbt werden kann.

Historischer Hintergrund und Zweck

Das Erbbaurechtsgesetz, kurz ErbbauRG, existiert in Deutschland seit 1919. Es wurde ursprünglich eingeführt, um Wohnraum zu fördern und es auch weniger wohlhabenden Schichten zu ermöglichen, Wohneigentum zu bilden. Da der Erwerb von Grund und Boden, insbesondere in städtischen Gebieten, immer kostspieliger wurde, bot das Erbbaurecht eine Lösung, indem es die hohen Anfangsinvestitionen für den Grundstückskauf eliminierte. Heute wird es oft von Kommunen, Kirchen oder Stiftungen genutzt, um Bauland bereitzustellen, ohne es endgültig aus der Hand zu geben.

Das Erbbaurechtsgesetz – Eine Übersicht

Die Hauptakteure: Erbbaurechtsgeber und Erbbaurechtsnehmer

  • Der Erbbaurechtsgeber: Das ist der Eigentümer des Grundstücks. Meistens sind das Gemeinden, Kirchen, aber auch private Eigentümer. Sie stellen den Grund und Boden zur Verfügung und erhalten dafür den Erbbauzins.
  • Der Erbbaurechtsnehmer: Das sind Sie, wenn Sie ein Gebäude auf dem fremden Grundstück errichten oder nutzen möchten. Sie erwerben das Recht am Bauwerk und die Nutzung des Grundstücks.

Der Erbbaurechtsvertrag – Das Fundament

Alle Details des Erbbaurechtsverhältnisses werden in einem notariell beurkundeten Vertrag festgehalten. Dieser Vertrag regelt:

  • Die Laufzeit: Erbbaurechte werden in der Regel für lange Zeiträume bestellt, oft 75, 99 oder sogar 100 Jahre.
  • Der Erbbauzins: Dies ist das Entgelt, das der Erbbaurechtsnehmer an den Erbbaurechtsgeber zahlt. Er wird meist jährlich oder monatlich fällig und kann an die Inflation angepasst werden.
  • Rechte und Pflichten beider Parteien: Hierzu gehören beispielsweise Regelungen zur Instandhaltung des Gebäudes, zur Nutzung des Grundstücks oder zu möglichen Vertragsanpassungen.
  • Heimfallrecht: Eine wichtige Klausel. Sie besagt, dass das Erbbaurecht unter bestimmten Umständen (z.B. bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen oder nach Ablauf der Laufzeit) an den Erbbaurechtsgeber zurückfällt. Der Erbbaurechtsnehmer erhält dann in der Regel eine Entschädigung für das Gebäude.

Der Erbbauzins – Herzstück der Finanzierung

Der Erbbauzins ist quasi die „Miete“ für das Grundstück. Seine Höhe richtet sich nach dem Wert des Grundstücks und einem festgelegten Zinssatz. Er kann über die Laufzeit des Vertrags angepasst werden, oft gekoppelt an den Verbraucherpreisindex. Dies schützt den Erbbaurechtsgeber vor Wertverlust und stellt sicher, dass der Erbbauzins der wirtschaftlichen Entwicklung folgt.

Vorteile des Erbbaurechts für den Erbbaurechtsnehmer

  • Geringere Anfangsinvestition: Sie müssen kein teures Grundstück kaufen, was die Finanzierung des Bauvorhabens erheblich erleichtert.
  • Finanzielle Entlastung: Da kein Grundstück gekauft werden muss, fallen auch keine Grunderwerbsteuer für das Grundstück an.
  • Zugang zu begehrten Lagen: Oft sind Erbbaurechte in attraktiven, städtischen Lagen verfügbar, wo ein Grundstückskauf kaum erschwinglich wäre.
  • Vererbbarkeit und Beleihbarkeit: Das Erbbaurecht kann wie ein normales Grundstück vererbt, verkauft oder mit einer Hypothek belastet werden. Banken finanzieren Erbbaurechte problemlos.

Nachteile des Erbbaurechts für den Erbbaurechtsnehmer

  • Regelmäßige Zahlungen: Der Erbbauzins muss über die gesamte Laufzeit des Vertrags gezahlt werden, ähnlich einer Miete.
  • Eingeschränkte Verfügbarkeit: Sie sind nicht der Eigentümer des Grundstücks und können daher nicht uneingeschränkt über dieses verfügen. Bestimmte Maßnahmen (z.B. Anbauten) können die Zustimmung des Erbbaurechtsgebers erfordern.
  • Ablauf der Laufzeit: Nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit fällt das Erbbaurecht in der Regel an den Erbbaurechtsgeber zurück. Es besteht zwar oft die Möglichkeit einer Verlängerung, aber keine Garantie.
  • Anpassung des Erbbauzinses: Die Anpassung des Erbbauzinses kann zu höheren monatlichen Belastungen führen.

Das Erbbaurecht im Grundbuch

Das Erbbaurecht wird, ähnlich wie ein Grundstückseigentum, im Grundbuch eingetragen. Es erhält ein eigenes Grundbuchblatt, das sogenannte „Erbbaugrundbuch“. Dort werden alle wesentlichen Informationen zum Erbbaurecht festgehalten, einschließlich der Laufzeit, des Erbbauzinses und eventueller Belastungen.

Heimfall – Das Ende des Erbbaurechts?

Das Heimfallrecht ist ein wichtiges Element des Erbbaurechtsvertrags. Es besagt, dass das Erbbaurecht an den Erbbaurechtsgeber zurückfällt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Erbbaurechtsnehmer den Erbbauzins nicht zahlt, das Grundstück vernachlässigt oder der Vertrag ausläuft. Im Falle des Heimfalls erhält der Erbbaurechtsnehmer in der Regel eine angemessene Entschädigung für den Wert des Bauwerks. Die Höhe der Entschädigung ist oft im Vertrag geregelt.

Fazit

Das Erbbaurechtsgesetz ist ein komplexes, aber auch sehr nützliches Instrument des deutschen Immobilienrechts.

Es bietet eine attraktive Möglichkeit, Wohneigentum zu bilden, ohne die hohen Kosten für den Grundstückskauf tragen zu müssen. Für Laien ist es wichtig, die Grundprinzipien – insbesondere die Laufzeit, den Erbbauzins und das Heimfallrecht – zu verstehen, bevor sie sich für ein Erbbaurecht entscheiden.

Eine umfassende Prüfung des Erbbaurechtsvertrags und gegebenenfalls die Beratung durch einen Rechtsanwalt oder Notar sind unerlässlich, um böse Überraschungen zu vermeiden und die Vorteile dieses besonderen Rechts voll auszuschöpfen.

Es ist eine Alternative, die gerade in Zeiten steigender Grundstückspreise zunehmend an Bedeutung gewinnt und vielen Menschen den Weg ins Eigenheim ebnet.

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