Delegation der Ausführungskompetenz auf Verwalter – Fenstererneuerung
Die nachfolgende Zusammenfassung erklärt die wesentlichen Punkte des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 5. Juli 2024 (V ZR 241/23) zur Delegation der Ausführungskompetenz für Erhaltungsmaßnahmen (Fenstererneuerung) auf den Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG).
Der BGH hat entschieden, dass Wohnungseigentümer (WEG) die Kompetenz haben, die Ausführung einer grundsätzlich beschlossenen Erhaltungsmaßnahme (hier: Fenstererneuerung) auf den Verwalter zu übertragen. Ein solcher Beschluss ist wirksam und entspricht in der Regel einer ordnungsmäßigen Verwaltung, selbst wenn er keinen ausdrücklichen, verbindlichen Entscheidungsmaßstab für den Verwalter vorgibt.
Seit der WEG-Reform (WEMoG) am 1. Dezember 2020 besitzen die Wohnungseigentümer die erweiterte Kompetenz (§ 27 Abs. 2 WEG), Entscheidungen über die Verwaltung und Benutzung des Gemeinschaftseigentums auf den Verwalter zu delegieren.
Ziel des Gesetzgebers war es, die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft zu stärken und zu verhindern, dass jede einzelne Ausführungsentscheidung zwingend in einer Eigentümerversammlung getroffen werden muss.
Nach der alten Rechtslage war die Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf den Verwalter nur in sehr engen Grenzen und mit Rechtsunsicherheiten möglich. Jetzt ist die Übertragung umfassender möglich.
Die Wohnungseigentümer beschlossen grundsätzlich die Erneuerung der Außenfenster.
Sie beauftragten einen Sachverständigen mit der Erstellung einer Prioritätenliste und eines Leistungsverzeichnisses (was, wie und in welcher Ausführung erneuert werden soll).
Im Juni 2022, nachdem Angebote zurückgezogen wurden und die Preise unsicher waren, fassten die Eigentümer einen Beschluss zur Delegation:
Die Verwaltung wird ermächtigt, die Erneuerung der Fensteranlagen zu beauftragen.
Vorgaben waren: Austausch nach Dringlichkeit, Einholung von drei weiteren Angeboten, Budget (35.000 EUR brutto/Jahr) und Einhaltung der Optik der bisherigen Fenster.
Eine Eigentümerin klagte gegen den Beschluss, weil sie ihn für ungültig hielt (mangelnde Bestimmtheit der Leitlinien, fehlende Kostentransparenz und -kontrolle).
Die Fenster gehören zwingend zum Gemeinschaftseigentum (§ 5 Abs. 2 WEG).
Die Erneuerung ist eine Erhaltungsmaßnahme des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG).
Die Übertragung der Befugnis zur Beauftragung der Maßnahme fällt unter die erweiterte Beschlusskompetenz zur Delegation nach § 27 Abs. 2 WEG.
Ein Delegationsbeschluss muss den Grundsätzen der ordnungsmäßigen Verwaltung entsprechen (§ 18 Abs. 2 WEG).
Den Eigentümern steht ein weiter Ermessensspielraum zu, welche Aufgaben sie auf den Verwalter übertragen.
Hier hatten die Eigentümer die grundlegende Entscheidung (Fensteraustausch nach Dringlichkeit), die Art der Durchführung (Optik der Fenster, Einholung weiterer Angebote) und die Finanzierung (Budget 35.000 EUR aus Erhaltungsrücklage) bereits selbst getroffen.
Der Verwalter sollte lediglich die Ausführung im Einzelnen (Auftragsvergabe nach Einholung der Angebote) entscheiden. Dies entspricht regelmäßig einer ordnungsmäßigen Verwaltung.
Die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses setzt nicht voraus, dass im Beschluss zugleich ausdrücklich ein für den Verwalter verbindlicher Entscheidungsmaßstab (z.B. genaues Vorgehen oder expliziter Hinweis auf Wirtschaftlichkeit) vorgegeben wird.
Der Verwalter muss als Organ der GdWE immer die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung beachten, insbesondere das Gebot der Wirtschaftlichkeit (§ 18 Abs. 2 WEG). Das Gesetz gibt diesen Entscheidungsmaßstab bereits vor.
Bei der Auftragsvergabe muss der Verwalter nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit und aller relevanten Umstände die beste Option für die Eigentümer wählen.
Dieser BGH-Beschluss erleichtert die effiziente Verwaltung von WEGs erheblich.
Die Wohnungseigentümer müssen die grundsätzliche Entscheidung über eine große Erhaltungsmaßnahme (z.B. Ja, die Fenster werden erneuert) und ihre wesentlichen Rahmenbedingungen (Budget, Optik) selbst treffen.
Die anschließende reine Ausführung der Maßnahme (z.B. Welches von drei Angeboten nehmen wir? oder Wann genau wird die Maßnahme beauftragt?) kann durch einen Beschluss auf den Verwalter delegiert werden.
Der Beschluss muss dem Verwalter kein detailliertes „Drehbuch“ vorschreiben, da der Verwalter ohnehin gesetzlich verpflichtet ist, wirtschaftlich und nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung zu handeln.
Dies ermöglicht es der WEG, sich auf die strategischen Entscheidungen zu konzentrieren und dem Verwalter die operative Umsetzung zu überlassen.
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