Der Ausschluss des Ehegattenerbrechts

Juni 2, 2025

Der Ausschluss des Ehegattenerbrechts

Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einer schwierigen Phase Ihrer Ehe und haben sich bereits für eine Scheidung entschieden oder diese zumindest innerlich akzeptiert. Doch dann tritt ein unerwarteter Todesfall ein. Was passiert in dieser Situation mit dem Erbrecht? Erbt der überlebende Ehepartner trotz der geplanten oder bereits eingeleiteten Scheidung?

Diese komplexe Frage regelt das deutsche Erbrecht in § 1933 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Als Rechtsanwalt und Notar Krau möchte ich Ihnen diesen Paragraphen, der oft für Verwirrung sorgt, verständlich näherbringen. Wir beleuchten, wann das Erbrecht des Ehegatten trotz bestehender Ehe entfällt und welche Ausnahmen es gibt.


Wenn die Scheidung in der Luft liegt: Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten

Grundsätzlich gilt: Sind Sie verheiratet, erbt Ihr Ehepartner. Doch § 1933 BGB macht hier eine wichtige Ausnahme. Er besagt, dass das Erbrecht des überlebenden Ehegatten sowie sein Recht auf den sogenannten „Voraus“ (bestimmte Haushaltsgegenstände und Hochzeitsgeschenke) ausgeschlossen sind, wenn zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers (der verstorbenen Person) bestimmte Voraussetzungen für eine Scheidung erfüllt waren.

Bildlich gesprochen: Wenn das Scheidungsverfahren bereits „in den Startlöchern“ stand, verliert der überlebende Ehepartner sein Erbrecht. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass in solchen Fällen kein Interesse des Verstorbenen mehr daran bestand, dass der Partner erbt.


Die entscheidenden Voraussetzungen für den Erbausschluss

Damit der überlebende Ehegatte sein Erbrecht verliert, müssen zwei zentrale Bedingungen erfüllt sein:

  1. Die Ehe war zerrüttet: Zum Zeitpunkt des Todes muss die Ehe nachweislich gescheitert gewesen sein. Das bedeutet, es gab keine reale Chance mehr auf eine Versöhnung. Dies ist die Grundvoraussetzung für jede Scheidung.
  2. Der Verstorbene wollte die Scheidung aktiv vorantreiben: Der Erblasser muss die Scheidung entweder selbst beantragt oder dem Scheidungsantrag des anderen Ehegatten zugestimmt haben. Hierbei ist entscheidend, dass der Scheidungsantrag bereits bei Gericht eingereicht und dem anderen Ehepartner zugestellt wurde. Nur so wird das Verfahren „rechtshängig“, also offiziell bei Gericht anhängig.

Wichtig zu wissen: Ein bloßer Wunsch nach Scheidung, eine außergerichtliche Erklärung oder ein noch nicht zugestellter Antrag reichen nicht aus, um das Erbrecht auszuschließen. Es muss ein klares, nachweisbares Handeln des Erblassers vorliegen, das den Scheidungswillen unmissverständlich zum Ausdruck bringt und das Verfahren offiziell macht.


Was bedeutet „Scheidung beantragt“ oder „zugestimmt“?

  • Scheidung beantragt: Hat der Verstorbene selbst einen Scheidungsantrag beim Familiengericht eingereicht und wurde dieser Antrag dem überlebenden Ehegatten noch vor dem Tod zugestellt, dann ist diese Voraussetzung erfüllt. Auch ein späterer Rückzug des Antrags durch den Erblasser selbst hätte vor seinem Tod erfolgen müssen, um die Wirkung des § 1933 BGB aufzuheben. Eine Rücknahme des Antrags nach dem Tod des Erblassers ändert nichts mehr am bereits eingetretenen Erbausschluss.
  • Zustimmung zur Scheidung: Wenn der überlebende Ehegatte den Scheidungsantrag gestellt hat und dieser dem Verstorbenen vor dessen Tod zugestellt wurde, reicht es aus, wenn der Verstorbene dem Antrag zugestimmt hat. Diese Zustimmung kann mündlich im Gericht, schriftlich durch einen Anwalt oder auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Auch hier gilt: Die Zustimmung muss dem Gericht gegenüber wirksam erklärt worden sein. Ein bloßes Schweigen auf den Antrag oder eine nur private Zusage ist nicht ausreichend.

Der Ausschluss des Ehegattenerbrechts


Der „Voraus“ und andere Konsequenzen

Neben dem gesetzlichen Erbrecht verliert der überlebende Ehegatte bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1933 BGB auch sein Recht auf den Voraus. Der Voraus umfasst üblicherweise Haushaltsgegenstände, die zum ehelichen Haushalt gehören, und Hochzeitsgeschenke. Er soll dem überlebenden Ehepartner das Weiterleben in der gewohnten Umgebung erleichtern. Ist das Erbrecht ausgeschlossen, entfällt auch dieses Recht.

Auch ein möglicher Pflichtteilsanspruch als Ehegatte geht verloren. Der Pflichtteil ist ein Mindestanteil am Erbe, der bestimmten nahen Angehörigen zusteht, selbst wenn sie im Testament nicht bedacht wurden.


Ein Ausgleich: Der Unterhaltsanspruch

Der Gesetzgeber hat jedoch eine Art Ausgleich für den Verlust des Erbrechts vorgesehen: Der überlebende Ehegatte kann unter bestimmten Umständen Unterhalt von den Erben des Verstorbenen verlangen. Die genaue Höhe und Dauer dieses Unterhaltsanspruchs richten sich nach den allgemeinen Vorschriften zum nachehelichen Unterhalt, die auch bei einer Scheidung gelten würden. Es ist also kein Freifahrtschein für unbegrenzte Zahlungen, sondern eine Fortführung des Prinzips, dass sich Ehepartner auch nach der Scheidung gegenseitig unterstützen müssen, wenn einer von ihnen bedürftig ist.


Was ist mit eingetragenen Lebenspartnerschaften?

Die Regelungen des § 1933 BGB gelten nicht nur für Ehepartner, sondern sinngemäß auch für eingetragene Lebenspartnerschaften, die nicht in eine Ehe umgewandelt wurden. Hierfür gibt es eine ähnliche Vorschrift im Lebenspartnerschaftsgesetz.


Meine Empfehlung

Das Erbrecht im Zusammenhang mit Scheidungsverfahren ist komplex und kann weitreichende Folgen haben. Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden oder Fragen zu diesem Thema haben, sollten Sie unbedingt frühzeitig eine rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Ob Sie der Erblasser sind, der seine letzten Angelegenheiten regeln möchte, oder der überlebende Ehepartner, der seine Rechte und Pflichten verstehen muss – eine professionelle Einschätzung kann Ihnen helfen, Klarheit zu schaffen und unliebsame Überraschungen zu vermeiden.

Denken Sie daran: Vorsorge ist besser als Nachsorge, insbesondere wenn es um Ihr Erbe und Ihre familiäre Zukunft geht.


Mit freundlichen Grüßen,

Rechtsanwalt und Notar Krau

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