Der betreute GbR-Gesellschafter – Rechtsprobleme bei Immobilientransaktionen

Mai 30, 2025

Der betreute GbR-Gesellschafter – Rechtsprobleme bei Immobilientransaktionen

Aufsatz von Notar Prof. Dr. Heribert Heckschen und Richard Zimmer, NJW 2025, 1605

Zusammenfassung von RA und Notar Krau

Stellen Sie sich vor, eine Familie besitzt eine Immobilien-GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts).

Was passiert, wenn ein Familienmitglied, das Gesellschafter ist, plötzlich geschäftsunfähig wird – zum Beispiel durch eine Krankheit wie Demenz?

Genau diese Frage beleuchten Heribert Heckschen und Richard Zimmer in ihrem Artikel.

Einleitung: Wenn der Kopf nicht mehr mitmacht

Wenn jemand geschäftsunfähig wird, kann er seine eigenen Entscheidungen nicht mehr treffen.

Das ist laut § 104 Nr. 2 BGB der Fall, wenn eine Person aufgrund einer Krankheit dauerhaft nicht mehr ihren freien Willen bilden kann.

Die Folge: Alle Erklärungen, die diese Person abgibt, sind ungültig (§ 105 I BGB).

Fehlt eine spezielle Vollmacht, wird vom Gericht ein Betreuer bestellt (§ 1814 I BGB). Dieser Betreuer vertritt die geschäftsunfähige Person rechtlich.

Das Problem dabei: Die Mitgesellschafter haben kein Mitspracherecht bei der Auswahl des Betreuers. Das Gericht wählt jemanden aus, der für die persönliche Betreuung geeignet ist, aber nicht unbedingt jemand, der Ahnung von Unternehmensführung hat.

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Das kann in einer Familien-GbR, die oft aus emotionalen und strategischen Gründen gegründet wird, zu großen Schwierigkeiten führen.

Denn das Betreuungsgericht ist nicht an gesellschaftsvertragliche Regelungen gebunden, die eine Vertretung durch einen Mitgesellschafter vorsehen.

So kann es passieren, dass ein Außenstehender das Sagen über den Anteil des geschäftsunfähigen Gesellschafters hat.

Selbst wenn die Vertretungsmacht des geschäftsunfähigen Gesellschafters entzogen werden kann, bleibt ein großes Problem: Viele Rechtsgeschäfte, besonders der Verkauf von Grundstücken, brauchen eine Genehmigung des Betreuungsgerichts (§ 1850 BGB).

Das bedeutet viel Aufwand und kann sogar zu Entscheidungen führen, die den anderen Gesellschaftern schaden. Der Artikel zeigt diese Probleme am Beispiel eines Grundstücksverkaufs auf.

Genehmigungen bei Grundstücksverkäufen

Kaufvertrag und Auflassung:

Verkauft eine GbR ein Grundstück, an dem ein geschäftsunfähiger Gesellschafter beteiligt ist, braucht der Betreuer die Genehmigung des Betreuungsgerichts.

Das gilt sowohl für den Kaufvertrag als auch für die eigentliche Eigentumsübertragung (Auflassung).

Gesellschaftsregister und Grundbuchverfahren:

Seit dem MoPeG (Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts) muss eine GbR, die im Grundstücksverkehr tätig ist, im Gesellschaftsregister eingetragen sein (eGbR).

Die Anmeldung zum Gesellschaftsregister selbst braucht keine gerichtliche Genehmigung.

Schwierig wird es aber bei der Versicherung, dass die Gesellschaft nicht schon in einem anderen Register eingetragen ist (§ 707 II Nr. 4 BGB).

Einige Gerichte sehen diese Erklärung als sehr persönlich an, sodass sie nicht durch einen Betreuer abgegeben werden kann.

Das würde bedeuten, dass eine GbR mit einem geschäftsunfähigen Gesellschafter praktisch handlungsunfähig wäre – ein unbefriedigendes Ergebnis.

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Die Autoren hoffen, dass die Rechtsprechung hier zu einer praxistauglicheren Lösung kommt, die eine Vertretung durch den Betreuer zulässt.

Auch die Umschreibung eines Grundstücks von der alten GbR auf die neue eGbR im Grundbuch ist eine „Richtigstellung“ und keine „Berichtigung“.

Laut Artikel sollte hierfür keine betreuungsgerichtliche Genehmigung nötig sein, da kein Rechtsverlust für den Betreuten entsteht.

Fehlende Genehmigung: Fehlt eine nötige Genehmigung, ist das Geschäft schwebend unwirksam. Es kann nur durch eine nachträgliche Genehmigung wirksam werden.

Das schafft große Unsicherheit für den Käufer, da das Gericht die Genehmigung im Interesse des Betreuten erteilen muss.

Ausnahmen vom Genehmigungserfordernis

Grundsätzlich gilt: § 1850 BGB betrifft nur Verfügungen über das Vermögen des Betreuten selbst.

Wenn eine Gesellschaft ein Grundstück verkauft, an der der Geschäftsunfähige beteiligt ist, ist das oft genehmigungsfrei, da das Vermögen der Gesellschaft und das des Gesellschafters getrennt sind.

Das gilt unstreitig für juristische Personen, OHG oder KG.

Bei der GbR ist die Lage aber komplizierter, da sie lange als nicht-rechtsfähige Gemeinschaft angesehen wurde.

Meinungsstand zur Grundstücksveräußerung durch eine GbR

GbR mit minderjährigem Gesellschafter: Für GbRs mit minderjährigen Gesellschaftern hat die Rechtsprechung unterschieden:

Bei Erwerbsgesellschaften (z.B. Handelsgesellschaften) ist der Verkauf genehmigungsfrei, wenn der Beitritt des Minderjährigen schon genehmigt wurde.

Bei vermögensverwaltenden Gesellschaften (z.B. reine Immobilienverwaltung) war der Verkauf genehmigungspflichtig.

Die Gerichte begründeten dies mit dem besonderen Schutz des Grundvermögens des Minderjährigen.

Diese Unterscheidung wird auch nach dem MoPeG beibehalten, obwohl die GbR jetzt gesetzlich als rechtsfähig anerkannt ist.

Die Kriterien, wann eine Gesellschaft eine Erwerbs- oder Vermögensverwaltungsgesellschaft ist, sind oft unklar, was zu Rechtsunsicherheit führt.

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Selbst eine Einzelvertretungsbefugnis eines Mitgesellschafters reicht nicht aus, um die Genehmigungspflicht zu umgehen, da allein die Beteiligung des Minderjährigen ausreichend sei.

Übertragung der Grundsätze auf geschäftsunfähige Gesellschafter:

Die Rechtsprechung hat sich noch nicht explizit dazu geäußert, aber die herrschende Meinung wendet die gleichen Grundsätze auch auf nachträglich geschäftsunfähig gewordene Gesellschafter an.

Praktische Herausforderungen und Kritik

Die aktuelle Rechtsprechung führt zu großer Unsicherheit.

Während man bei minderjährigen Gesellschaftern das Risiko durch Einsicht ins Gesellschaftsregister abschätzen kann (Geburtsdatum der Gesellschafter wird eingetragen), ist das bei nachträglich geschäftsunfähigen Gesellschaftern nicht möglich.

Eine Betreuung wird nicht im Register eingetragen.

Das bedeutet, dass selbst ein einziger unentdeckt geschäftsunfähiger Gesellschafter in einer vermögensverwaltenden GbR dazu führen kann, dass alle Grundstücksgeschäfte schwebend unwirksam sind.

Das wäre eine faktische „Geschäftsführung“ durch das Betreuungsgericht.

Die Autoren kritisieren, dass diese extensive Auslegung der Genehmigungspflicht nicht auf die GbR übertragen werden sollte, da sie im Widerspruch zur anerkannten Rechtsfähigkeit der GbR steht.

Kritikpunkte:

Differenzierung zwischen GbR und anderen Personengesellschaften:

Die Unterscheidung zwischen GbR und anderen Personengesellschaften (OHG, KG), die genehmigungsfrei sind, ist nach dem MoPeG nicht mehr haltbar.

Die GbR ist jetzt gesetzlich rechtsfähig, was bedeutet, dass bei Geschäften der GbR kein direkter Bezug mehr zum Vermögen des Gesellschafters besteht.

Der Schutzbedarf bei einer GbR ist nicht höher als bei einer OHG oder KG, wo unbeschränkte Haftung besteht.

Differenzierung zwischen Erwerbs- und Vermögensverwaltungsgesellschaft:

Diese Unterscheidung ist für nachträglich geschäftsunfähig gewordene Gesellschafter nicht sinnvoll.

Ihr Beitritt zur Gesellschaft war nicht genehmigungspflichtig. Die Kriterien sind unklar und praxisfremd.

Betreuer müssen entscheiden, ob eine Formulierung wie „Verwaltung eigenen Vermögens“ den Verkauf von Grundstücken einschließt – mit hohem Haftungsrisiko für sie selbst.

Auch für Mitgesellschafter und Käufer entsteht Unsicherheit.

Gestaltungsmöglichkeiten

Um diesen Problemen vorzubeugen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Ausschluss des Gesellschafters aus wichtigem Grund:

Der geschäftsunfähige Gesellschafter kann aus wichtigem Grund (z.B. Unfähigkeit zur Wahrnehmung der Gesellschafterrechte) aus der GbR ausgeschlossen werden.

Dies verhindert, dass der Betreuer seine Rechte wahrnehmen muss. Wichtig ist hier, dass der Beschluss dem Betreuer mitgeteilt werden muss.

Vollmacht:

Eine Vorsorgevollmacht (§ 1814 III Nr. 1 BGB) ist die beste Lösung. Sie legt fest, wer im Fall der Geschäftsunfähigkeit die Rechte des Gesellschafters wahrnehmen soll.

Dies verhindert die Bestellung eines Betreuers und damit die Genehmigungspflichten.

Eine einmal erteilte Vollmacht kann vom Betreuer nur in Ausnahmefällen und mit gerichtlicher Genehmigung widerrufen werden.

Es ist wichtig, die Vollmacht frühzeitig zu erteilen und sie im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer einzutragen.

Satzungsmäßige Klauseln: Im Gesellschaftsvertrag können Klauseln vereinbart werden, die bei Geschäftsunfähigkeit des Gesellschafters einen automatischen Ausschluss, eine Zwangseinziehung oder Zwangsabtretung des Anteils vorsehen.

Eine automatische Übertragung ist dabei am vorteilhaftesten, da sie aufwendige gerichtliche Verfahren vermeidet.

Der betreute GbR-Gesellschafter – Rechtsprobleme bei Immobilientransaktionen

Fazit

Die Rechtsprechung hat die Rechtsfähigkeit der GbR noch nicht ausreichend berücksichtigt und führt zu unnötiger Rechtsunsicherheit bei Immobilientransaktionen mit geschäftsunfähigen Gesellschaftern.

Die Unterscheidung zwischen GbR und anderen Personengesellschaften sowie zwischen Erwerbs- und Vermögensverwaltungsgesellschaften ist nach dem MoPeG nicht mehr zeitgemäß.

Die Autoren appellieren an den Gesetzgeber, hier Klarheit zu schaffen.

Bis dahin ist es für Gesellschafter und ihre Berater dringend ratsam, durch Vorsorgevollmachten oder gesellschaftsvertragliche Regelungen vorzusorgen.

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