Der Bonifatius-Fall

Mai 13, 2025

Der Bonifatius-Fall

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

heute möchten wir Ihnen einen interessanten Fall aus der Geschichte des deutschen Erbrechts näherbringen, den sogenannten „Bonifatius-Fall“.

Dieses Urteil des Reichsgerichts aus dem Jahr 1913 beschäftigt sich mit einer wichtigen Frage:

Wann ist eine Geld- oder Wertpapierübergabe als eine normale Schenkung unter Lebenden und wann als eine Schenkung für den Todesfall zu sehen?

Warum das wichtig ist, möchten wir Ihnen gerne veranschaulichen.

Der Fall: Ein Geistlicher, sein Erbe und eine späte Übergabe

Stellen Sie sich folgenden Sachverhalt vor: Ein Geistlicher hat in seinem Testament seine Schwester als Alleinerbin eingesetzt.

Kurz vor seinem Tod übergibt er jedoch Wertpapiere an einen Pfarrkuraten mit der Bitte, diese an den Vertreter des Bonifatius-Vereins weiterzuleiten.

Die Übergabe an den Verein erfolgt tatsächlich, aber erst nach dem Tod des Geistlichen.

Nun möchte die Schwester als testamentarische Alleinerbin die Wertpapiere vom Bonifatius-Verein zurückhaben.

Die Kernfrage: Wem gehören die Wertpapiere?

Das Gericht musste sich mit zwei Hauptfragen auseinandersetzen:

Ist der Bonifatius-Verein Eigentümer der Wertpapiere geworden und gab es eine gültige Vereinbarung, ihm diese zu übertragen?

Das Reichsgericht entschied damals, dass der Verein kein Eigentum an den Wertpapieren erlangt hat.

Der Grund dafür war, dass die Schwester als neue Eigentümerin zum Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe nicht mehr den Willen hatte, die Papiere dem Verein zu übereignen.

Nach heutiger Rechtsauffassung wäre das möglicherweise anders:

Hier würde man wohl sagen, dass eine einmal getroffene Einigung ausreicht, solange sie nicht vor der Übergabe widerrufen wurde.

Eine fehlende Form und ihre Folgen

Das Gericht sah auch die ursprüngliche „Verschenkungs“-Vereinbarung kritisch.

Es argumentierte, dass diese Vereinbarung unwirksam war, weil sie nicht der besonderen Formvorschrift für Schenkungen auf den Todesfall entsprach (§ 2301 BGB).

Solche Schenkungen müssen grundsätzlich in der Form eines Testaments oder eines Erbvertrags festgehalten werden, um gültig zu sein.

Der Bonifatius-Fall

Da dies nicht geschehen war, hatte die Schwester als Alleinerbin einen Anspruch auf Herausgabe der Wertpapiere.

Was bedeutet das für Sie?

Dieser historische Fall zeigt sehr deutlich, wie wichtig es ist, bei der Weitergabe von Vermögenswerten – insbesondere

wenn dies im Hinblick auf den eigenen Tod geschieht – die rechtlichen Formvorschriften genau zu beachten.

Eine mündliche Absprache oder eine Übergabe kurz vor dem Tod reicht oft nicht aus, um die gewünschte Vermögensübertragung rechtssicher zu gestalten.

Um späteren Streitigkeiten unter den Erben vorzubeugen und Ihren letzten Willen klar zu regeln, ist die Errichtung eines ordnungsgemäßen Testaments oder Erbvertrags unerlässlich.

Wenn Sie Fragen zur Gestaltung Ihrer Vermögensnachfolge haben, stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Team von RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

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