Der richtige Zeitpunkt für Annahme oder Ausschlagung für bestimmte Erben

Juni 6, 2025

Der richtige Zeitpunkt für Annahme oder Ausschlagung für bestimmte Erben

Ihr Erbe – Wann kann man Ja oder Nein sagen?

Stellen Sie sich vor, Sie erfahren, dass Sie geerbt haben. Eine tolle Sache – oder manchmal auch eine große Verantwortung, die man vielleicht nicht übernehmen möchte. Aber wann genau können Sie eigentlich entscheiden, ob Sie das Erbe annehmen oder ausschlagen? Diese Frage ist oft kompliziert, besonders wenn es um besondere Situationen geht. Als RA und Notar Krau erkläre ich Ihnen heute, wann Sie welche Möglichkeiten haben.


Wenn jemand „nachrückt“ oder einspringt: Nach- und Ersatzerben

Manchmal ist nicht sofort klar, wer erbt. Es gibt zum Beispiel den sogenannten Nachberufenen Erben oder den Ersatzerben. Das sind Personen, die erst zum Zug kommen, wenn der eigentlich vorgesehene Erbe ausfällt (zum Beispiel, weil er das Erbe ausschlägt).

Auch wenn Ihre Rolle als Erbe zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, können Sie das Erbe bereits mit dem Tod des Erblassers annehmen oder ausschlagen. Es ist also wie ein Frühstart: Sie müssen nicht warten, bis alles geklärt ist. Wenn Sie später doch nicht Erbe werden, war Ihre Erklärung einfach hinfällig.


Erben, die noch gar nicht geboren sind: Der Nasciturus

Was ist mit einem Baby, das zwar schon gezeugt, aber noch nicht geboren ist – in der Fachsprache nennt man das Nasciturus? Auch für diese ungeborenen Kinder kann die Erbschaft bereits vor der Geburt angenommen oder ausgeschlagen werden. Das ist besonders wichtig, wenn das Erbe zum Beispiel hoch verschuldet ist. Es wäre ja ungerecht, wenn ein Kind erst nach der Geburt eine überschuldete Erbschaft ablehnen könnte, während lebende Kinder das sofort können.

Allerdings müssen die Eltern oder ein speziell bestellter Pfleger in diesem Fall genau prüfen, ob die Entscheidung im besten Interesse des Kindes ist. Eine Ausschlagung muss sogar oft vom Familiengericht genehmigt werden, um das ungeborene Kind zu schützen.

Mein Praxistipp: Obwohl eine Erklärung vor der Geburt möglich ist, rate ich Ihnen als Notar, die Annahme oder Ausschlagung vorsichtshalber nach der Geburt des Kindes noch einmal offiziell zu erklären oder diese Erklärungen sogar erst dann abzugeben. Sicher ist sicher!

Der richtige Zeitpunkt für Annahme oder Ausschlagung für bestimmte Erben


Wenn neue Organisationen erben sollen: Zukünftige Rechtsträger

Manchmal soll nicht eine Person, sondern eine Organisation erben, die noch gar nicht richtig existiert, zum Beispiel eine Stiftung, die erst gegründet werden muss. Hier gilt: Die Organisation kann das Erbe erst dann annehmen oder ausschlagen, wenn sie rechtsfähig ist, also offiziell als juristische Person anerkannt wurde. Für eine Stiftung bedeutet das zum Beispiel, dass sie erst nach der offiziellen Anerkennung durch die zuständige Behörde handeln kann.


Wenn das Erbe „belastet“ ist: Der pflichtteilsberechtigte Erbe

Stellen Sie sich vor, Sie sind eigentlich pflichtteilsberechtigt, also Ihnen steht ein Mindestanteil am Erbe zu. Nun erben Sie aber etwas, das mit Auflagen oder Belastungen verbunden ist, zum Beispiel müssen Sie jemandem lebenslanges Wohnrecht einräumen. Sie können das Erbe auch dann ausschlagen, wenn Sie noch nichts von diesen Auflagen wussten. Die Frist für die Ausschlagung beginnt aber erst, wenn Sie über diese Belastungen informiert sind.

Wenn Sie das Erbe aber bereits angenommen haben – selbst ohne Kenntnis der Belastungen – können Sie es später nicht mehr einfach ausschlagen. Dann müssten Sie die Annahme anfechten, was ein komplizierter juristischer Schritt ist.


Wenn das Erbe zu einem späteren Zeitpunkt übergeht: Der Nacherbe

Ein Nacherbe ist jemand, der erst erbt, nachdem eine andere Person – der sogenannte Vorerbe – das Erbe eine Zeit lang genutzt hat. Obwohl der Nacherbe erst später wirklich zum Zug kommt, kann er die Erbschaft bereits mit dem Tod des Erblassers ausschlagen oder annehmen. Die Frist für die Ausschlagung beginnt für den Nacherben aber erst, wenn seine Zeit als Erbe beginnt, also wenn der Vorerbe verstorben ist.


Wenn es zwei Todesfälle gibt: Der Schlusserbe

Der Schlusserbe wird oft in einem gemeinsamen Testament von Ehepartnern eingesetzt. Er erbt erst, wenn der zweite Ehepartner verstirbt. Im Gegensatz zum Nacherben können Sie als Schlusserbe das Erbe erst annehmen oder ausschlagen, wenn der zweite Erbfall eingetreten ist – also wenn auch der länger lebende Partner verstorben ist. Eine Erklärung nach dem Tod des ersten Partners, aber noch zu Lebzeiten des zweiten, ist hier nicht gültig.


Erbschaft unter Vorbehalt: Wenn eine Genehmigung nötig ist

Manchmal muss der Erwerb einer Erbschaft noch von einer staatlichen Stelle genehmigt werden. Auch hier kann die Erbschaft sofort mit dem Erbfall ausgeschlagen werden. Auch die Annahme ist schon möglich, obwohl der Erwerb der Erbschaft noch von dieser Genehmigung abhängt.


Ich hoffe, dieser Überblick hat Ihnen geholfen, die komplexen Regeln rund um die Annahme und Ausschlagung eines Erbes besser zu verstehen. Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen als Ihr Notar gerne zur Seite.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr RA und Notar Krau


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