Die Abwicklung einer Anwaltskanzlei nach dem Tod des Anwalts

Oktober 4, 2025

Die Abwicklung einer Anwaltskanzlei nach dem Tod des Anwalts

Die Abwicklung einer Rechtsanwaltskanzlei, insbesondere nach dem Tod des Anwalts, ist ein komplexer Vorgang, der dem Schutz der Mandanten und der Aufrechterhaltung der Rechtssicherheit dient.

Rolle und Bestellung des Abwicklers

Stirbt ein Rechtsanwalt oder erlischt seine Zulassung aus anderen Gründen (z. B. Widerruf), kann die Rechtsanwaltskammer (RAK) einen sogenannten Abwickler bestellen.

Zuständigkeit:

Die RAK entscheidet nach eigenem Ermessen, ob und wen sie bestellt.

Person:

Zum Abwickler kann nur ein zugelassener Rechtsanwalt oder eine andere Person mit Befähigung zum Richteramt bestellt werden.

Dauer:

Die Bestellung dauert in der Regel maximal ein Jahr, kann aber auf Antrag um ein weiteres Jahr verlängert werden, um noch laufende Angelegenheiten abzuschließen.

Ausnahme:

War der verstorbene Anwalt in einer Sozietät oder einem ähnlichen Verbund tätig, wird von einer Bestellung meist abgesehen, da die Kollegen die Mandate übernehmen können.

Status:

Der Abwickler übernimmt eine öffentlich-rechtliche Pflicht. Er handelt wie ein Treuhänder im Interesse und auf Kosten der Erben (oder des ausgeschiedenen Anwalts). Seine Aufgabe ist es, die Kanzlei ordnungsgemäß und zweckentsprechend zu Ende zu führen.

Durchführung der Abwicklung und Pflichten

Der Abwickler führt die laufenden Aufträge des ehemaligen Anwalts fort und gilt kraft Gesetzes als von den Mandanten bevollmächtigt, bis diese einen neuen Anwalt beauftragen.

Erste Maßnahmen

Nach seiner Bestellung muss der Abwickler sofort handeln:

Sicherung:

Er muss die Kanzleiräume betreten, sich einen Überblick über die tatsächliche und finanzielle Situation verschaffen und alle wichtigen Kanzleigegenstände (Schlüssel, Fristenkalender, Passwörter, Akten) in Besitz nehmen.

Finanzen:

Er muss sofort ein neues Geschäftskonto für die Kanzleigeschäfte und ein Treuhandkonto für die Mandantengelder (Fremdgelder) einrichten, um Missbrauch zu verhindern.

Information:

Mandanten, Gerichte und Vertragspartner müssen umgehend über die Bestellung des Abwicklers informiert werden.

Buchhaltung:

Er ist verpflichtet, eine eigene, anwaltsübliche Buchhaltung zu führen.

Mandate und Akten

Der Abwickler führt die Mandate im Interesse der Rechtspflege und der Mandanten weiter.

Er muss alle Akten auf Fristen und Verjährungen prüfen.

Abgeschlossene Akten sind für fünf Jahre aufzubewahren. Die Kosten und die Verantwortung für die Lagerung der Altakten tragen grundsätzlich die Erben.

Die Abwicklung einer Anwaltskanzlei nach dem Tod des Anwalts

Er darf die für die Abwicklung notwendigen Akten in seine eigenen Kanzleiräume verbringen, um sie vor Eingriffen der Erben zu schützen.

Vergütung und Beziehungen zu Dritten

Der Abwickler hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung und Ersatz seiner Aufwendungen.

Zahlung:

Die Erben des verstorbenen Anwalts sind zur Zahlung verpflichtet und müssen dem Abwickler im Voraus Sicherheit leisten.

Vorschüsse:

Der Abwickler darf Vorschüsse aus den verfügbaren Kanzleigeldern entnehmen.

Haftung der RAK:

Können sich Abwickler und Erben nicht einigen, setzt die RAK die Vergütung fest. Ist die Zahlungsunfähigkeit der Erben nachgewiesen, haftet die RAK wie ein Bürge für die Vergütung (jedoch nicht für den Aufwendungsersatz).

Verhältnis zu Erben und Gläubigern

Erben:

Die Erben dürfen dem Abwickler keine Weisungen erteilen oder seine Amtsführung beeinträchtigen. Der Abwickler muss den Erben Auskunft und Rechenschaft über die Abwicklung erteilen. Die Kosten der Abwicklung zählen zu den Nachlassverbindlichkeiten. Der Abwickler kann seinen Vergütungsanspruch mit den von ihm verwalteten Kanzleiguthaben verrechnen.

Verträge:

Der Abwickler tritt nicht in bestehende Verträge des ehemaligen Anwalts (z. B. Miet- oder Arbeitsverträge) ein. Es wird empfohlen, diese aufzulösen oder neue Verträge abzuschließen.

Insolvenz:

Bei einer Überschuldung des Nachlasses wird ein Insolvenzverwalter bestellt, was zu Zielkonflikten führen kann. Der Abwickler kann zwar seine Rechte (Zugang, Akten, Vergütung) gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend machen und mit den Kanzleiguthaben verrechnen. Er darf jedoch das Mandantengeld (Fremdgeld) nicht mit seinem Vergütungsanspruch verrechnen und muss es an den Insolvenzverwalter herausgeben.

Haftung

Der Abwickler haftet eigenverantwortlich für Fehler, die ihm bei der Abwicklung unterlaufen. Er ist verpflichtet, unverzüglich seine Haftpflichtversicherung über die Bestellung zu informieren. Er haftet auch für Fehler des früheren Anwalts, die er bei seiner Tätigkeit noch hätte korrigieren können.

Abschließende Hinweise

Die Abwicklung erfordert ein hohes Maß an Organisation und Wissen. Hilfreich für die Abwicklertätigkeit sind der „Abwickler-Kompass“ und das „Abwicklerlexikon“ der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), die umfassende Orientierungshilfen bieten.

RA und Notar Krau

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