Die Dauer der Frist zur Ausschlagung des Erbes
Als Rechtsanwalt und Notar Krau weiß ich: Das Thema Erbrecht ist komplex. Gerade wenn es um die Ausschlagung einer Erbschaft geht, tauchen viele Fragen auf. Was passiert, wenn man eine Erbschaft nicht annehmen möchte? Wie lange hat man dafür Zeit? Und gibt es Ausnahmen von diesen Regeln? In diesem Blogbeitrag erkläre ich Ihnen die wichtigsten Punkte verständlich.
Stellen Sie sich vor, Sie erben von einer verstorbenen Person. Das klingt zunächst gut, kann aber auch eine Belastung sein, zum Beispiel wenn die Erbschaft aus Schulden besteht. In diesem Fall haben Sie die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen. Das bedeutet, Sie lehnen das Erbe offiziell ab und haben dann auch nichts mehr damit zu tun – weder mit den Vermögenswerten noch mit den Schulden.
Grundsätzlich haben Sie sechs Wochen Zeit, um zu entscheiden, ob Sie eine Erbschaft annehmen oder ausschlagen möchten. Diese Frist beginnt, sobald Sie erfahren, dass Sie Erbe geworden sind und wer der Erblasser ist. Haben Sie das Testament erst später gefunden oder erfahren Sie erst später von einem Gericht, dass Sie Erbe sind, beginnt die Frist auch erst dann.
Wichtig zu wissen: Diese sechs Wochen sind festgelegt. Sie können weder verlängert noch verkürzt werden. Auch der Erblasser selbst kann hier keine andere Frist bestimmen. Selbst wenn Sie sich mit anderen Erben einigen wollten, die Frist zu ändern, wäre dies rechtlich unwirksam.
Manchmal versuchen Erblasser, die Erbschaft an eine Bedingung zu knüpfen, etwa dass Sie das Erbe innerhalb einer bestimmten Zeit annehmen müssen. Das ist aber keine echte Ausschlagungsfrist. Hier handelt es sich vielmehr um eine Art „Test“, ob Sie das Erbe wollen. Nehmen Sie es nicht innerhalb der gesetzten Frist an, erben Sie einfach nicht.
Es gibt jedoch Situationen, in denen die Frist nicht sechs Wochen, sondern sechs Monate beträgt. Das ist der Fall, wenn:
Auch diese sechsmonatige Frist ist fest und kann nicht verändert werden.
Der Begriff „Ausland“ ist hier weit gefasst. Es geht nicht nur um Länder außerhalb Europas. Es geht vielmehr darum, ob die Kommunikation erschwert ist oder die Ermittlung des Nachlasses länger dauern könnte. Früher zählte zum Beispiel auch die damalige DDR als „Ausland“ aus Sicht der Bundesrepublik. Heute sind damit wirklich Länder gemeint, die außerhalb Deutschlands liegen. Auch ein Aufenthalt auf hoher See zählt dazu, selbst wenn das Schiff unter deutscher Flagge fährt.
Die längere Frist von sechs Monaten gilt nur dann, wenn der Erblasser ausschließlich im Ausland gelebt hat. Hatte er zusätzlich noch einen Wohnsitz in Deutschland, bleibt es bei der Sechs-Wochen-Frist. Es kommt dabei auf den tatsächlichen Wohnsitz an, nicht darauf, wo die Person gemeldet war.
Die sechsmonatige Frist greift auch, wenn Sie als Erbe zu Beginn der Ausschlagungsfrist im Ausland waren. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie dort wohnen oder nur kurzfristig für Urlaub oder eine Geschäftsreise waren – sogar ein Tagesausflug ins grenznahe Ausland kann die Frist auf sechs Monate verlängern! Es kommt allein auf den Aufenthaltsort zum Zeitpunkt des Fristbeginns an. Wenn Sie also zum Beispiel wissen, dass Sie Erbe sind, aber genau in dem Moment, in dem die Frist beginnt, im Ausland sind, haben Sie die längere Frist. Es ist dabei unwichtig, wo Sie Ihren Hauptwohnsitz haben.
Manchmal sind Erben nicht in der Lage, selbst zu entscheiden, oder sie lassen sich vertreten:
Sollte ein Kind oder eine geschäftsunfähige Person zum Zeitpunkt des Erbfalls noch keinen gesetzlichen Vertreter haben und sich diese Person oder ihr späterer Vertreter im Ausland befinden, dann endet die Ausschlagungsfrist nicht vor sechs Monaten, nachdem die Person geschäftsfähig wird oder ein gesetzlicher Vertreter bestellt wurde.
Ich hoffe, diese Erläuterungen helfen Ihnen, das komplexe Thema der Erbschaftsausschlagung besser zu verstehen. Bei weiteren Fragen oder konkreten Anliegen stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt und Notar Krau gerne zur Verfügung.