Die fragwürdige Regelung der Genehmigung betreffend Erwerbsgeschäfte – Aufgezeigt an erbrechtlichen Beispielen

Mai 23, 2025

Die fragwürdige Regelung der Genehmigung betreffend Erwerbsgeschäfte – Aufgezeigt an erbrechtlichen Beispielen

Aufsatz von Prof. Dr. Jürgen Damrau, NJW 2025, 1521

Zusammenfassung von RA und Notar Krau

In seinem Artikel beleuchtet Professor Dr. Jürgen Damrau die problematische Neufassung des § 1852 BGB im Rahmen der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts.

Er kritisiert die Hinzufügung des Begriffs „Verfügung“ in Bezug auf die Genehmigungspflicht für den Erwerb und die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts oder Anteils an einer Gesellschaft, die ein Erwerbsgeschäft betreibt.

Diese Änderung führt, insbesondere bei unentgeltlichem Erwerb und in erbrechtlichen Konstellationen, zu unbeabsichtigten und oft widersinnigen Ergebnissen, die dem eigentlichen Gesetzeszweck – dem Schutz Betreuter vor Haftungsrisiken – zuwiderlaufen.

Die Neuregelung und ihre Schwierigkeiten

Der neue § 1852 Nr. 1 BGB verlangt die Genehmigung des Betreuungsgerichts für Verfügungen oder Verpflichtungen zu solchen, durch die der Betreute ein Erwerbsgeschäft oder Anteile daran erwirbt oder veräußert.

Während die alte Fassung des § 1822 Nr. 3 BGB a.F. lediglich den entgeltlichen Erwerb betraf, wurde das Merkmal „entgeltlich“ gestrichen und die Begriffe „Verpflichtung“ und „Verfügung“ eingefügt.

Dies sollte auch den unentgeltlichen Erwerb, bei dem Haftungsrisiken entstehen können, umfassen. Damrau argumentiert jedoch, dass die Einbeziehung des Begriffs „Verfügung“ weitreichende Probleme schafft.

Erbrechtliche Anwendungsfälle und ihre Tücken

Damrau illustriert die Problematik anhand verschiedener erbrechtlicher Szenarien:

Vermächtnis eines Erwerbsgeschäfts

Erhält ein Betreuter ein Erwerbsgeschäft als Vermächtnis, tritt der Anfall des Vermächtnisses kraft Gesetzes ein (§ 2176 BGB).

Die fragwürdige Regelung der Genehmigung betreffend Erwerbsgeschäfte – Aufgezeigt an erbrechtlichen Beispielen

Eine Genehmigung nach § 1852 Nr. 1 BGB ist hier nicht erforderlich.

Die Annahme des Vermächtnisses, obwohl sie das Ausschlagungsrecht beendet, stellt nach Damrau keine „Verfügung“ dar, da der Betreute dadurch keinen Anspruch gewinnt, sondern lediglich die Geltendmachung des bereits bestehenden Anspruchs ermöglicht wird.

Auch die Erfüllung des Vermächtnisanspruchs, also die Übertragung des Geschäfts auf den Betreuten, erfolgt nicht durch eine Verfügung des Betreuers, sondern durch den veräußernden Teil (die Erbengemeinschaft).

Das Ergebnis ist paradox:

Obwohl der unentgeltliche Erwerb eines Erwerbsgeschäfts potenziell hohe Haftungsrisiken für den Betreuten birgt, wie es der Gesetzgeber beabsichtigte zu kontrollieren,

führt die gewählte Formulierung des § 1852 Nr. 1 BGB dazu, dass in diesen Fällen keine gerichtliche Genehmigungspflicht besteht.

Dies steht im Gegensatz zu anderen Genehmigungstatbeständen wie dem Erwerb von Wohnungs- oder Teileigentum (§ 1850 Nr. 4 und 5 BGB),

wo eine Genehmigung explizit für den Erwerb notwendig ist, ohne den Begriff „Verfügung“ zu verwenden.

Untervermächtnis, das einen Betreuten beschwert

Muss ein betreuter Vermächtnisnehmer ein Untervermächtnis über ein Erwerbsgeschäft erfüllen, indem er es auf den Untervermächtnisnehmer überträgt, liegt eine „Veräußerung“ durch Verfügungen über Einzelgegenstände vor.

Hier ist § 1852 Nr. 1a BGB zwar anwendbar.

Allerdings kritisiert Damrau, dass eine solche Genehmigungspflicht dem Gesetzeszweck widerspricht.

Die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts reduziert gerade die Haftung des Betreuten, anstatt sie zu erhöhen.

Eine gerichtliche Kontrolle wäre hier überflüssig und würde lediglich unnötige Bürokratie und Verzögerungen verursachen.

Auseinandersetzung eines Nachlasses mit Erwerbsgeschäft

Bei der Aufteilung eines Nachlasses, der ein Erwerbsgeschäft umfasst, ist die Situation ebenfalls komplex. Wird das Erwerbsgeschäft einem anderen Miterben zugewiesen,

veräußert der Betreute als Miterbe (als Teil der Gesamthand) seinen Anteil am Geschäft.

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Damrau argumentiert, dass dies als „Verfügung“ im Sinne des § 1852 Nr. 1a BGB verstanden werden kann, da sich die Verfügungsmacht des Miterben ändert.

Auch hier würde die Veräußerung jedoch die Haftung des Betreuten verringern, wodurch der Gesetzeszweck verfehlt wird.

Wird das Erwerbsgeschäft hingegen dem betreuten Miterben zugewiesen, erwirbt dieser das Alleineigentum.

Da die Verfügungen zur Vollziehung des Auseinandersetzungsvertrags vom veräußernden Teil (den anderen Miterben) vorgenommen werden

und nicht vom erwerbenden Betreuten, ist § 1852 Nr. 1a BGB nach Damraus Auslegung nicht anwendbar.

Dies führt erneut zu einem merkwürdigen Ergebnis, da der Erwerb eines Erwerbsgeschäfts die Haftungsrisiken für den Betreuten erhöhen kann.

Testamentsvollstreckung

Auch bei der Auseinandersetzung eines Nachlasses durch einen Testamentsvollstrecker, bei dem ein GmbH-Anteil an einen Betreuten gehen soll, ist § 1852 Nr. 1 BGB in der Regel nicht anwendbar.

Der Testamentsvollstrecker nimmt die Verfügungen vor, nicht der Betreuer.

Die Zustimmung des Betreuten zu einem Auseinandersetzungsplan oder -vertrag begründet keine Verpflichtung oder Verfügung des Betreuers

im Sinne der Norm, wodurch die gerichtliche Kontrolle erneut umgangen wird.

Fazit

Damrau resümiert, dass Verfügungen des Betreuers niemals dazu führen können, dass der Betreute „erwirbt“ im Sinne des § 1852 Nr. 1 BGB.

Eine Verfügung wird nur vom veräußernden Teil vorgenommen.

Bei Veräußerungen, die der Betreute durch seinen Betreuer vornimmt, sollte § 1852 Nr. 1 BGB zweckorientiert einschränkend ausgelegt werden:

Führt die Veräußerung dazu, dass der Betreute von der Haftung befreit wird, entfällt der Grund für eine gerichtliche Genehmigung.

Der „unentgeltliche“ Erwerb und die „unentgeltliche“ Veräußerung werden aufgrund des fehlerhaften Gebrauchs des Begriffs „Verfügung“ in § 1852 Nr. 1 BGB nicht von der Genehmigungspflicht erfasst.

Die fragwürdige Regelung der Genehmigung betreffend Erwerbsgeschäfte – Aufgezeigt an erbrechtlichen Beispielen

Eine analoge Anwendung oder das Ignorieren des Begriffs „Verfügung“ ist aufgrund der klaren Vorgabe des Gesetzgebers, den Wortlaut der Genehmigungsvorschriften zu beachten, nicht zulässig.

Die Neuregelung verfehlt somit in wesentlichen Punkten ihren intendierten Zweck des Schutzes Betreuter vor untragbaren Haftungsrisiken.

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