Die Jastrowsche Klausel im gemeinschaftlichen Testament
Die Jastrowsche Klausel ist eine testamentarische Regelung, die in gemeinschaftlichen Testamenten von Ehegatten oder Lebenspartnern verwendet wird,
um den Nachlass vor Pflichtteilsansprüchen von Kindern zu schützen.
RA und Notar Krau
Sie ist eine Ergänzung zur sogenannten Pflichtteilsstrafklausel, die ein Kind, das den Pflichtteil vom Erstversterbenden verlangt, vom Erbe des Letztversterbenden ausschließt.
Funktionsweise der Jastrowschen Klausel:
Die Jastrowsche Klausel setzt voraus, dass die Eltern sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen und die Kinder als Schlusserben.
Fordert nun ein Kind seinen Pflichtteil vom erstversterbenden Elternteil, so erhalten die anderen Kinder, die ihren Pflichtteil nicht geltend machen, ein Vermächtnis aus dem Nachlass des Erstversterbenden.
Dieses Vermächtnis entspricht der Höhe des Erbteils, den sie bei gesetzlicher Erbfolge und Übernahme der Pflichtteilslast erhalten hätten.
Das Besondere an der Jastrowschen Klausel ist, dass das Vermächtnis zwar mit dem Tod des Erstversterbenden anfällt, aber erst mit dem Tod des Letztversterbenden zur Auszahlung kommt.
Dadurch wird der Nachlass des Erstversterbenden für den Letztversterbenden nicht geschmälert, und das Kind, das den Pflichtteil verlangt hat,
wird auch beim Tod des Letztversterbenden nur auf den Pflichtteil beschränkt.
Beispiel:
Eltern haben zwei Kinder, A und B.
Im Testament setzen sie sich gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmen A und B als Schlusserben.
Zusätzlich fügen sie eine Jastrowsche Klausel hinzu.
- Fall 1: A verlangt den Pflichtteil nach dem Tod des Vaters. B erhält ein Vermächtnis in Höhe seines gesetzlichen Erbteils (1/2), das aber erst beim Tod der Mutter ausgezahlt wird.
- Die Mutter kann über den gesamten Nachlass des Vaters frei verfügen.
- Nach dem Tod der Mutter erhält A nur seinen Pflichtteil (1/4), während B seinen Pflichtteil (1/4) und das Vermächtnis (1/2) erhält.
- Fall 2: Weder A noch B verlangen den Pflichtteil.
- A und B erben nach dem Tod der Mutter jeweils die Hälfte des Nachlasses.
Vorteile der Jastrowschen Klausel:
- Schutz des Nachlasses: Der Nachlass des Erstversterbenden bleibt für den Letztversterbenden in vollem Umfang erhalten.
- Flexibilität für den Letztversterbenden: Der Letztversterbende kann frei über den Nachlass verfügen und ihn beispielsweise für seine Altersvorsorge verwenden.
- Gerechtigkeit zwischen den Kindern: Kinder, die den Pflichtteil nicht verlangen, werden für ihre Rücksichtnahme belohnt.
Nachteile der Jastrowschen Klausel:
- Komplexität: Die Jastrowsche Klausel ist eine komplexe Regelung, die für Laien schwer verständlich sein kann.
- Umgehungsmöglichkeit: Es gibt Möglichkeiten, die Jastrowsche Klausel zu umgehen, beispielsweise durch Schenkungen des Letztversterbenden.
- Erbschaftsteuerliche Folgen: Die Jastrowsche Klausel kann zu einer doppelten Erbschaftsteuerbelastung führen, da das Vermächtnis sowohl beim Tod des Erstversterbenden als auch beim Tod des Letztversterbenden versteuert wird.
Erbschaftsteuerliche Behandlung:
Erbschaftsteuerlich wird das Vermächtnis aus der Jastrowschen Klausel wie eine Nacherbschaft behandelt.
Das bedeutet, dass es erst beim Tod des Letztversterbenden als Erwerb versteuert wird.
Allerdings kann das Vermächtnis nicht als Nachlassverbindlichkeit beim Letztversterbenden abgezogen werden.
Gestaltungsalternativen:
- Pflichtteilsentziehung: Anstelle der Jastrowschen Klausel können die Eltern auch die Pflichtteilsentziehung in Betracht ziehen, wenn ein Kind den Pflichtteil geltend macht.
- Schenkungen: Der Erstversterbende kann bereits zu Lebzeiten Schenkungen an die Kinder machen, um den Nachlass zu reduzieren und so Pflichtteilsansprüche zu minimieren.
- Vertragsgestaltung: Die Eltern können mit den Kindern einen Vertrag schließen, in dem diese auf den Pflichtteil verzichten.
Fazit:
Die Jastrowsche Klausel ist ein komplexes, aber wirksames Instrument, um den Nachlass vor Pflichtteilsansprüchen zu schützen.
Sie bietet dem Letztversterbenden Flexibilität und ermöglicht eine gerechte Verteilung des Erbes unter den Kindern.
Allerdings sollten die erbschaftsteuerlichen Folgen und die Möglichkeit der Umgehung bedacht werden.
Wichtige Hinweise:
- Die Jastrowsche Klausel sollte sorgfältig formuliert werden, um Unklarheiten und Streitigkeiten zu vermeiden.
- Es ist ratsam, sich von einem Notar oder Rechtsanwalt beraten zu lassen, bevor man eine Jastrowsche Klausel in sein Testament aufnimmt.
- Die Jastrowsche Klausel ist nur eine von vielen Möglichkeiten, den Nachlass zu gestalten.
- Es gibt auch andere Regelungen, die je nach den individuellen Umständen sinnvoller sein können.
Zusätzliche Informationen:
- Die Jastrowsche Klausel ist nach dem Juristen Dr. Johannes Jastrow benannt, der diese Regelung in den 1920er Jahren entwickelt hat.
- Die Jastrowsche Klausel ist in der Rechtsprechung anerkannt und wird häufig in Testamenten verwendet.