Die konkludente Annahme der Erbschaft
Als Rechtsanwalt und Notar Krau begegne ich in meiner Praxis oft komplexen juristischen Themen, die für Laien schwer verständlich sind. Ein solches Thema ist die Erbschaftsannahme und insbesondere die Frage, was passiert, wenn man eine Erbschaft eigentlich ausschlagen wollte, es aber zu Problemen kommt. Ich möchte Ihnen heute auf einfache Weise erklären, welche Fallstricke es hier geben kann und wie Sie sicherstellen, dass Ihr Wille auch wirklich zählt.
Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Erbschaft ausgeschlagen – vielleicht, weil Sie dachten, der Nachlass sei überschuldet, oder aus anderen Gründen. Später stellt sich heraus, dass Sie sich geirrt haben, und Sie möchten die Erbschaft nun doch annehmen. Diesen Vorgang nennt man Anfechtung der Ausschlagung.
Um eine bereits erklärte Ausschlagung rückgängig zu machen, müssen Sie dies förmlich tun. Das bedeutet, Sie müssen dem Nachlassgericht – das ist das Amtsgericht, das für den Nachlass zuständig ist – eine schriftliche Erklärung schicken, in der Sie die Anfechtung Ihrer Ausschlagung mitteilen. Diese Erklärung ist vergleichbar mit der ursprünglichen Ausschlagung selbst und muss bestimmte Formvorschriften erfüllen, wie sie im Gesetz (§ 1945 BGB) vorgesehen sind. Nur so wird Ihre Anfechtung wirksam und Sie gelten dann doch als Erbe.
Manchmal wird man auch ohne ausdrückliche Erklärung zum Erben, wenn bestimmte Umstände vorliegen. Das nennen wir Juristen Annahmefiktion. Das klingt kompliziert, ist aber eigentlich ganz logisch: Das Gesetz geht davon aus, dass Sie die Erbschaft angenommen haben, selbst wenn Sie das nicht aktiv erklärt haben.
Ein häufiger Fall ist, wenn Sie eine Erbschaft ausschlagen wollten, Ihre Ausschlagung aber unwirksam war. Das kann passieren, wenn Ihre Erklärung Formfehler hatte (z.B. nicht notariell beglaubigt war, obwohl es nötig gewesen wäre), Sie die Frist für die Ausschlagung verpasst haben oder die Ausschlagung an Bedingungen geknüpft war (was nicht erlaubt ist). Auch wenn Sie die Annahme erklärt haben, diese Erklärung aber unwirksam war, kann die Annahmefiktion eintreten. In solchen Fällen greift das Gesetz ein und sagt: Da Ihre Erklärung nicht gültig war, werden Sie automatisch als Erbe angesehen. Für diese automatische Annahme ist keine besondere Form nötig, da sie direkt durch das Gesetz bewirkt wird.
Es gibt Situationen, in denen Ihr Verhalten so eindeutig ist, dass es als Annahme der Erbschaft gewertet wird, auch wenn Sie nie eine formelle Erklärung abgegeben haben. Juristen sprechen hier von einer schlüssigen Annahmehandlung oder Annahme durch Verwirkung des Ausschlagungsrechts.
Ein klassisches Beispiel, das in meiner Praxis immer wieder vorkommt: Jemand entnimmt nach dem Tod eines Angehörigen wertvolle Gegenstände aus dem Nachlass, bevor er die Erbschaft ausschlägt. Vielleicht hat der Erblasser viele Schulden hinterlassen, aber auch ein paar wertvolle Schmuckstücke. Wenn der vorläufige Erbe diese Schmuckstücke an sich nimmt und dann die Erbschaft ausschlägt, um den Schulden zu entgehen, werten wir dieses Verhalten als schlüssige Annahme der Erbschaft.
Warum ist das so? Weil Sie durch das Entnehmen der Gegenstände zeigen, dass Sie die Erbschaft für sich beanspruchen. Es wäre unfair gegenüber möglichen Gläubigern des Nachlasses, wenn Sie sich die Rosinen herauspicken und den Rest der Verantwortung ablehnen könnten. Das Gesetz sieht hier keine extra Regelung vor, da in solchen Fällen in der Regel bereits eine solche schlüssige Handlung vorliegt, die eine Annahme begründet. Es soll verhindert werden, dass jemand sich auf Kosten anderer bereichert.
Die Welt der Erbschaftsannahme und -ausschlagung kann tückisch sein. Eine kleine Unachtsamkeit oder ein falsch verstandener Schritt kann dazu führen, dass Sie ungewollt zum Erben werden – mit allen Rechten, aber eben auch mit allen Pflichten, wie den Schulden des Erblassers.
Daher mein dringender Rat: Wenn Sie mit einer Erbschaft konfrontiert werden und unsicher sind, wie Sie vorgehen sollen, lassen Sie sich frühzeitig juristisch beraten. Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihr Wille respektiert wird und Sie keine unangenehmen Überraschungen erleben. Als Rechtsanwalt und Notar Krau stehe ich Ihnen hierbei gerne mit Rat und Tat zur Seite.