Die mangelhafte Streitverkündung unterbricht nicht die Verjährung
Die Verjährungsfalle für den Bauträger: Das Bambusparkett-Drama
Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) dreht sich um einen Bauträger, der einen Handwerker für Mängel haftbar machen wollte, aber durch einen Formfehler bei der sogenannten Streitverkündung seinen Anspruch verlor, weil er verjährt war.
Bauträger (Kläger): Errichtet Eigentumswohnungen und beauftragt einen Handwerker mit Parkettarbeiten.
Verlegt im Dezember 2011 in einer Wohnung Bambusparkett (abweichend vom Standard), da der Erwerber dies wünschte.
Kurz nach der Übergabe im Januar 2012 stellt der Erwerber fest, dass das Parkett schrumpft.
Der Bauträger klagt gegen den Erwerber auf Zahlung des restlichen Kaufpreises. Der Erwerber wendet die Mängel, insbesondere am Parkett, ein.
Bauträger und Erwerber einigen sich 2022 in einem Vergleich. Der Bauträger muss dem Erwerber 41.885 Euro wegen der Parkettmängel erlassen.
Der Bauträger will nun diese 41.885 Euro vom Handwerker als Schadensersatz (Regress) zurück.
Die Verjährung: Mängelansprüche bei Bauwerken verjähren in der Regel fünf Jahre nach der Abnahme. Die Abnahme war im Dezember 2011, somit wäre der Anspruch spätestens Ende 2017 verjährt gewesen.
Um die Verjährung zu stoppen, musste der Bauträger den Handwerker frühzeitig in den Vorprozess einbeziehen. Dies geschah am 7. Juli 2015 durch die sogenannte Streitverkündung. Diese soll bewirken, dass die Verjährung für die Dauer des Hauptprozesses gestoppt (gehemmt) wird.
Eine Partei (hier der Bauträger) informiert einen Dritten (hier den Handwerker), dass ein Prozess läuft, dessen Ausgang für ihn von Bedeutung ist, weil er einen Rückgriffsanspruch hat. Der Dritte kann dem Prozess beitreten. Der entscheidende Punkt: Ist die Streitverkündung ordnungsgemäß, stoppt sie die Verjährung des Regressanspruchs.
Die Streitverkündung des Bauträgers vom 2015 war fehlerhaft (mangelhaft) – es fehlte die vorgeschriebene, detaillierte Angabe über den Grund der Streitverkündung und die genaue Lage des Rechtsstreits.
Die Streitverkündung enthielt lediglich: „Sollte sich herausstellen, dass die Kl. die Parkettmängel der Firma M zu verantworten hat, hätte diese einen Regressanspruch gegen die Firma M.“
Der BGH sagt: Das ist zu ungenau. Der Handwerker muss erkennen können, welchen Anspruch der Bauträger genau geltend macht und auf welcher Grundlage.
Die Zustellung der mangelhaften Streitverkündungsschrift stoppte die Verjährung nicht.
Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte angenommen, der Mangel sei nachträglich geheilt worden, weil der Handwerker der Klage beigetreten und den Formfehler später in der Verhandlung nicht gerügt habe (sogenannte „rügelose Einlassung“, § 295 ZPO).
Der BGH widerspricht dem OLG (Kern des Urteils):
Der beigetretene Handwerker ist im Vorprozess nur Streithelfer, nicht Partei. Die Regel zur Heilung (§ 295 ZPO) gilt aber nur für Mängel, die Parteien nicht rügen.
Die mündliche Verhandlung im Vorprozess ist nicht eine Verhandlung, die „aufgrund“ der Streitverkündung stattfindet. Die Frage der Ordnungsmäßigkeit der Streitverkündung wird erst im Regressprozess gegen den Handwerker geprüft, nicht im Prozess gegen den Erwerber.
Der Handwerker hat im Vorprozess keine Veranlassung und keine Möglichkeit, die formelle Richtigkeit der Streitverkündung zu rügen. Er darf im späteren Regressprozess (der zweiten Klage) die Verjährung einwenden.
Weil die mangelhafte Streitverkündung die Verjährung nicht gehemmt hat, war der Regressanspruch des Bauträgers gegen den Handwerker bereits Ende 2017 verjährt. Die Klage des Bauträgers von Oktober 2022 kam daher zu spät und wurde vom BGH abgewiesen. Der Bauträger bleibt auf den 41.885 Euro Schaden sitzen.
Wer die Verjährung durch eine Streitverkündung stoppen will, muss die Formvorschriften (§ 73 ZPO) peinlich genau beachten, sonst droht im späteren Regressprozess die Verjährungsfalle.
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