Die Neuregelung der Gesellschafterversammlung in der Einheits-GmbH & Co KG nach § 170 II HGB nF
Aufsatz von Rechtsanwalt Dr. Christoph Niemeyer und Wiss. Mitarbeiterin Alina Harig, NZG 2023, 1590 ff
Die Neuregelung des § 170 II HGB n.F. im Rahmen des MoPeG hat in Bezug auf die Einheits-GmbH & Co. KG eine bedeutende Änderung in
Bezug auf die Rechte in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH gebracht.
Hier ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
Bisherige Rechtslage und Problemstellung:
Vor der Gesetzesänderung war die Vertretung der KG in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH unklar.
Da die KG durch die GmbH vertreten wird und die GmbH wiederum durch ihre Geschäftsführer, führte dies zu einem Interessenkonflikt,
insbesondere bei Entscheidungen über die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern.
Die Rechtsprechung sah die Vertretung durch die Geschäftsführer als wirksam an, während die Literatur unterschiedliche Lösungsansätze diskutierte.
Mit Inkrafttreten des MoPeG am 1. Januar 2024 wurden die Rechte in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH den Kommanditisten der KG zugesprochen,
sofern die GmbH der einzige persönlich haftende Gesellschafter ist und die KG sämtliche Anteile an ihr hält.
Diese Neuregelung löst den Interessenkonflikt und entspricht der in der Praxis häufig anzutreffenden gesellschaftsvertraglichen Regelung.
Die Regelung ist jedoch dispositiv, sodass abweichende Vereinbarungen möglich sind.
Fragen und Herausforderungen:
§ 170 II HGB n.F. trifft keine ausdrückliche Regelung zur Einberufungsbefugnis.
Grundsätzlich ist der Geschäftsführer gemäß § 49 I GmbHG für die Einberufung zuständig.
Es stellt sich die Frage, ob auch die Kommanditisten ein Recht zur Einberufung haben sollten, insbesondere wenn der Geschäftsführer die Einberufung verweigert.
Die analoge Anwendung des § 50 GmbHG scheidet aus, da Kommanditisten keine unmittelbaren Anteile an der GmbH halten.
Durch Auslegung des § 170 II HGB n.F. kann aber ein Einberufungsrecht für Kommanditisten begründet werden.
Es wird argumentiert, dass die Kommanditisten ein unmittelbares(originäres) Einberufungsrecht haben sollten, und nicht vorerst ein verlangen an den Geschäftsführer stellen müssen.
Außerdem entsteht die Frage, ob für die Einberufung eine bestimmte Beteiligung der Kommanditisten an der KG erforderlich sein sollte.
Es wird dafür plädiert hier analog § 50 I GmbHG eine 10% Beteiligung zu fordern.
Die Kompetenzen des Geschäftsführers müssen möglicherweise im Wege der Auslegung auf die Kommanditisten übertragen werden.
Dies betrifft Fragen wie die Verlegung oder Absage einer Gesellschafterversammlung, die Festlegung der Tagesordnung und den Adressaten für Ergänzungsverlangen.
Es wird argumentiert, das die Befugnis zur Absage einer Gesellschafterversammlung, wie auch die Befugnis zur Festlegung der Tagesordnung,
bei den Kommanditisten liegen muss, wenn diese die Versammlung einberufen haben.
Ein Ergänzungsverlangen gem. § 50 II GmbHG muss weiterhin an die Gesellschaft gerichtet sein.
Die Neuregelung des § 170 II HGB n.F. ist ein wichtiger Schritt zur Klärung der Rechtslage.
Es bleiben jedoch Folgefragen offen, die durch Auslegung oder gesellschaftsvertragliche Regelungen gelöst werden müssen.
Vor allem die Einberufungsbefugnis muss nach Ansicht des Autors dem Gesetzeszweck entsprechend auch den Kommanditisten zustehen.
Diese Zusammenfassung gibt einen Überblick über die wesentlichen Aspekte der Neuregelung und die damit verbundenen Herausforderungen.