Die Stiftung als Erbe
RA und Notar Krau
Stiftungen spielen eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft, indem sie bestimmte Zwecke verfolgen, die von ihrem Gründer, dem Stifter, festgelegt wurden. Viele Menschen möchten einen Teil ihres Vermögens einer Stiftung zukommen lassen, oft sogar erst nach ihrem Tod. Hier stellt sich die Frage: Kann eine Stiftung erben? Und was passiert, wenn die Stiftung zum Zeitpunkt des Todes des Stifters noch gar nicht offiziell gegründet ist?
Eine Stiftung ist im Grunde ein Vermögen, das für einen bestimmten Zweck eingesetzt wird. Das Besondere ist, dass eine Stiftung, um erben zu können, rechtsfähig sein muss. Das bedeutet, sie muss offiziell anerkannt sein, damit sie zum Beispiel ein Konto eröffnen oder Verträge schließen kann.
Stellen Sie sich vor, jemand möchte eine Stiftung gründen und hat dies in seinem Testament festgelegt. Wenn diese Person stirbt, ist die Stiftung aber vielleicht noch gar nicht offiziell als rechtsfähig anerkannt. Trotzdem kann die Stiftung in solchen Fällen erben.
Das Gesetz, genauer gesagt der Paragraph 84 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), macht es möglich: Eine Stiftung, die erst nach dem Tod des Stifters offiziell anerkannt wird, gilt für das Erbe so, als ob sie schon vor dem Tod des Stifters existiert hätte. Das bedeutet, die Stiftung kann das Vermögen direkt vom Stifter erben.
Das gilt übrigens auch für ausländische Stiftungen, solange sie in ihrem Heimatland rechtsfähig sind.
Der Wunsch, eine Stiftung zu gründen, kann auch in einem Testament oder einem Erbvertrag festgehalten werden. Das nennt man dann ein Stiftungsgeschäft. Dabei muss die Form des Testaments (z.B. eigenhändig geschrieben und unterschrieben oder notariell beurkundet) eingehalten werden.
Was passiert, wenn die Details der Stiftung, also die sogenannte Satzung, im Testament noch nicht ganz vollständig sind? Das Gesetz lässt hier Spielraum zu. Fehler können nach dem Tod des Stifters behoben werden, solange der Wille des Stifters und der Zweck der Stiftung aus dem Testament erkennbar sind. Die eigentliche Satzung der Stiftung muss also nicht zwingend eigenhändig im Testament stehen, wenn klar ist, was der Stifter wollte.
Im Jahr 2021 gab es eine Reform des Stiftungsrechts, die am 1. Juli 2023 in Kraft getreten ist. Für die Erbfähigkeit von Stiftungen gab es dabei keine grundlegenden Änderungen. Die Prinzipien, die wir oben beschrieben haben, bleiben bestehen.
Das neue Gesetz stellt nun noch klarer dar, dass eine Stiftung, die erst nach dem Tod des Stifters anerkannt wird, die Zuwendungen des Stifters erben kann (§ 80 Abs. 2 S. 2 nF). Auch die Möglichkeit, dass das Stiftungsgeschäft in einem Testament enthalten ist, wurde deutlicher festgeschrieben (§ 81 Abs. 3 nF).
Eine wichtige Neuerung ist, dass die Behörde, die die Stiftung anerkennt, auch nach dem Tod des Stifters das Stiftungsgeschäft ergänzen darf, wenn nötig. Dabei muss sie sich aber am ursprünglichen oder mutmaßlichen Willen des Stifters orientieren (§ 81 Abs. 4 nF).
Solange die Stiftung noch nicht anerkannt ist, kann der Stifter sein Stiftungsgeschäft widerrufen. Hat der Stifter aber schon den Antrag auf Anerkennung gestellt oder einen Notar damit beauftragt, können die Erben des Stifters das Stiftungsgeschäft nicht mehr rückgängig machen (§ 81a nF).
Ab dem 1. Januar 2026 wird es zudem ein neues Stiftungsregister geben, das für mehr Transparenz sorgen soll.
Es gibt auch sogenannte unselbständige Stiftungen. Diese sind keine eigenständigen Rechtspersönlichkeiten, sondern meist einem anderen Rechtsträger (z.B. einer Bank oder einer anderen Stiftung) angegliedert.
Eine unselbständige Stiftung kann nicht selbst erben. Wenn ein Erblasser eine unselbständige Stiftung als Erben einsetzt, wird stattdessen der Rechtsträger, dem die unselbständige Stiftung angehört, zum Erben. Man muss das Testament also nicht umständlich auslegen, um dies herauszufinden.
Wer eine Stiftung gründen und sie in seinem Testament bedenken möchte, hat gute Möglichkeiten, dies auch umzusetzen. Das Gesetz sorgt dafür, dass der Wille des Stifters auch dann erfüllt werden kann, wenn die Stiftung zum Zeitpunkt seines Todes noch nicht vollständig eingerichtet ist. Das ist eine wichtige Regelung, um die Gründung und den Zweck von Stiftungen zu fördern.