Die transmortale Vorsorgevollmacht nach dem Tod des Vollmachtgebers in Kollision mit der Testamentsvollstreckung
Basierend auf:
Werner „Zum Verhältnis von trans- und postmortalen Vollmachten und Testamentsvollstreckung – zugleich Anmerkung zu BGH Beschl. v. 14.9.2022 – IV ZB 34/21“ – ErbR 2023, 13
RA und Notar Krau
Nach der Schaffung der Betreuung wurde dieses Rechtsinstitut sehr häufig in Anspruch genommen.
Der Staat war alsbald nicht mehr in der Lage, die Kosten der Betreuung zu schultern, insbesondere die Kosten von Berufsbetreuern und die Kosten der Betreuungsgerichte.
Seit der Jahrtausendwende wird daher die Vorsorgevollmacht als Alternative zur Betreuung propagiert.
Die Aufgaben sollen in die Familie verlagert werden.
Der Staat und die Gerichte sollen möglichst außen vor bleiben.
Auch das Institut der Vorsorgevollmacht wurde von der Bevölkerung gut angenommen.
Aus verschiedenen Gründen werden Vorsorgevollmachten in der Regel transmortal gestaltet, d. h., sie gelten über den Tod hinaus.
Das hat verschiedene Vorteile:
Es muss nicht auf die Eröffnung des notariellen Testamentes oder die Erteilung eines Erbscheines gewartet werden.
Der Vollmachtnehmer bleibt auch nach dem Tod des Vollmachtgebers handlungsfähig.
In vielen Fällen kann damit sogar der zeitraubende und kostenträchtige Prozess der Beantragung eines Erbscheines vermieden werden.
Es gibt jedoch Kollisionen zwischen der transmortalen Vorsorgevollmacht und einer angeordneten Testamentsvollstreckung.
Diesem Thema widmen wir uns hier:
Dr. Rüdiger Werners Artikel
„Zum Verhältnis von trans- und postmortalen Vollmachten und Testamentsvollstreckung
– zugleich Anmerkung zu BGH Beschl. v. 14.9.2022 – IV ZB 34/21“
in der Zeitschrift ErbR 2023, 13
behandelt die rechtlichen Verhältnisse und Konflikte, die sich aus der gleichzeitigen Existenz von trans- oder postmortalen Vollmachten und der Anordnung einer Testamentsvollstreckung ergeben.
Diese Thematik ist besonders relevant, wenn der Testamentsvollstrecker und der Bevollmächtigte unterschiedliche Personen sind.
Die zentrale Frage ist, wie die Kompetenzen dieser beiden Instanzen zueinander stehen und ob es zu Kompetenzüberschneidungen oder Konflikten kommen kann.
Trans- und postmortale Vollmachten dienen dazu, die Handlungsfähigkeit des Nachlasses unmittelbar nach dem Tod des Erblassers sicherzustellen.
Während transmortale Vollmachten bereits zu Lebzeiten des Erblassers gültig sind und über dessen Tod hinaus fortwirken, treten postmortale Vollmachten erst mit dem Tod des Erblassers in Kraft.
Beide Arten von Vollmachten erlauben es dem Bevollmächtigten, im Interesse des Erblassers oder seiner Erben zu handeln, ohne auf eine Genehmigung des Erben oder eines Familiengerichts angewiesen zu sein.
Wird eine Testamentsvollstreckung angeordnet, ist es dem Testamentsvollstrecker zunächst nicht möglich, unmittelbar nach dem Tod
des Erblassers tätig zu werden, da er erst das Amt annehmen und ein Testamentsvollstreckerzeugnis erlangen muss.
Während dieser Zeit können trans- oder postmortale Vollmachten die notwendige Handlungsfähigkeit des Nachlasses gewährleisten.
Jedoch entsteht das Problem, dass der Bevollmächtigte und der Testamentsvollstrecker, insbesondere wenn es sich um verschiedene Personen handelt, möglicherweise konkurrierende Befugnisse haben.
Der o.g. Artikel von Werner geht auf die unterschiedlichen Auffassungen in der juristischen Literatur ein.
Eine herrschende Meinung vertritt die Ansicht, dass Vollmacht und Testamentsvollstreckung unabhängig voneinander bestehen können
und der Bevollmächtigte seine Befugnisse direkt vom Erblasser und nicht vom Erben ableitet.
Eine andere Auffassung meint, dass die Verfügungsmacht des Bevollmächtigten der des Erben untergeordnet sei und daher durch die Testamentsvollstreckung beschränkt werde.
Eine dritte Position sieht den vom Erblasser Bevollmächtigten grundsätzlich als Bevollmächtigten des Erben nach dem Erbfall an,
wodurch dessen Befugnisse ebenfalls durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung eingeschränkt wären.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Beschluss IV ZB 34/21 klargestellt, dass das Verhältnis von Testamentsvollstreckung
und Vollmacht im Einzelfall durch Auslegung der betreffenden Dokumente zu bestimmen ist.
Dabei müssen der Wille des Erblassers, der Wortlaut der Urkunden sowie die Begleitumstände berücksichtigt werden.
Der BGH bestätigte, dass eine postmortale Vollmacht selbstständig neben der Testamentsvollstreckung bestehen kann
und dem Bevollmächtigten eigenständige Befugnisse verleiht, sofern dies dem Willen des Erblassers entspricht.
In dem entschiedenen Fall kam das Gericht jedoch zu dem Schluss, dass die Vollmacht im inneren Zusammenhang
mit den Aufgaben der Testamentsvollstreckerin erteilt wurde und somit keine darüber hinausgehenden Befugnisse enthielt.