Die Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel
LG Neuruppin Urteil vom 30.10.2024 – 4 S 30/24
Dieses Urteil des Landgerichts Neuruppin befasst sich mit einer zentralen Frage im Mietrecht: Muss der Mieter die sogenannten Schönheitsreparaturen durchführen?
Grundsätzlich ist der Vermieter dafür verantwortlich, die Wohnung instand zu halten und zu reparieren (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB). In fast allen Mietverträgen wird diese Pflicht jedoch per Vertragsklausel auf den Mieter übertragen. Solche Übertragungsklauseln sind nur wirksam, wenn sie den Mieter nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB). Geschieht dies, ist die Klausel unwirksam, und der Vermieter bleibt in der Pflicht.
Der vorliegende Fall zeigt, dass bereits kleine, unklare Formulierungen in diesen Standardklauseln zur vollständigen Unwirksamkeit führen können.
In dem zugrunde liegenden Mietvertrag war der Mieter dazu verpflichtet, die Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen. Die Klausel im Vertrag zählte auf, was genau unter Schönheitsreparaturen fällt. Darin hieß es, diese umfassen:
„…das Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen.“
Der Gesetzgeber hat in der II. Berechnungsverordnung (§ 28 Abs. 4) genau definiert, was Schönheitsreparaturen sind. Danach dürfen Mieter an Fenstern und Außentüren nur zum Streichen verpflichtet werden, wenn es sich um Arbeiten von innen handelt. Das Streichen von außen ist immer Sache des Vermieters.
Das Problem der vertraglichen Formulierung: Das Landgericht Neuruppin sah in der obigen Formulierung eine Gefahr der unangemessenen Benachteiligung des Mieters.
Die entscheidende Unklarheit lag in der Position der Worte „von innen“. Da dieser Zusatz ganz am Ende der Aufzählung stand, konnte ein Mieter nach Ansicht des Gerichts berechtigterweise annehmen, er beziehe sich nur auf die unmittelbar davor genannten „Außentüren“, nicht aber auch auf die weiter vorne aufgeführten „Fenster“.
Bei unklaren Formulierungen in vorformulierten Verträgen (sogenannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen) gilt im Mietrecht die wichtigste Regel: Die Klausel wird immer so ausgelegt, wie sie für den Mieter am ungünstigsten ist (§ 305c Abs. 2 BGB). Man spricht von der kundenfeindlichsten Auslegung.
Die für den Mieter ungünstigste Auslegung war hier: Die Fenster müssen auch von außen gestrichen werden, da der Zusatz „von innen“ nur für die Außentüren gilt.
Da das Streichen von Fenstern von außen (Außenanstrich) nicht zu den gesetzlich erlaubten Schönheitsreparaturen gehört, überträgt die Klausel dem Mieter eine Pflicht, die über das zulässige Maß hinausgeht.
Weil die Klausel dem Mieter dadurch eine unzulässige zusätzliche Last aufbürdet, wird er unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 BGB).
Das Gericht darf eine solche fehlerhafte Klausel nicht einfach auf den zulässigen Teil reduzieren – also den unzulässigen Teil („Fenster von außen“) streichen und den Rest beibehalten. Dies wäre eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion.
Die gesamte Schönheitsreparaturklausel im Vertrag ist unwirksam.
Aufgrund dieser Unwirksamkeit der Klausel bleibt die Pflicht zur Durchführung sämtlicher Schönheitsreparaturen (Streichen, Tapezieren etc.) beim Vermieter. Der Mieter musste die Reparaturen bei seinem Auszug nicht durchführen.
Dieses Urteil zeigt, wie eng die rechtlichen Anforderungen an Standard-Mietvertragsklauseln sind. Formulierungen müssen glasklar erkennen lassen, dass der Mieter Fenster und Außentüren eindeutig und ausschließlich nur von innen zu streichen hat. Andernfalls riskiert der Vermieter, dass die gesamte Übertragung der Schönheitsreparaturen fehlschlägt und er selbst dafür aufkommen muss.
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