Die Voraussetzungen einer Gewerbeuntersagung in Deutschland
Eine Gewerbeuntersagung in Deutschland ist eine schwerwiegende Maßnahme der zuständigen Behörde (meist das Gewerbeamt oder Ordnungsamt), die einem Gewerbetreibenden verbietet, seine aktuelle oder jede gewerbliche Tätigkeit weiterhin auszuüben. Sie stellt einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit dar und ist daher an strenge gesetzliche Vorgaben gebunden. Die zentrale Rechtsgrundlage hierfür ist § 35 der Gewerbeordnung (GewO).
Der Dreh- und Angelpunkt für eine Gewerbeuntersagung ist die Feststellung der sogenannten gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden.
Unzuverlässigkeit bedeutet nicht einfach nur, dass jemand unpünktlich oder vergesslich ist. Im gewerberechtlichen Sinne liegt sie vor, wenn der Gewerbetreibende nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß auszuüben. Es geht also um eine negative Zukunftsprognose.
Die Behörde muss dafür konkrete Tatsachen feststellen, die diese Annahme rechtfertigen. Diese Tatsachen müssen einen Bezug zur Gewerbeausübung haben oder sich auf diese auswirken.
Die häufigsten Gründe für die Annahme einer Unzuverlässigkeit sind oft finanzieller Natur und deuten auf einen Mangel an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und/oder Zahlungswillen hin:
Dazu zählen erhebliche und wiederholte Rückstände bei der Zahlung von Umsatzsteuer, Lohnsteuer oder Gewerbesteuer.
Dies betrifft vor allem das Zurückhalten und Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen für Angestellte (Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung). Das ist besonders schwerwiegend, da es sich um die Beiträge der Arbeitnehmer handelt.
Auch die Nichtentrichtung von beispielsweise IHK-Beiträgen oder anderen öffentlichen Gebühren kann relevant sein.
Die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit – also die Tatsache, dass das Unternehmen seine fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann – begründet in der Regel die Unzuverlässigkeit. Dies wird oft durch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (früher: Offenbarungseid) oder die Eröffnung bzw. das Scheitern eines Insolvenzverfahrens sichtbar. Wichtig: Die Insolvenz allein ist nicht immer sofort ein Untersagungsgrund, aber sie ist ein sehr starkes Indiz für mangelnde Leistungsfähigkeit.
Unzuverlässigkeit kann auch durch nicht-finanzielle Verfehlungen begründet werden, die ein Mangel an beruflichem Verantwortungsbewusstsein zeigen:
Wenn ein Gewerbetreibender Straftaten (z.B. Betrug, Untreue, Insolvenzstraftaten) oder erhebliche Ordnungswidrigkeiten begeht, die in Zusammenhang mit dem Gewerbe stehen oder sich negativ auf dessen ordnungsgemäße Führung auswirken.
Der Einsatz von Schwarzarbeitern oder die Beschäftigung von Arbeitnehmern ohne gültige Genehmigungen.
Im Gastronomiebereich beispielsweise erhebliche Mängel bei der Lebensmittelhygiene oder im Baugewerbe wiederholte und grobe Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften. Solche Verstöße können die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden.
Ignorieren von behördlichen Anordnungen oder Anfragen im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung.
Bevor eine Gewerbeuntersagung tatsächlich erlassen wird, muss die Behörde ein förmliches Verwaltungsverfahren durchführen und weitere Voraussetzungen prüfen:
In der Regel das Gewerbe- oder Ordnungsamt am Hauptsitz des Gewerbes.
Der Gewerbetreibende muss zwingend die Möglichkeit erhalten, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Er wird schriftlich über die Einleitung des Verfahrens informiert (Anhörungsschreiben) und aufgefordert, Stellung zu nehmen, Beweise vorzulegen oder Sanierungsmaßnahmen darzulegen. Dies ist ein entscheidender Punkt im Verfahren, um die Untersagung noch abzuwenden.
Die Untersagung muss als verhältnismäßig angesehen werden. Das bedeutet:
Sie muss zur Abwehr der Gefahren für die Allgemeinheit oder die im Betrieb beschäftigten Personen notwendig sein.
Die Gewerbeuntersagung ist ein letztes Mittel (Ultima Ratio). Wenn mildere Maßnahmen, wie eine Teiluntersagung (z.B. nur für bestimmte Tätigkeiten oder das Verbot, Personal zu beschäftigen) oder eine Aufforderung zur Mängelbehebung ausreichen, muss die Behörde diese vorziehen.
Die Behörde muss das Interesse der Allgemeinheit am Schutz vor unzuverlässigen Gewerbetreibenden gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit des Betroffenen abwägen.
Die Untersagung muss zum Schutz der Allgemeinheit (z.B. vor Betrug, Gesundheitsgefährdung) oder der im Betrieb beschäftigten Angestellten (z.B. vor dem Verlust ihrer Sozialversicherungsbeiträge) erforderlich sein.
Die Gewerbeuntersagung ist in der Regel unbefristet und gilt für das gesamte Bundesgebiet. Der Betroffene muss die untersagte Tätigkeit unverzüglich einstellen. Ein Verstoß ist strafbar.
Eine Gewerbeuntersagung ist kein lebenslanges Berufsverbot. Nach frühestens einem Jahr kann der Betroffene einen Antrag auf Wiedergestattung stellen. Voraussetzung ist eine positive Zukunftsprognose: Er muss belegen, dass die Gründe für die damalige Unzuverlässigkeit (z.B. Schulden) beseitigt sind und er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß führen wird. Hierfür ist oft ein nachweislich eingehaltenes Sanierungskonzept und die Tilgung der öffentlichen Schulden notwendig.
Die Gewerbeuntersagung ist die Konsequenz der behördlichen Feststellung, dass ein Gewerbetreibender aufgrund konkreter, gravierender Verfehlungen – meist im finanziellen Bereich oder durch Straftaten/Ordnungswidrigkeiten mit Gewerbebezug – nicht mehr zuverlässig ist und die Fortführung des Gewerbes eine Gefahr für die Allgemeinheit oder die Angestellten darstellt.
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