Echtheit eines Testaments § 2247 I BGB – OLG Rostock 3 W 128/19

Oktober 20, 2023

Echtheit eines Testaments § 2247 I BGB – OLG Rostock 3 W 128/19 – Beschluss vom 22.03.2022 – Anforderungen an die Feststellung

Zusammenfassung von RA und Notar Krau

In dem vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob ein Testament, das nach dem Tod des Erblassers vorgelegt wurde,

wirklich von diesem eigenhändig verfasst wurde, wie es § 2247 Abs. 1 BGB für die Gültigkeit eines handschriftlichen Testaments verlangt.

Dieser Paragraph legt fest, dass ein wirksames Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein muss.

Das Gericht muss bei der Prüfung der Echtheit eines Testaments zur Überzeugung gelangen, dass es den formalen Anforderungen entspricht.

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

Der Erblasser verstarb am 4. April 2016, seine Frau war bereits im Jahr 2015 verstorben.

Der Erblasser hinterließ zwei Söhne: den Beteiligten zu 1), der gesetzlicher Erbe ist, und den vorverstorbenen Sohn, der keine Nachkommen hatte.

Echtheit eines Testaments § 2247 I BGB – OLG Rostock 3 W 128/19

Der Beteiligte zu 1) beantragte einen Erbschein, der ihn als Alleinerben auswies.

Einige Zeit später legte der Beteiligte zu 2) ein Testament vor, das den Beteiligten zu 2) als testamentarischen Alleinerben benannte.

Das Testament wurde am 11. Juli 2016 eröffnet, woraufhin das Amtsgericht Rostock den Erbschein des Beteiligten zu 1) einzog.

Der Beteiligte zu 1) bestritt die Echtheit des Testaments und führte an, der Erblasser habe ihm gegenüber wiederholt gesagt,

kein Testament errichtet zu haben, da der Beteiligte zu 1) ohnehin der gesetzliche Erbe sei.

Der Beteiligte zu 1) legte handschriftliche Vergleichsproben des Erblassers vor, die belegen sollten, dass das Testament nicht von ihm stammt.

II. Entscheidung des Gerichts

Das Oberlandesgericht Rostock musste nun in zweiter Instanz darüber entscheiden, ob das Testament vom Erblasser eigenhändig verfasst wurde.

Nach einer umfassenden Beweisaufnahme, bei der Zeugen angehört und ein schriftliches Gutachten sowie ein Ergänzungsgutachten erstellt wurden,

kam das Gericht zu dem Schluss, dass das Testament mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht vom Erblasser selbst stammt.

Echtheit eines Testaments § 2247 I BGB – OLG Rostock 3 W 128/19

Daher wurde dem Antrag des Beteiligten zu 2) auf Ausstellung eines Erbscheins nicht stattgegeben, und der Erbschein für den Beteiligten zu 1) blieb bestehen.

III. Beweislage und Gutachten

Die Beweisaufnahme ergab, dass der Erblasser in den letzten Monaten vor seinem Tod motorische Schwierigkeiten hatte, insbesondere seine rechte Hand nur eingeschränkt bewegen konnte.

Zeugen bestätigten, dass der Erblasser oft andere bat, für ihn zu schreiben.

Die Handschrift des Testaments wies jedoch keine motorischen Einschränkungen auf und wurde flüssig und ohne Unterbrechungen geschrieben, was Zweifel an der Echtheit des Testaments aufwarf.

Die Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass sowohl der Text als auch die Unterschrift des Testaments nicht vom Erblasser stammen.

Sie stellte fest, dass das Schriftbild nicht zu den anderen handschriftlichen Proben des Erblassers passte, die vor dem Gericht als Vergleichsmaterial vorlagen.

IV. Zweifel an der Testierfähigkeit und den Umständen des Testaments

Die Zeugenaussagen verstärkten die Zweifel an der Echtheit des Testaments. Mehrere Zeugen, darunter enge Freunde des Erblassers, sagten aus, dass der Erblasser körperlich nicht in der Lage gewesen sei, das Testament selbst zu verfassen.

Echtheit eines Testaments § 2247 I BGB – OLG Rostock 3 W 128/19

Zudem hatte der Erblasser mehrfach geäußert, dass er kein Testament errichten wolle, da der Beteiligte zu 1) ohnehin sein Alleinerbe sei.

Das Verhältnis des Erblassers zum Beteiligten zu 2) wurde als nicht besonders eng beschrieben, was den Verdacht aufkommen ließ, dass das Testament möglicherweise manipuliert wurde, um den Beteiligten zu 2) zu bevorzugen.

Besonders auffällig war, dass das Testament und Kfz-Papiere des Erblassers angeblich zusammen in einem Umschlag im Briefkasten des Beteiligten zu 2) gefunden wurden.

Es war jedoch unklar, wann und wie diese Dokumente in den Briefkasten gelangten, was die Glaubwürdigkeit des Beteiligten zu 2) weiter in Frage stellte.

V. Entscheidung und Begründung

Das Gericht entschied letztlich, dass es nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt werden konnte, dass das Testament echt war.

Es war auch nicht plausibel, dass der Erblasser, der nachweislich Schwierigkeiten mit seiner Schreibfähigkeit hatte, den Text des Testaments flüssig und ohne Unterbrechung hätte schreiben können.

Der Nachweis einer handschriftlichen Verfassung durch den Erblasser konnte nicht erbracht werden, und die vorliegenden Beweise deuteten eher auf eine Fremdhandschrift hin.

Die Zweifel an der Echtheit des Testaments wurden durch das Gutachten, die Zeugenaussagen und die Umstände des Auffindens des Testaments verstärkt.

Da der Beteiligte zu 2) die Beweislast trug, konnte sein Antrag auf Ausstellung eines Erbscheins nicht erfolgreich sein.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen die Entscheidung des Amtsgerichts wurde daher zurückgewiesen, und die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden ihm auferlegt.

VI. Fazit

Das Urteil des Oberlandesgerichts Rostock betont die hohen Anforderungen an die Feststellung der Echtheit eines Testaments gemäß § 2247 Abs. 1 BGB.

In Fällen, in denen die Echtheit eines Testaments angezweifelt wird, müssen alle Beweise sorgfältig geprüft werden,

und es obliegt demjenigen, der sich auf das Testament beruft, die Echtheit zweifelsfrei nachzuweisen.

In diesem Fall konnte der Beteiligte zu 2) diesen Nachweis nicht erbringen, weshalb das Testament als unwirksam angesehen wurde.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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