Ehegattentestament Anfechtung wechselbezüglicher Verfügungen durch Dritten

August 14, 2017

Ehegattentestament Anfechtung wechselbezüglicher Verfügungen durch Dritten wegen Motivirrtums

OLG Stuttgart 19 U 134/14

RA und Notar Krau

Die Eltern der Parteien hatten in einem gemeinschaftlichen Testament die Klägerin als Alleinerbin eingesetzt und die Beklagte enterbt.

Nach dem Tod der Mutter focht die Beklagte das Testament wegen Motivirrtums an.

Das Landgericht gab der Klage der Klägerin auf Feststellung ihrer Alleinerbenstellung statt.

Entscheidung des OLG Stuttgart:

Das OLG Stuttgart wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts.

Begründung:

Ehegattentestament Anfechtung wechselbezüglicher Verfügungen durch Dritten

  1. Wirksames Testament:
  • Die Eltern hatten ein wirksames gemeinschaftliches Testament errichtet.
  • Die Verfügungen waren wechselbezüglich, d.h. sie waren voneinander abhängig und sollten gemeinsam gelten.
  1. Kein Widerruf:
  • Die Eltern hatten das Testament weder gemeinsam noch einseitig widerrufen.
  • Der Vater hatte zwar ein Einzeltestament errichtet, dies enthielt aber keinen ausdrücklichen Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments.
  1. Keine Anfechtung durch die Mutter:
  • Die Mutter hatte das Testament nach dem Tod des Vaters nicht wirksam angefochten.
  • Sie hätte die Anfechtung innerhalb eines Jahres nach dem Tod des Vaters schriftlich beim Nachlassgericht erklären müssen.
  • Die bloße Abgabe des Einzeltestaments des Vaters beim Nachlassgericht stellt keine Anfechtung dar.
  1. Keine Anfechtung durch die Beklagte:
  • Die Beklagte konnte das Testament ebenfalls nicht wirksam anfechten.
  • Die Anfechtung der wechselbezüglichen Verfügung der Mutter war ausgeschlossen, da die Mutter das Recht zur Anfechtung bereits verloren hatte.
  • Die Anfechtung der wechselbezüglichen Verfügung des Vaters war ebenfalls ausgeschlossen, da eine analoge Anwendung des § 2285 BGB auch für die Anfechtung durch Dritte gilt.

Ehegattentestament Anfechtung wechselbezüglicher Verfügungen durch Dritten

  1. Analoge Anwendung des § 2285 BGB:
  • Nach § 2285 BGB kann ein Erbvertrag nicht angefochten werden, wenn der Erblasser das Recht zur Anfechtung verloren hat.
  • Diese Regelung ist analog auf die Anfechtung wechselbezüglicher Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament anzuwenden.
  • Dies gilt auch für die Anfechtung durch Dritte.
  • Im vorliegenden Fall hätte die Mutter das Testament nach dem Tod des Vaters anfechten können, dies aber nicht getan.
  • Daher war auch die Anfechtung durch die Beklagte ausgeschlossen.

Fazit:

Das OLG Stuttgart entschied, dass die Anfechtung des gemeinschaftlichen Testaments durch die Beklagte ausgeschlossen war.

Die Entscheidung verdeutlicht die Besonderheiten der Anfechtung von Ehegattentestamenten und die analoge Anwendung des § 2285 BGB.

Zusätzliche Hinweise:

  • Die Entscheidung des OLG Stuttgart stellt klar, dass die analoge Anwendung des § 2285 BGB auch für die Anfechtung durch Dritte gilt.
  • Die Entscheidung zeigt, dass die Anfechtung eines Ehegattentestaments nach dem Tod eines Ehegatten eingeschränkt ist.
  • Die Entscheidung betont die Bedeutung des Widerrufsrechts und der Anfechtungsfrist bei Ehegattentestamenten.
RA und Notar Krau

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