Eigenbedarf einer Gesellschaft als Vermieterin
Die Rechtslage für die Kündigung wegen Eigenbedarfs durch eine vermietende Gesellschaft hat sich durch die Reform des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) zum 1. Januar 2024 maßgeblich geändert.
Seit dem 1. Januar 2024 kann eine rechtsfähige Gesellschaft (z.B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR – die am Rechtsverkehr teilnimmt) keine Eigenbedarfskündigung mehr aussprechen.
Dies gilt weder für einen eigenen Bedarf der Gesellschaft selbst
noch für den Wohnbedarf eines ihrer Gesellschafter
noch für den Wohnbedarf von Angehörigen eines Gesellschafters.
Diese neue Rechtslage betrifft alle Kündigungen, die nach dem 31. Dezember 2023 Wirkung entfalten sollen.
Die Urteile des AG Mitte (vom 28.10.2024) und des AG Wedding (vom 09.01.2025) bestätigen diese Rechtsauffassung und wiesen die Klagen der vermietenden GbRs ab.
Eine GbR kündigte ihren langjährigen Mietern wegen Eigenbedarfs für die Tochter einer Gesellschafterin. Die Mieter widersprachen unter Berufung auf gesundheitliche Probleme und eine unzumutbare Härte.
Das Gericht entschied, dass die Kündigung unwirksam ist. Es stützte sich auf die Neuregelung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) durch das MoPeG, die seit 01.01.2024 in Kraft ist.
Die GbR ist nun eine rechtsfähige Gesellschaft (§ 705 Abs. 2 n.F. BGB). Durch die Reform ist die GbR in ihrer Struktur und Rechtsstellung stärker von ihren Gesellschaftern verselbstständigt und ähnelt mehr einer Kapitalgesellschaft. Damit entfällt die bisherige, vom Bundesgerichtshof (BGH) angewandte analoge Anwendung des Kündigungsrechts wegen Eigenbedarfs. Eine Gesellschaft kann keinen Wohnbedarf für sich oder ihre Gesellschafter beanspruchen.
Dieses Urteil kam zu demselben Ergebnis in einem Fall, in dem eine GbR wegen des Bedarfs der Schwiegermutter einer Gesellschafterin kündigte. Es bekräftigte, dass die bisherige BGH-Rechtsprechung zur Eigenbedarfskündigung durch eine GbR für ihre Gesellschafter seit Inkrafttreten des MoPeG nicht mehr anwendbar ist.
Vor dem 01.01.2024 konnte eine GbR (analog zu einer Erbengemeinschaft oder Miteigentümergemeinschaft) noch für ihre Gesellschafter oder deren Angehörige kündigen. Der BGH schloss damals eine Gesetzeslücke, da die GbR als „teilrechtsfähig“ noch eng mit ihren Mitgliedern verbunden war.
Mit dem MoPeG wird die rechtsfähige GbR stärker als eigenständiges Rechtssubjekt betrachtet:
Sie kann selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen.
Ihr Gesellschaftsvermögen steht der GbR und nicht mehr den Gesellschaftern zur gesamten Hand zu.
Sie muss bei Eintragung im Grundbuch in das Gesellschaftsregister eingetragen werden, was sie weiter an andere, nicht eigenbedarfsfähige Personengesellschaften annähert.
Der Gesetzgeber hat keine Übergangsregelung geschaffen, um den Eigenbedarf für Gesellschafter beizubehalten. Da die Gesellschaft nunmehr klarer definiert rechtsfähig ist und das Gesellschaftsvermögen verselbstständigt wurde, sah das Gericht keine Lücke mehr, die durch eine analoge Anwendung des Eigenbedarfsrechts geschlossen werden müsste.
Wenn Ihre Wohnung von einer Gesellschaft (wie einer GbR) vermietet wird, kann diese Gesellschaft Ihnen seit 2024 nicht mehr wirksam wegen Eigenbedarfs kündigen, auch wenn ein Gesellschafter oder dessen Angehöriger die Wohnung dringend benötigt. Die Möglichkeit zur Eigenbedarfskündigung besteht nur noch für natürliche Personen (Einzelpersonen) und bestimmte, klar definierte juristische Personen, nicht aber für die nunmehr formalisierten und verselbstständigten rechtsfähigen Gesellschaften.
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