Eigenbedarfskündigung des Wohnraummieters: Hinweispflicht des Vermieters bei Wegfall des Eigenbedarfs

Oktober 10, 2025

Eigenbedarfskündigung des Wohnraummieters: Hinweispflicht des Vermieters bei Wegfall des Eigenbedarfs bis zum Ablauf der Kündigungsfrist; Ersatzfähigkeit von Maklerkosten für den Erwerb einer Eigentumswohnung als Ersatzwohnraum

vorgehend LG Berlin, 18. Juni 2018, Az: 64 S 24/18
vorgehend AG Charlottenburg, 20. Dezember 2017, Az: 234 C 97/17

Hier ist eine Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 9. Dezember 2020 (Az. VIII ZR 238/18) zur Eigenbedarfskündigung

Kernpunkte des Urteils

Dieses Urteil des BGH klärt zwei wichtige Fragen im Zusammenhang mit einer Eigenbedarfskündigung und dem anschließenden Schadensersatzanspruch des Mieters, wenn die Kündigung sich als unberechtigt herausstellt (z.B. weil der Eigenbedarf wegfällt oder nur vorgetäuscht war):

Wann muss der Vermieter den Mieter informieren, wenn der Eigenbedarf wegfällt?

Sind Maklerkosten für den Kauf einer Ersatz-Eigentumswohnung als Schaden ersatzfähig?

Hinweispflicht des Vermieters bei Wegfall des Eigenbedarfs

Die Regelung

Der BGH bestätigt seine ständige Rechtsprechung: Hat ein Vermieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs gekündigt, muss er den Mieter informieren, falls der geltend gemachte Eigenbedarf später wegfällt. Das ist notwendig, um ein „rechtsmissbräuchliches Verhalten“ zu vermeiden, also dass der Vermieter an der Kündigung festhält, obwohl der Grund dafür nicht mehr existiert.

Der zeitliche Rahmen

Der entscheidende Punkt ist der Zeitpunkt, bis zu dem diese Hinweispflicht besteht:

Die Pflicht besteht nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (im vorliegenden Fall: 31. August 2012).

Fällt der Eigenbedarf erst nach diesem Zeitpunkt weg, muss der Vermieter den Mieter nicht mehr informieren.

Diese zeitliche Begrenzung soll Rechtssicherheit für beide Seiten schaffen.

Der Räumungsvergleich

Die Parteien hatten im Laufe des Gerichtsverfahrens einen Vergleich geschlossen, in dem der Mieter einem späteren Auszugstermin (Ende Februar 2016) zugestimmt hatte.

Das Landgericht (Vorinstanz) war der Meinung, die Hinweispflicht müsse sich bis zu diesem späteren Auszugstermin erstrecken.

Der BGH widerspricht:

Die Vereinbarung eines späteren Auszugstermins im Vergleich ändert grundsätzlich nichts an der Beendigung des Mietverhältnisses durch die Kündigung.

Daher bleibt der maßgebliche Zeitpunkt für die Hinweispflicht der Ablauf der ursprünglichen Kündigungsfrist. Es lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Parteien mit dem Vergleich die Rechtswirkungen der Kündigung rückgängig machen wollten.

Fazit zur Hinweispflicht:

Der Vermieter muss einen Wegfall des Eigenbedarfs nur mitteilen, wenn dieser vor Ablauf der Kündigungsfrist eintritt. Ein später vereinbarter Räumungstermin dehnt diese Pflicht nicht aus.

Ersatzfähigkeit von Maklerkosten für eine Eigentumswohnung

Die Ausgangslage

Der Mieter hatte nach der Kündigung eine Eigentumswohnung als Ersatzwohnung gekauft und dafür hohe Maklerkosten (über 29.000 €) bezahlt. Er forderte diese Kosten als Schadensersatz vom Vermieter zurück, da die Kündigung unberechtigt gewesen sei. Das Landgericht hatte ihm die Kosten zugesprochen.

Eigenbedarfskündigung des Wohnraummieters: Hinweispflicht des Vermieters bei Wegfall des Eigenbedarfs

Die BGH-Entscheidung

Der BGH weist diesen Anspruch zurück. Die Maklerkosten für den Erwerb einer Eigentumswohnung sind kein ersatzfähiger Schaden des Mieters.

Die Begründung (Schutzzweck der Norm)

Schadensersatz wird nur für Schäden geleistet, die dem Schutzzweck der verletzten Pflicht entsprechen.

Die verletzte Pflicht des Vermieters ist die vertragliche Pflicht zur Gebrauchsüberlassung (der Mieter soll die Wohnung nutzen dürfen).

Die Pflicht soll Schäden verhindern, die im inneren Zusammenhang mit dem Gebrauchserhaltungsinteresse des Mieters stehen. Dies sind typischerweise Umzugskosten oder Mehrkosten für die Anmietung einer vergleichbaren Ersatzwohnung (z.B. Maklerkosten für eine Mietwohnung sind ersatzfähig).

Mit dem Kauf einer Eigentumswohnung wechselt der Mieter von der zeitlich begrenzten Stellung eines Mieters/Besitzers in die dauerhafte Stellung eines Eigentümers.

Dieser Wechsel geht über das hinaus, was die verletzte Vertragspflicht (Gebrauchserhaltung) schützen soll. Die Kosten für den Erwerb von Eigentum dienen einem anderen, neuen Interesse des Mieters (Vermögensbildung, Altersvorsorge), das nicht mehr vom ursprünglichen Mietvertrag geschützt ist.

Fazit zur Maklerkosten-Erstattung:

Maklerkosten für den Kauf einer Eigentumswohnung fallen nicht unter den ersatzfähigen Schaden nach einer unberechtigten Kündigung.

Das Ergebnis

Die Revision der Beklagten (Vermieterin) hatte Erfolg. Das Urteil des Landgerichts, das den Mieter zur Zahlung der Maklerkosten verurteilte, wurde aufgehoben. Die Klage des Mieters auf Erstattung dieser Maklerkosten wurde abgewiesen.

Kurz gesagt:

Ein Vermieter muss nur über den Wegfall des Eigenbedarfs bis zum Ablauf der Kündigungsfrist informieren. Und: Kauf-Maklerkosten für eine Eigentumswohnung muss er selbst bei einer unberechtigten Kündigung nicht ersetzen.

RA und Notar Krau

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