Einem Nachlassgläubiger steht eine Beschwerdebefugnis gegen die Festsetzung der Vergütung des Nachlasspflegers nicht zu
OLG Hamm, Beschl. v. 11.3.2014 – I-15 W 316/13
Der Beschluss des OLG Hamm klärt eine wichtige verfahrensrechtliche Frage im Erbrecht: Darf ein Gläubiger, der Geld vom Nachlass (Erbe) fordert (ein sogenannter Nachlassgläubiger), gegen die gerichtliche Festsetzung der Vergütung für den Nachlasspfleger Beschwerde einlegen?
Die Mutter (Beteiligte zu 1) hat nach dem Tod ihrer Tochter die Erbschaft ausgeschlagen, da der Nachlass wahrscheinlich überschuldet war.
Als Bestattungspflichtige beglich sie einen Teil der Bestattungskosten selbst. Sie hatte also einen Anspruch (eine Forderung) gegen den Nachlass auf Erstattung dieser Kosten.
Die Mutter beantragte daraufhin die Bestellung eines Nachlasspflegers für die unbekannten Erben.
Der Nachlasspfleger wurde bestellt. Zu seinen Aufgaben gehörte die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie die Erbenermittlung.
Der Nachlasspfleger rechnete seine Tätigkeit ab. Das Amtsgericht setzte seine Vergütung fest (in Höhe von 1.746,56 €).
Durch diese Festsetzung war der Nachlass praktisch erschöpft (aufgebraucht), da nur geringe Vermögenswerte vorhanden waren.
Die Mutter befürchtete nun, dass ihre eigenen Forderungen (Bestattungskosten) nicht mehr aus dem Nachlass beglichen werden könnten. Sie legte Beschwerde gegen die Höhe der festgesetzten Vergütung des Nachlasspflegers ein.
Später legte sie auch Beschwerde gegen die Aufhebung der Nachlasspflegschaft ein, die das Amtsgericht wegen der Erschöpfung des Nachlasses verfügte, und gegen die nachträgliche Korrektur des Bestellungsbeschlusses des Nachlasspflegers.
Das OLG Hamm musste in der Hauptsache klären, ob die Mutter als Nachlassgläubigerin überhaupt berechtigt war, gegen die Vergütungsfestsetzung Beschwerde einzulegen.
Das Gericht entschied, dass die Beschwerde der Mutter unzulässig ist.
Nach dem Verfahrensrecht (FamFG) darf nur der Beschwerde einlegen, wer durch die angefochtene Entscheidung in eigenen Rechten beeinträchtigt ist.
Die Festsetzung der Vergütung eines Dritten (hier: des Nachlasspflegers) betrifft die Mutter als Nachlassgläubigerin nicht in einem eigenen subjektiven Recht. Ihre Forderung gegen den Nachlass besteht weiterhin.
Dass durch die Vergütung des Pflegers das Geld im Nachlass knapper wird und sich die Aussichten auf Befriedigung ihrer eigenen Forderung (Bestattungskosten) verschlechtern, ist lediglich eine wirtschaftliche oder tatsächliche Auswirkung. Diese reicht für eine Beschwerdebefugnis nicht aus.
Die Nachlasspflegschaft dient primär dem Schutz der unbekannten Erben, nicht der direkten Befriedigung von Nachlassgläubigern.
Alternativen für den Gläubiger: Ist der Nachlass überschuldet, steht es der Mutter als Gläubigerin frei, ein Nachlassinsolvenzverfahren einzuleiten. In diesem Verfahren würden die Forderungen (Vergütung des Pflegers und Bestattungskosten) gleichrangig behandelt und quotenmäßig befriedigt.
Obwohl die Beschwerde als unzulässig verworfen wurde, merkte das Gericht an, dass die vom Amtsgericht festgesetzte Vergütung inhaltlich wohl zu hoch war, da die Tätigkeit des Anwalts als Nachlasspfleger nur einen einfachen Schwierigkeitsgrad aufwies. Dies war aber für die Unzulässigkeit der Beschwerde unerheblich.
Auch diese Beschwerde war unzulässig, da die Einstufung der Tätigkeit des Pflegers (ob berufsmäßig oder ehrenamtlich) ebenfalls nur die Höhe seiner Vergütung und damit lediglich die wirtschaftlichen Aussichten der Mutter betraf.
Hier erkannte das OLG der Mutter eine Beschwerdebefugnis zu.
Die Mutter hatte die Pflegschaft ursprünglich beantragt, um eine Person zu haben, gegen die sie ihre Forderungen (Bestattungskosten) geltend machen konnte (§ 1961 BGB). Wird die Pflegschaft aufgehoben, ist dieses Recht des Gläubigers, eine Ansprechperson für seine Ansprüche zu haben, unmittelbar beeinträchtigt.
Dennoch hatte die Beschwerde in der Sache keinen Erfolg. Die Aufhebung der Pflegschaft war korrekt, da der Nachlass erschöpft war und somit kein Sicherungsbedürfnis für die unbekannten Erben mehr bestand.
Der Beschluss ist ein wichtiges Beispiel dafür, dass im deutschen Verfahrensrecht nicht jeder, der wirtschaftlich benachteiligt ist, automatisch das Recht hat, gegen eine gerichtliche Entscheidung vorzugehen.
Ein Nachlassgläubiger (wie die Mutter in diesem Fall) darf nicht gegen die gerichtliche Festsetzung der Vergütung des Nachlasspflegers Beschwerde einlegen, selbst wenn dadurch der Nachlass aufgebraucht wird und seine eigenen Forderungen gefährdet sind. Er ist durch diesen Beschluss nicht in eigenen Rechten verletzt, sondern nur in seinen Befriedigungsaussichten.
Möchte der Gläubiger eine gerechte Verteilung des knappen Nachlasses erreichen, muss er ein Nachlassinsolvenzverfahren einleiten.
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