Eingruppierung einer Gesundheitspflegerin
BAG 6 AZR 284/16
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 27. April 2017 über die Eingruppierung einer Gesundheitspflegerin
nach den Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD) entschieden.
Der Fall:
Die Klägerin war als Gesundheitspflegerin bei einer kirchlichen Stiftung beschäftigt.
Sie war in einem ambulanten Betreuungsdienst für psychisch kranke Menschen eingesetzt.
Die Klägerin verlangte die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 AVR-DD, die für Tätigkeiten vorgesehen ist,
„die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen“.
Sie stützte sich dabei auf ein Richtbeispiel in der Anlage 1 AVR-DD, das „Gesundheitspflegerin im OP-Dienst, in der Intensivpflege oder Psychiatrie“
als Beispiel für eine Tätigkeit der Entgeltgruppe 8 nannte.
Die Entscheidung des BAG:
Das BAG hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) auf und verwies die Sache zur erneuten Prüfung an das LAG zurück.
Das LAG hatte der Klage stattgegeben, da es den ambulanten Betreuungsdienst als „psychiatrische Einrichtung“ ansah
und die Klägerin dort „die Pflege und Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen“ durchführte.
Das BAG stellte klar, dass die Eingruppierung nicht von der Einrichtung abhängt, sondern von den tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten.
Begründung:
Tätigkeitsbezogene Auslegung des Richtbeispiels: Das BAG hatte bereits in einer früheren Entscheidung (Urteil vom 12. April 2016, Az. 6 AZR 284/15) entschieden, dass das Richtbeispiel „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ tätigkeitsbezogen auszulegen ist. Es kommt nicht darauf an, ob die Tätigkeit in einer psychiatrischen Einrichtung ausgeübt wird, sondern ob die Aufgaben mit denen einer Fachpflegekraft in der Psychiatrie vergleichbar sind.
Keine ausreichenden Feststellungen zur Tätigkeit: Das LAG hatte keine ausreichenden Feststellungen zur konkreten Tätigkeit der Klägerin getroffen. Es hatte lediglich das Leistungsangebot und die Organisation des Betreuungsdienstes beschrieben. Es fehlten Feststellungen dazu, welche fachspezifischen Tätigkeiten die Klägerin ausübte und ob diese mit den Aufgaben einer Fachpflegekraft in der Psychiatrie vergleichbar waren.
Prüfpflichten des LAG: Das BAG gab dem LAG auf, im weiteren Verfahren die folgenden Punkte zu prüfen:
Vergleichbarkeit der Tätigkeiten: Das LAG muss prüfen, ob die Klägerin Tätigkeiten ausübte, die mit den Aufgaben einer Fachpflegekraft in der Psychiatrie vergleichbar sind. Hierzu muss die Klägerin darlegen, welche konkreten Aufgaben sie hatte und welche fachspezifischen Tätigkeiten sie ausübte.
Gepräge der Tätigkeit: Das LAG muss prüfen, ob die fachspezifischen Tätigkeiten die Gesamttätigkeit der Klägerin prägten, d.h. einen unverzichtbaren Bestandteil ihres Arbeitsauftrags darstellten. Hierzu muss das LAG die Gesamttätigkeit der Klägerin bewerten und feststellen, welchen Anteil die fachspezifischen Tätigkeiten daran hatten.
Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen der Entgeltgruppe 8: Sollte das LAG feststellen, dass die Tätigkeit der Klägerin nicht unter das Richtbeispiel fällt, muss es prüfen, ob die allgemeinen Voraussetzungen der Entgeltgruppe 8 erfüllt sind. Hierzu muss das LAG feststellen, ob die Klägerin Tätigkeiten ausübte, die „vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen“.
Wesentliche Punkte des Urteils:
Eingruppierung nach AVR-DD: Die Eingruppierung nach AVR-DD richtet sich nach den tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten, nicht nach der Art der Einrichtung.
Auslegung von Richtbeispielen: Richtbeispiele in der Anlage 1 AVR-DD sind tätigkeitsbezogen auszulegen.
Feststellungslast: Der Arbeitnehmer trägt die Feststellungslast für die Erfüllung der Eingruppierungsvoraussetzungen.
Fazit:
Das Urteil des BAG verdeutlicht die Bedeutung der tätigkeitsbezogenen Eingruppierung nach AVR-DD.
Arbeitnehmer können nicht allein aufgrund ihrer Tätigkeit in einer bestimmten Einrichtung eine höhere Eingruppierung beanspruchen.
Sie müssen darlegen und beweisen, dass sie die konkreten Tätigkeitsmerkmale der höheren Entgeltgruppe erfüllen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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