Einhalten der Vorbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG bei einer Ausgliederung zur Aufnahme
Hier ist eine Zusammenfassung des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. Mai 2025 (II R 31/22) zur Grunderwerbsteuerbefreiung bei einer Ausgliederung zur Aufnahme
Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) befasst sich mit der Frage, wann eine Übertragung von Grundstücken im Rahmen einer sogenannten Ausgliederung von der Grunderwerbsteuer befreit ist.
Grundsätzlich ist Grunderwerbsteuer fällig, wenn Eigentum an Grundstücken übertragen wird. Das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) sieht aber in § 6a GrEStG eine Steuerbefreiung für bestimmte Umwandlungsvorgänge innerhalb von Konzernen oder zwischen abhängigen Gesellschaften vor. Diese Befreiung soll Umstrukturierungen erleichtern, bei denen das Grundstück de facto im gleichen wirtschaftlichen Umfeld (Konzern) bleibt.
Die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG ist an strikte Bedingungen geknüpft, insbesondere an die sogenannte Vorbehaltensfrist und Nachbehaltensfrist von jeweils fünf Jahren.
Konkret muss das herrschende Unternehmen (im Fall dieses Urteils die Stadt A als alleinige Gesellschafterin) an der abhängigen Gesellschaft (der Klägerin) ununterbrochen zu mindestens 95 % beteiligt gewesen sein, und zwar:
Fünf Jahre VOR dem Umwandlungsvorgang (Vorbehaltensfrist).
Fünf Jahre NACH dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist).
Wird eine dieser Fristen nicht eingehalten, entfällt die Steuerbefreiung und die Grunderwerbsteuer wird nachträglich fällig.
Im konkreten Fall hat eine Gemeinde (Stadt A) als herrschendes Unternehmen ihren Regiebetrieb (inklusive eines Grundstücks) auf eine bereits bestehende GmbH (die Klägerin) ausgegliedert. Dieser Vorgang nennt sich Ausgliederung zur Aufnahme.
Die GmbH (Klägerin) wurde im März 2015 gegründet.
Die Ausgliederung (Übertragung des Grundstücks) wurde im Dezember 2015 wirksam.
Die Gemeinde war die gesamte Zeit zu 100 % an der Klägerin beteiligt.
Zum Zeitpunkt der Übertragung des Grundstücks im Dezember 2015 bestand die Beteiligung der Gemeinde an der Klägerin erst seit wenigen Monaten, nicht aber seit den gesetzlich geforderten fünf Jahren. Die Vorbehaltensfrist wurde also nicht eingehalten.
Die Klägerin argumentierte, dass die Vorbehaltensfrist in diesem Fall entfallen müsse, weil:
Bei einer Ausgliederung zur Neugründung (wo die aufnehmende Gesellschaft erst durch die Ausgliederung entsteht), hat der BFH die Vorbehaltensfrist bereits als nicht anwendbar erklärt, weil sie rechtlich gar nicht eingehalten werden kann. Die Klägerin meint, ihr Fall sei wirtschaftlich vergleichbar, da die GmbH nur kurz zuvor gegründet wurde.
Die Vorschrift diene nur der Missbrauchsvermeidung, und da die Ausgliederung innerhalb eines 100%igen Konzerns stattfand, sei ein Missbrauch ausgeschlossen.
Eine unterschiedliche Behandlung von Ausgliederung zur Neugründung (befreit) und Ausgliederung zur Aufnahme (nicht befreit) verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz).
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück und bestätigte damit die Festsetzung der Grunderwerbsteuer durch das Finanzamt.
Ausgliederung zur Aufnahme erfordert Fristeinhaltung: Bei der Ausgliederung zur Aufnahme auf eine bereits bestehende Gesellschaft muss die fünfjährige Vorbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG eingehalten werden.
Im Gegensatz zur Ausgliederung zur Neugründung (wo die Gesellschaft erst entsteht), war die aufnehmende GmbH (die Klägerin) bereits vor dem Umwandlungsvorgang existent. Es war rechtlich möglich, die Gesellschaft fünf Jahre vor der Ausgliederung zu gründen und die Beteiligung zu halten. Da die Einhaltung der Frist möglich gewesen wäre, gibt es keinen Grund, auf die Frist zu verzichten. Die Härte des Gesetzes muss hier hingenommen werden.
Die Ungleichbehandlung verletzt nicht das Grundgesetz. Die Fälle sind nicht vergleichbar, da bei der Neugründung die Frist aus rechtlichen Gründen nicht einzuhalten ist, während bei der Ausgliederung zur Aufnahme die Frist grundsätzlich eingehalten werden kann. Das Gesetz knüpft an zivilrechtliche Tatsachen (Existenz der Gesellschaft) an.
Die Grunderwerbsteuerbefreiung für Konzernumstrukturierungen ist nur dann möglich, wenn die fünfjährige Vorbehaltensfrist eingehalten wird. Eine Ausnahme von dieser Frist wird vom BFH nur dann gemacht, wenn die Einhaltung umwandlungsbedingt unmöglich ist (wie bei einer Ausgliederung zur Neugründung). Bei einer Ausgliederung zur Aufnahme auf eine bereits bestehende Gesellschaft ist die Fristeinhaltung möglich und daher zwingend erforderlich.
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