Einordnung eines Prämiensparvertrags als Darlehensvertrag oder als unregelmäßiger Verwahrungsvertrag
Die Kündigung alter Prämiensparverträge durch Sparkassen ist in den letzten Jahren ein wichtiges Thema vor Gericht gewesen, weil diese Verträge (z.B. „S-Prämiensparen flexibel“) durch die steigenden Prämien für die Banken in der Niedrigzinsphase zunehmend teuer wurden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 14. Mai 2019 (Az. XI ZR 345/18) wichtige Klarstellungen getroffen, die wie folgt zusammengefasst werden können:
Der BGH hat entschieden, dass ein Prämiensparvertrag, bei dem der Kunde nicht verpflichtet ist, die Sparraten einzuzahlen, kein Darlehensvertrag im Sinne von § 488 BGB ist (wo der Darlehensgeber zur Hingabe des Geldes verpflichtet ist).
Ein solcher Sparvertrag ist als unregelmäßiger Verwahrungsvertrag (§ 700 BGB) einzuordnen. Das bedeutet vereinfacht, dass das Geld zur sicheren Aufbewahrung bei der Bank liegt und die Bank im Gegenzug verspricht, das Geld später zurückzugeben – wie bei einer Lagerung.
Die Abgrenzung ist wichtig, weil für den unregelmäßigen Verwahrungsvertrag andere Kündigungsregeln gelten als für einen Darlehensvertrag.
Der zentrale Punkt für Sparer ist die Frage, wann die Sparkasse kündigen darf:
Die Sparkasse darf einen Prämiensparvertrag nicht vor dem Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen (im verhandelten Fall war das das 15. Sparjahr).
Die vereinbarte, stufenweise steigende Prämienstaffel stellt einen besonderen Sparanreiz dar. Ein durchschnittlicher Sparer darf erwarten, dass ihm dieser Vorteil nicht vorzeitig durch eine Kündigung entzogen werden kann.
Der BGH sieht darin einen stillschweigenden Ausschluss des Kündigungsrechts der Sparkasse bis zu diesem Zeitpunkt.
Selbst werbende Aussagen wie „Sie allein bestimmen, wie lange Sie sparen wollen“ sind laut BGH auf den Zeitraum bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe beschränkt, da die Prämienstaffel selbst nur bis dorthin geht.
Ist die höchste Prämienstufe einmalig erreicht (im Mustervertrag nach dem 15. Sparjahr), kann die Sparkasse den unbefristeten Vertrag kündigen, sofern im Vertrag keine feste Laufzeit vereinbart wurde.
Die höchste Prämienstufe ist erreicht. Die Kündigung muss mit einem sachgerechten Grund erfolgen (nach Nr. 26 I AGB-Sparkassen).
Der BGH hat in der anhaltenden Niedrigzinsphase, die es der Sparkasse erschwert, die nötigen Erträge für die hohen Prämienzahlungen zu erwirtschaften, einen solchen sachgerechten Kündigungsgrund gesehen.
Die Kündigung muss mit einer Frist von drei Monaten erfolgen.
Die Sparkasse darf Verträge mit steigender Prämie nicht kündigen, solange die Prämie noch ansteigt. Sobald die vertraglich vereinbarte Höchstprämie erreicht ist, hat die Sparkasse aber ein Kündigungsrecht, sofern sie einen sachgerechten Grund (wie die Niedrigzinsphase) anführen kann.
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