Einrede der beschränkten Erbenhaftung erst im Berufungsverfahren

Juni 13, 2016

Erhebung der Einrede der beschränkten Erbenhaftung erst im Berufungsverfahren

BGH VI ZR 82/09

RA und Notar Krau

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte über die Frage zu entscheiden, ob die Einrede der beschränkten Erbenhaftung noch im Berufungsverfahren

erhoben werden kann, obwohl sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurde.

Hintergrund des Falls:

Der Kläger hatte die Beklagten als Erben ihres verstorbenen Sohnes auf Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls verklagt.

Das Landgericht wies die Klage ab.

Im Berufungsverfahren erhoben die Beklagten erstmals die Einrede der beschränkten Erbenhaftung und beantragten, ihre Haftung auf den Nachlass ihres Sohnes zu beschränken.

Das Oberlandesgericht gab dem statt und ließ die Revision zum BGH zu.

Einrede der beschränkten Erbenhaftung erst im Berufungsverfahren

Entscheidung des BGH:

Der BGH entschied, dass die Beklagten die Einrede der beschränkten Erbenhaftung auch im Berufungsverfahren erheben konnten.

Begründung:

  • Unstreitiges Vorbringen: Der BGH stellte fest, dass es sich bei der Einrede der beschränkten Erbenhaftung um unstreitiges Vorbringen handelt. Die Beklagten wurden vom Kläger als Erben verklagt und auch als solche verurteilt. Die Erbenstellung und der Erbfall waren unstrittig. Unstreitiges Vorbringen muss das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung zugrunde legen.
  • Kein neues Verteidigungsmittel: Nach § 531 Abs. 2 ZPO dürfen im Berufungsverfahren grundsätzlich keine neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht werden. Der BGH argumentierte jedoch, dass dies nur für streitiges, beweisbedürftiges Vorbringen gilt. Die Einrede der beschränkten Erbenhaftung erfordert keinen Sachvortrag und muss nicht begründet werden. Sie ist allein von der Verurteilung des Beklagten als Erbe abhängig.
  • Vergleich mit der Verjährungseinrede: Der BGH zog eine Parallele zur Verjährungseinrede. Auch diese kann nach der Rechtsprechung des BGH erstmals im Berufungsverfahren erhoben werden, wenn die den Verjährungseintritt begründenden Umstände unstreitig sind.
  • Keine Entscheidungserheblichkeit der materiell-rechtlichen Voraussetzungen: Der BGH stellte klar, dass die Frage, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Haftungsbeschränkung vorliegen, im konkreten Fall nicht entscheidungserheblich war. Das Gericht kann nach seinem Ermessen entscheiden, ob es im Erkenntnisverfahren über die Haftungsbeschränkung entscheidet oder die Frage dem Vollstreckungsverfahren überlässt. Im vorliegenden Fall hatte sich das Gericht dafür entschieden, die Frage der Haftungsbeschränkung offen zu lassen und lediglich den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung auszusprechen.

Einrede der beschränkten Erbenhaftung erst im Berufungsverfahren

Fazit:

Der BGH entschied, dass die Einrede der beschränkten Erbenhaftung auch im Berufungsverfahren erhoben werden kann, wenn die Erbenstellung unstreitig ist.

Damit stellte der BGH klar, dass § 531 Abs. 2 ZPO nicht die Berücksichtigung von unstreitigem Vorbringen im Berufungsverfahren ausschließt.

Die Entscheidung hat Bedeutung für die Praxis, da sie Erben die Möglichkeit gibt, die Einrede der beschränkten Erbenhaftung

auch dann noch zu erheben, wenn sie im ersten Rechtszug versäumt wurde.

RA und Notar Krau

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