einseitige Abänderungsbefugnis in der gemeinschaftlichen letztwilligen Verfügung – OLG Hamm 15 W 479/19
Dieses Urteil des Oberlandesgerichts Hamm befasst sich mit der Frage, ob ein Ehegatte eine in einem gemeinschaftlichen Testament getroffene Verfügung einseitig abändern kann,
wenn der ursprüngliche Vertrag eine solche Abänderungsmöglichkeit vorsah.
Der Fall:
Ein Ehepaar hatte in einem notariell beurkundeten Vertrag vom 3. März 1967 festgelegt, dass sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben einsetzen.
Der Vertrag enthielt jedoch auch eine Klausel, die jedem Ehegatten das Recht einräumte, diese Verfügung zu Lebzeiten des anderen „allein und ohne besonderen Grund“ zu ändern.
Der Ehemann machte von dieser Möglichkeit Gebrauch und setzte in einem Testament vom 23. Juli 2015 die „I Stiftung Sonderfonds der Bürgerstiftung der Stadt W“ als Alleinerbin ein.
Nach seinem Tod beantragte die Ehefrau die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist.
Sie argumentierte, dass es sich bei dem Vertrag von 1967 um einen Erbvertrag handele, der nicht einseitig abgeändert werden könne.
Die Entscheidung des Gerichts:
Das OLG Hamm entschied, dass es sich bei dem Vertrag von 1967 nicht um einen Erbvertrag, sondern um ein gemeinschaftliches Testament mit Abänderungsvorbehalt handelte.
Daher war der Ehemann berechtigt, die Erbeinsetzung seiner Ehefrau durch ein späteres Testament zu widerrufen und eine andere Person als Erben einzusetzen.
Ein Erbvertrag setzt voraus, dass mindestens eine vertragsmäßige Verfügung im Sinne des § 2278 Abs. 1 BGB enthalten ist.
Eine solche Verfügung liegt vor, wenn die Vertragsparteien sich „gegenseitig zu Erben einsetzen“ oder „einem Dritten eine Zuwendung von Todes wegen zuwenden“.
Im vorliegenden Fall enthielt der Vertrag zwar eine gegenseitige Erbeinsetzung, jedoch wurde diese durch den bedingungslosen Abänderungsvorbehalt wieder aufgehoben.
Damit fehlte es an einer bindenden Verfügung, die für einen Erbvertrag unerlässlich ist.
Das Gericht legte den Vertrag daher als gemeinschaftliches Testament aus.
Bei einem gemeinschaftlichen Testament können sich die Ehegatten vorbehalten, die getroffenen Verfügungen auch durch ein einseitiges Testament zu ändern.
Diesen Willen hatten die Eheleute im vorliegenden Fall eindeutig zum Ausdruck gebracht.
Weitere Punkte:
Fazit:
Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Erbvertrag und gemeinschaftlichem Testament.
Während ein Erbvertrag bindende, nicht einseitig abänderbare Verfügungen enthält, können sich die Ehegatten bei einem gemeinschaftlichen Testament die Möglichkeit vorbehalten, die getroffenen Verfügungen zu ändern.
Im vorliegenden Fall hatte der bedingungslose Abänderungsvorbehalt zur Folge, dass der Vertrag als gemeinschaftliches Testament auszulegen war und der Ehemann die Erbeinsetzung seiner Frau wirksam widerrufen konnte.
Hinweise für die Praxis:
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.