Einsetzung Kirche oder eine Stadtverwaltung als Erben 

September 14, 2017

Einsetzung Kirche oder eine Stadtverwaltung als Erben

Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 75/98

RA und Notar Krau

Das Bayerische Oberste Landesgericht hatte über die Auslegung eines Testaments zu entscheiden, in dem die Erblasserin

„die Kirche oder eine Stadtverwaltung“ als Erben eingesetzt hatte.

Der Fall:

Eine kinderlose Frau verstarb und hinterließ ein handschriftliches Testament.

Darin verfügte sie, dass ihr gesamtes Hab und Gut „der Kirche oder einer Stadtverwaltung“ zufallen solle, die es für einen bestimmten Zweck zu verwenden habe:

die Gründung eines „offenen Hauses“ für alleinstehende Menschen.

Die Kirche beantragte einen Erbschein als Alleinerbin.

Die Nichten und Neffen der Erblasserin waren der Ansicht, das Testament sei unwirksam, und beantragten Teilerbscheine als gesetzliche Erben.

Die Entscheidung des Gerichts:

Einsetzung Kirche oder eine Stadtverwaltung als Erben

Das Gericht entschied, dass die Kirche Alleinerbin ist.

Die Erblasserin habe mit „Kirche“ die kirchliche Organisation gemeint, der sie selbst angehörte.

Da die Erblasserin evangelisch war, sei die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern als Erbin anzusehen.

Der Zusatz „oder einer Stadtverwaltung“ sei als Ersatzerbeneinsetzung auszulegen.

Da die Erblasserin nicht festgelegt hatte, welche Stadtverwaltung sie bedenken wollte, sei diese Bestimmung jedoch unwirksam.

Begründung:

  • Bestimmung des Erben: Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Erbeinsetzung nur wirksam ist, wenn die Person des Erben im Testament hinreichend bestimmt ist.
  • Auslegung „Kirche“: Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass jemand, der „der Kirche“ etwas zuwendet, diejenige Kirche meint, der er selbst angehört. Da die Erblasserin evangelisch war, war die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern als Erbin anzusehen.

Einsetzung Kirche oder eine Stadtverwaltung als Erben

  • Auslegung „oder einer Stadtverwaltung“: Der Zusatz „oder einer Stadtverwaltung“ war als Ersatzerbeneinsetzung auszulegen. Da die Erblasserin nicht festgelegt hatte, welche Stadtverwaltung sie meinte, war diese Bestimmung jedoch unwirksam.
  • Testierfähigkeit: Das Gericht sah keine Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit der Erblasserin.

Fazit:

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat entschieden, dass die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern Alleinerbin ist.

Die Erblasserin habe mit „Kirche“ die kirchliche Organisation gemeint, der sie selbst angehörte.

Der Zusatz „oder einer Stadtverwaltung“ sei als unwirksame Ersatzerbeneinsetzung auszulegen.

Zusätzliche Hinweise:

  • Das Gericht hat die notwendigen Beteiligten im Beschwerdeverfahren festgestellt.
  • Die Entscheidung ist für die Praxis relevant, da sie die Auslegung von Testamenten betrifft, in denen der Erbe nicht eindeutig bestimmt ist.
  • Die Entscheidung zeigt, dass die Gerichte bei der Auslegung von Testamenten den Willen des Erblassers erforschen.

Zusammenfassend lässt sich sagen:

  • Die Erbeinsetzung in einem Testament ist nur wirksam, wenn die Person des Erben hinreichend bestimmt ist.
  • Wird „die Kirche“ als Erbe eingesetzt, ist in der Regel diejenige Kirche gemeint, der der Erblasser selbst angehört.
  • Unbestimmte Ersatzerbeneinsetzungen sind unwirksam.
  • Die Gerichte legen Testamente so aus, dass der Wille des Erblassers möglichst genau umgesetzt wird.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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