Eintragung Grundschuld: Prüfungsumfang bei Belastungsvollmacht

November 2, 2025

Eintragung Grundschuld: Prüfungsumfang bei Belastungsvollmacht

Zusammenfassung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 21. April 2016 (Az. V ZB 13/15).


BGH-Beschluss V ZB 13/15: Die Tücken der Finanzierungsvollmacht beim Grundstückskauf

Dieser Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) klärt eine wichtige Frage im Grundbuch- und Notarrecht: Wie muss eine Vollmacht zur Bestellung einer Grundschuld (Hypothek) im Kaufvertrag gestaltet und wie muss sie bei der Eintragung ins Grundbuch nachgewiesen werden, wenn sie nur für die Kaufpreisfinanzierung gelten soll?

Worum ging es in diesem Fall?

  1. Der Kaufvertrag: Eine Verkäuferin (Beteiligte zu 1) verkaufte ein Grundstück an Käufer (Beteiligte zu 2).
  2. Die Vollmacht: Der Kaufvertrag enthielt eine Klausel, die den Käufern erlaubte, das noch der Verkäuferin gehörende Grundstück mit einer Grundschuld zu belasten. Diese „Belastungsvollmacht“ diente ausschließlich dazu, den Kaufpreis über eine Bank zu finanzieren. Die Vollmacht war also inhaltlich beschränkt: Sie durfte nur zur Finanzierung des Kaufpreises genutzt werden und sah spezielle Sicherungsabreden (z.B. Abtretung der Auszahlungsansprüche an die Verkäuferin) vor, um die Verkäuferin zu schützen.
  3. Die Grundschuldbestellung: Die Käufer bestellten beim Notar im eigenen Namen und als Vertreter der Verkäuferin eine Grundschuld zugunsten einer Sparkasse. In dieser Urkunde wurde lediglich erwähnt, dass die Käufer „im Rahmen und gemäß Vollmacht“ handelten.
  4. Das Problem: Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung der Grundschuld ab. Es verlangte einen Nachweis, dass die strenge Begrenzung der Vollmacht aus dem Kaufvertrag auch tatsächlich bei der Bestellung der Grundschuld beachtet wurde.

Die Entscheidung des BGH: Was das Grundbuchamt prüfen muss

Der BGH hat die Zurückweisung des Antrags durch das Grundbuchamt und das Oberlandesgericht (OLG) bestätigt. Er stellte klar, dass bei einer inhaltlich beschränkten Vollmacht das Grundbuchamt nicht einfach davon ausgehen darf, dass alles seine Richtigkeit hat.

1. Außenwirkung der Beschränkung:

Die im Kaufvertrag vereinbarten Beschränkungen der Vollmacht gelten nicht nur intern zwischen Käufer und Verkäufer (Innenverhältnis), sondern auch gegenüber der Bank und dem Grundbuchamt (Außenverhältnis). Die Käufer dürfen das Grundstück nur genau so belasten, wie es im Kaufvertrag festgelegt ist.

Eintragung Grundschuld: Prüfungsumfang bei Belastungsvollmacht

2. Die Pflicht zur Prüfung:

Das Grundbuchamt muss eigenständig prüfen, ob die konkrete Erklärung zur Eintragung der Grundschuld (die sogenannte Eintragungsbewilligung) von der beschränkten Vollmacht gedeckt ist. Dieser Nachweis muss in der Form erfolgen, die das Grundbuchrecht vorschreibt ($\S 29$ GBO), also in der Regel durch öffentliche Urkunden (wie die notarielle Bestellung).

3. Fehlender Nachweis der Sicherungsabrede:

Das Kernproblem war, dass die Käufer die Grundschuld zwar der Höhe nach korrekt bestellten, aber die notwendige schuldrechtliche Absicherung der Verkäuferin gegenüber der Bank nicht nachgewiesen wurde.

  • Die Grundschuld ist ein dingliches Recht und sichert die Bank. Die Verkäuferin läuft Gefahr, dass die Bank das Grundstück für andere Schulden der Käufer in Anspruch nimmt, falls der Kaufvertrag platzt.
  • Zum Schutz der Verkäuferin muss daher eine Sicherungsabrede (schuldrechtliche Vereinbarung) zwischen der Bank und der Verkäuferin zustande kommen, die regelt, dass die Grundschuld ausschließlich zur Finanzierung des Kaufpreises verwendet wird.
  • Wichtig: Der BGH entschied, dass die Vertretungsmacht der Käufer für die Eintragungsbewilligung vom Zustandekommen dieser Sicherungsabrede abhängt.

4. Die Konsequenz für die Notarurkunde:

Es reicht nicht aus, in die Grundschuldbestellungsurkunde nur allgemein auf die Vollmacht zu verweisen („handelt im Rahmen der Vollmacht“). Um die Vollmacht und damit die Eintragung nachzuweisen, muss die Urkunde selbst (oder ihre Anlagen) zweifelsfrei ergeben, dass die vertraglichen Beschränkungen der Vollmacht eingehalten werden.

  • Die Grundschuldbestellungsurkunde muss ein Angebot des Verkäufers (vertreten durch die Käufer) auf Abschluss der Sicherungsabrede mit der Bank enthalten, in dem die Beschränkungen (zweckgebundene Verwendung, Auszahlungsanweisung, Abtretung der Valutierungsansprüche) deutlich werden.
  • Nur wenn die Bank dieses Angebot durch die Annahme der Grundschuld und des damit verbundenen Sicherungsvertrags annimmt, ist die Vertretungsmacht nachgewiesen und die Grundschuld kann eingetragen werden.

Fazit

Wenn ein Verkäufer seinem Käufer eine Vollmacht gibt, sein noch eigenes Grundstück für die Kaufpreisfinanzierung zu belasten, müssen alle Schutzmechanismen für den Verkäufer (z.B. zweckgebundene Auszahlung des Darlehens) ausdrücklich und zweifelsfrei in der Grundschuldbestellungsurkunde selbst verankert werden. Geschieht dies nicht und wird nur pauschal auf die Vollmacht verwiesen, fehlt der notwendige Nachweis für das Grundbuchamt, und die Eintragung der Grundschuld muss abgelehnt werden. Dies dient dem Schutz des Eigentümers (Verkäufer) und der Sicherheit des Grundbuchverkehrs.

RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein konstenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Zur Löschung eines mit Wegzugsklausel bestellten Wohnungsrechts im Grundbuch mittels Vorlage einer Meldebescheinigung

November 5, 2025
Zur Löschung eines mit Wegzugsklausel bestellten Wohnungsrechts im Grundbuch mittels Vorlage einer MeldebescheinigungZusammenfassung des OLG-Bes…
Notar Schild

Zur Löschung der Berechtigung eines Miterben an einem Grundstück aus dem Grundbuch infolge einer Abschichtungsvereinbarung

November 5, 2025
Zur Löschung der Berechtigung eines Miterben an einem Grundstück aus dem Grundbuch infolge einer AbschichtungsvereinbarungScheidet ein Miterbe d…
bell jar, church bell, bell tower, bronze bell

Grundbuchsache: Unbeschränktes Nutzungsrecht als Inhalt einer Grunddienstbarkeit

November 4, 2025
Grundbuchsache: Unbeschränktes Nutzungsrecht als Inhalt einer GrunddienstbarkeitBGH, Beschluss vom 06.11.2014 – V ZB 131/13Vorinstanzen…