Eintragungsfähigkeit der Erbbauzinserhöhung auf Grund einer Wertsicherungsklausel

November 4, 2025

Eintragungsfähigkeit der Erbbauzinserhöhung auf Grund einer Wertsicherungsklausel

KG, Beschluss vom 13.01.2015 – 1 W 210 – 211/14

Worum ging’s?

Es ging um die Frage, ob eine Erhöhung des jährlichen Erbbauzinses (das ist quasi die Miete für das Grundstück bei einem Erbbaurecht) im Grundbuch neu eingetragen werden muss, obwohl der ursprüngliche Zins bereits mit einer sogenannten Wertsicherungsklausel (auch Indexgleitklausel genannt) eingetragen war.

  • Erbbauzins: Der Betrag, den der Erbbauberechtigte (derjenige, dem das Haus gehört, aber nicht das Grundstück) jährlich an den Grundstückseigentümer zahlt.
  • Wertsicherungsklausel: Eine Vereinbarung, die festlegt, dass sich der Erbbauzins automatisch an die wirtschaftliche Entwicklung (z.B. den Verbraucherpreisindex) anpasst.

Die Ausgangslage

  1. Ursprüngliche Eintragung: Im Jahr 2008 wurde ein jährlicher Erbbauzins von 3.474,00 EUR im Grundbuch eingetragen, inklusive der Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel.
  2. Anpassung: Weil die Wirtschaft sich verändert hatte, bewilligten die Beteiligten 2013 eine Erhöhung des Zinses um 288,24 EUR auf insgesamt 3.762,24 EUR jährlich. Sie wollten diesen neuen, angepassten Betrag ins Grundbuch eintragen lassen, um Klarheit zu haben. Sie nannten es eine „Vereinigung“ des alten Zinses mit dem Erhöhungsbetrag.

Das Grundbuchamt sagt: Nein!

Das Grundbuchamt (die Behörde, die für die Eintragungen zuständig ist) lehnte den Antrag ab:

  • Es war nicht klar, ob ein neues Recht oder eine Veränderung des alten Rechts eingetragen werden sollte.
  • Wenn es eine Veränderung des alten Rechts wäre, hätte ein anderer Gläubiger (der in einer nachrangigen Position im Grundbuch stand) zustimmen müssen, weil eine Erhöhung seine Sicherheit vermindert hätte.

Die Antragsteller (Erbbauberechtigter und Grundstückseigentümer) argumentierten, dass die Erhöhung kein neues Recht sei, sondern nur der Ausdruck der bereits im Grundbuch eingetragenen Wertsicherung.

Eintragungsfähigkeit der Erbbauzinserhöhung auf Grund einer Wertsicherungsklausel

Die Entscheidung des Kammergerichts: Doch!

Das Kammergericht (KG) gab den Antragstellern Recht und hob die Entscheidung des Grundbuchamts auf.

Die entscheidenden Punkte:

  1. Auslegung der Bewilligung: Obwohl die Formulierung „Eintragung einer weiteren Erbbauzinsreallast“ etwas verwirrend war, konnte das Gericht sie so auslegen, dass die Beteiligten nur den derzeit geschuldeten (durch die Wertsicherung automatisch erhöhten) Erbbauzins im Grundbuch festhalten wollten. Sie wollten einfach den aktualisierten Betrag sehen.
  2. Die Wertsicherungsklausel: Bei einer solchen Klausel muss die aktuelle Höhe des Zinses nicht zwingend im Grundbuch stehen, da sich die Höhe automatisch nach der vereinbarten Formel (dem Index) bestimmt. Das ist juristisch unstrittig.
  3. Keine neue Belastung: Da die Erhöhung des Zinses bereits durch die ursprüngliche Eintragung (mit der Wertsicherungsklausel) gedeckt war, entsteht durch die Eintragung des neuen Betrags keine zusätzliche Belastung für das Erbbaurecht. Es wird kein neues, tieferes Loch gebuddelt, sondern nur das Schild am bereits gebuddelten Loch aktualisiert.
  4. Zustimmung nicht erforderlich: Weil keine neue Belastung entsteht, ist auch keine Zustimmung der anderen dinglich Berechtigten (wie des in der Rangfolge nachstehenden Gläubigers) erforderlich.
  5. Klarheit schafft Frieden: Das Gericht fand die Eintragung des aktuell geschuldeten Betrags sinnvoll. Auch wenn es juristisch nicht zwingend nötig ist, hilft es, Zweifel und Streitigkeiten zwischen Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigtem über die Höhe des Zinses zu vermeiden. Man soll das Grundbuch nicht mit Überflüssigem überfrachten, aber ein kurzer Zusatz zur Verhütung von Streit ist erlaubt.

Fazit

Das Gericht wies das Grundbuchamt an, den neuen, erhöhten Erbbauzins von 3.762,24 EUR anstelle des alten Betrags einzutragen. Die Quintessenz ist:

Wenn der Erbbauzins aufgrund einer bereits im Grundbuch eingetragenen Wertsicherungsklausel steigt, ist die Eintragung des neuen Betrags im Grundbuch zulässig (wenn auch nicht zwingend erforderlich) und dient der Klarheit. Sie stellt keine neue Belastung dar und erfordert daher nicht die Zustimmung anderer Gläubiger.

Man könnte sagen: Wenn die Miete für das Grundstück automatisch steigt, ist es eine gute Idee, das auch im Grundbuch zu vermerken, damit alle wissen, was Sache ist, ohne die Indexformel jedes Mal neu berechnen zu müssen.

RA und Notar Krau

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