Eintragungsfähigkeit von Benutzungsdienstbarkeiten bei unbeschränktem Nutzungsrecht
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.9.2019, I-3 Wx 64/19
Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass sogenannte Benutzungsdienstbarkeiten auch dann im Grundbuch eingetragen werden können,
wenn sie ein unbeschränktes Nutzungsrecht an Räumen innerhalb eines Gebäudes beinhalten.
Diese Entscheidung ist insbesondere im Hinblick auf komplexe Eigentumsverhältnisse und historische Grundstücksteilungen von Bedeutung.
Zwei benachbarte Grundstücke, die ursprünglich ein gemeinsames Bauernhaus bildeten, wurden in den 1920er Jahren geteilt.
In dem Gebäude befinden sich zwei Räume, die jeweils zur Hälfte auf beiden Grundstücken liegen.
Die Nutzung dieser Räume wurde seit der Teilung durch mündliche Vereinbarungen geregelt, ohne dass dingliche Rechte im Grundbuch eingetragen wurden.
Die aktuellen Eigentümer beantragten die Eintragung von Grunddienstbarkeiten, die den jeweiligen Eigentümern das ausschließliche Nutzungsrecht
an den auf ihrem Grundstück liegenden Raumhälften einräumen sollten.
Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung ab, da es die bewilligten Rechte als sachenrechtlich unzulässige Vermischung von Benutzungsdienstbarkeit und Wohnungsrecht einstufte.
Das OLG Düsseldorf hob die Entscheidung des Grundbuchamts auf und entschied, dass die beantragten Grunddienstbarkeiten eintragungsfähig sind.
Das Gericht stellte klar, dass der Begriff der „Benutzung in einzelnen Beziehungen“ im Sinne des § 1018 BGB weit auszulegen ist.
Die Nutzung eines Gebäudes oder Gebäudeteils, wie im vorliegenden Fall eines Raumes, stellt demnach eine Nutzung des Grundstücks „in einzelnen Beziehungen“ dar,
da die Lage und Beschaffenheit des Raumes die Art der Nutzung langfristig bestimmen.
Es sei unerheblich, ob die Dienstbarkeit sämtliche Nutzungsarten oder nur bestimmte Nutzungsarten umfasst.
Das OLG begründet, das die Eintragung der Dienstbarkeit der „Sicherheit des Rechts und Geschäftsverkehrs“ diene.
Das OLG wendet hier eine Entscheidung des BGH (Bundesgerichtshof) an, die sich mit der Eintragung einer Dienstbarkeit für ein Gebäude beschäftigt hat.
Das OLG ist der Ansicht, dass seine Entscheidung richtig sei, wünscht sich jedoch das der BGH dies entschieden hätte.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf schafft Klarheit hinsichtlich der Eintragungsfähigkeit von Benutzungsdienstbarkeiten bei unbeschränkten Nutzungsrechten an Räumen.
Sie ermöglicht die rechtssichere Regelung komplexer Eigentumsverhältnisse, insbesondere bei historischen Gebäuden und Grundstücksteilungen.
Die Entscheidung trägt dazu bei, den Rechts- und Geschäftsverkehr im Bereich der Liegenschaften zu vereinfachen und zu sichern.
Der Autor Notar Dr. Rainer Kanzleiter befürwortet diese Entscheidung des OLG Düsseldorf in seiner Urteilsanmerkung in der MittBayNot 2020, 337.
Die Anmerkung von Notar a.D. Dr. Rainer Kanzleiter befasst sich mit der Eintragungsfähigkeit von Benutzungsdienstbarkeiten bei unbeschränktem Nutzungsrecht,
insbesondere im Lichte eines Beschlusses des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. September 2018, V ZB 2/18.
Kernpunkt der Diskussion ist die seit langem bestehende Problematik der Auslegung des § 966 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB),
der die „Benutzung in einzelnen Beziehungen“ im Rahmen von Grunddienstbarkeiten regelt.
Dies führt oft zu Unsicherheiten und wirtschaftlich bedeutsamen Streitigkeiten.
Kanzleiter plädiert dafür, dass der BGH stärker in das Eintragungsverfahren von Grunddienstbarkeiten einbezogen werden sollte.
Aktuell hat der BGH keine Möglichkeit, gegen positive Entscheidungen der Oberlandesgerichte im Eintragungsverfahren vorzugehen.
Kanzleiter schlägt vor, die Oberlandesgerichte zu verpflichten, dem BGH Fälle von grundsätzlicher Bedeutung vorzulegen.
Dies würde die Rechtssicherheit erhöhen und verhindern, dass der BGH erst in späteren, streitigen Verfahren über die Gültigkeit eingetragener Dienstbarkeiten entscheiden muss.
Im konkreten Fall des OLG Düsseldorf geht es um die Eintragung von „gegenseitigen“ Grunddienstbarkeiten, die ein unbeschränktes Nutzungsrecht an bestimmten Räumen gewähren.
Kanzleiter hält die Entscheidung des OLG Düsseldorf für richtig, da die erforderliche Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten
durch die tatsächliche Zuordnung der Räume zu einer anderen Raumeinheit des Dienstbarkeitsberechtigten gegeben sei.
Die Nutzung sei somit durch die bauliche Ausgestaltung, Lage und Zuordnung der Räume ausreichend konkretisiert.
Kanzleiter betont, dass eine Entscheidung des BGH im Eintragungsverfahren wünschenswert gewesen wäre, um die Rechtssicherheit zu gewährleisten.
Eine spätere Entscheidung des BGH nach § 53 der Grundbuchordnung (GBO) über die Löschung einer bereits eingetragenen Dienstbarkeit hätte erhebliche negative Konsequenzen.
Zusammenfassend fordert Kanzleiter eine stärkere Rolle des BGH im Eintragungsverfahren von Grunddienstbarkeiten,
um Rechtssicherheit zu gewährleisten und wirtschaftlich bedeutsame Streitigkeiten zu vermeiden.
§ 1018 BGB: Grunddienstbarkeit
§ 873 BGB: Erwerb durch Einigung und Eintragung
§ 13 GBO: Antragsberechtigung
§ 71 GBO: Beschwerde gegen Entscheidungen des Grundbuchamts
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.