Einwendung gegen eine Grundschuld

Mai 4, 2025

Einwendung gegen eine Grundschuld

BGH-Urteil vom 20. April 2018 (V ZR 106/17)

RA und Notar Krau

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger war Eigentümer mehrerer Grundstücke, darunter ein landwirtschaftliches Anwesen.

Er hatte zugunsten eines Kreditinstituts eine Gesamtbuchgrundschuld über 600.000 DM bestellt, die später im Grundbuch eingetragen wurde.

Die Grundschuld enthielt eine Klausel der sofortigen Zwangsvollstreckung gegen den Kläger.

Die Buchgrundschuld wurde in der Folge an die Volksbank und später an die Sparkasse B abgetreten.

Die Sparkasse verkaufte ihre Forderungen gegen den Kläger aus zwei Darlehensverträgen (insgesamt 782.276,57 Euro, wobei der Kläger laut Vertrag 1.011.392,40 Euro schuldete) nebst aller Sicherheiten,

einschließlich der Buchgrundschuld, an die Firma HEPS-GmbH (im Folgenden Firma H) für 370.000 Euro.

Die Sparkasse trat die Darlehensforderungen und die Grundschuld an Firma H ab.

Firma H finanzierte den Forderungskauf durch ein Darlehen der beklagten Bank und trat dieser zur Sicherheit unter anderem die Buchgrundschuld ab.

Die Beklagte wurde als neue Gläubigerin der Grundschuld im Grundbuch eingetragen, und die Vollstreckungsklausel wurde auf sie umgeschrieben.

Auf Antrag der Beklagten ordnete das Versteigerungsgericht die Zwangsversteigerung des landwirtschaftlichen Anwesens des Klägers an.

Der Kläger meldete eine persönliche Forderung von über 12 Millionen Euro an.

Im Verteilungstermin erhielt die Beklagte einen Betrag von rund 322.000 Euro aus der Teilungsmasse, während der Kläger mit seiner Forderung leer ausging.

Der Widerspruch des Klägers gegen den Teilungsplan blieb erfolglos, und das Versteigerungsgericht zahlte der Beklagten den zugeteilten Betrag aus.

Eine Klage des Klägers, die Verteilung für unzulässig zu erklären und eine vorrangige Befriedigung seiner Forderung zu erreichen, wurde vom Oberlandesgericht Hamm abgewiesen.

Einwendung gegen eine Grundschuld

Im vorliegenden Verfahren beantragte der Kläger die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung, die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von rund 543.000 Euro nebst Zinsen

sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der Zwangsvollstreckung.

Das Landgericht Detmold und das Oberlandesgericht Hamm wiesen die Klage ab. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Revision beim Bundesgerichtshof ein.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück.

Zur Feststellungsklage:

Der BGH stellte zunächst fest, dass der Antrag des Klägers auf Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung bereits als Zwischenfeststellungsklage unzulässig sei.

Eine Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO könne nur auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein,

nicht auf bloße Elemente, Vorfragen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens.

Der Antrag des Klägers ziele ausschließlich auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zwangsvollstreckung durch die Beklagte,

was nicht Gegenstand einer Feststellungs- oder Zwischenfeststellungsklage sein könne.

Zum Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 1 BGB):

Der BGH bestätigte die Ansicht der Vorinstanzen, dass ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus unerlaubter Handlung nicht bestehe.

Allein die Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahrens zur Durchsetzung vermeintlicher Rechte stelle grundsätzlich keine unerlaubte Handlung dar.

Für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage hafte der Betreibende außerhalb der verfahrensrechtlichen Sanktionen grundsätzlich nicht.

Einwendung gegen eine Grundschuld

Dies gelte auch für das Betreiben der Zwangsvollstreckung.

Das dem Betreibenden zugestandene „Recht auf Irrtum“ werde durch verfahrensrechtliche Sicherungen zugunsten des Schuldners kompensiert.

Etwaige Fehler im Klauselerteilungsverfahren begründeten ebenfalls keine Haftung aus unerlaubter Handlung.

Der Schuldner habe die Möglichkeit, Einwendungen im Wege der Klauselgegenklage nach § 768 ZPO geltend zu machen.

Zum Bereicherungsanspruch (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB):

Auch ein Bereicherungsanspruch des Klägers auf Herausgabe des ausgezahlten Anteils an der Teilungsmasse wurde vom BGH verneint.

Da keine Leistung des Klägers an die Beklagte erfolgt sei, komme nur § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB (Erlangung in sonstiger Weise ohne rechtlichen Grund) in Betracht.

Dies wäre nur der Fall, wenn der Kläger aufgrund seines Einwands, die Beklagte habe die gesicherten Darlehensforderungen nicht erworben,

die Erklärung der Zwangsvollstreckung für unzulässig hätte beanspruchen können und diesen Einwand jetzt noch geltend machen könnte.

Der BGH führte aus, dass der Kläger mit diesem Einwand ausgeschlossen sei, da er ihn bereits im Vollstreckungsgegenklageverfahren hätte vorbringen können.

Die rechtskräftige Abweisung der Vollstreckungsgegenklage habe zur Folge, dass der Vollstreckbarkeit der Urkunde der dieser Klage zugrunde liegende Sachverhalt nicht mehr entzogen werden dürfe.

Entsprechend den Rechtsgedanken der §§ 767 Abs. 2 und 3 ZPO sei es dem Kläger verwehrt, dieses Ergebnis im Wege eines Schadensersatzanspruchs zu korrigieren,

der auf Umstände gestützt werde, die bereits zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung im Vollstreckungsgegenklageverfahren vorlagen.

Dies gelte auch dann, wenn der Kläger ohne eigenes Verschulden mangels Kenntnis nicht in der Lage gewesen sein sollte, diese Einwendungen im früheren Verfahren geltend zu machen.

Zur Einwendung gegen die Grundschuld gemäß § 1192 Abs. 1a Satz 1 Fall 2 BGB:

Der BGH stellte klar, dass eine Einwendung gegen die Grundschuld im Sinne von § 1192 Abs. 1a Satz 1 Fall 2 BGB aus dem Sicherungsvertrag

nicht allein dadurch entstehe, dass der Erwerber die Sicherungsgrundschuld ohne die gesicherte Forderung erwerbe.

Einwendung gegen eine Grundschuld

Die Grundschuld und ihre Verwertung setzten keine schuldrechtliche Forderung voraus.

Bei der Sicherungsgrundschuld diene diese zwar der Sicherung eines Anspruchs, jedoch werde der Erwerb des gesicherten Anspruchs nicht zur Voraussetzung für die Geltendmachung des Duldungsanspruchs

oder die Vollstreckung aus einem Duldungstitel oder einer Unterwerfungserklärung für den dinglichen Anspruch.

§ 1192 Abs. 1a Satz 1 BGB führe „nur“ dazu, dass sich der Zessionar Einwendungen gegen die Grundschuld entgegenhalten lassen müsse, die dem Eigentümer bei der Abtretung aus dem

Sicherungsvertrag mit dem bisherigen Gläubiger zustanden oder bereits angelegt waren und später entstehen.

Zu diesen Einwendungen gehörten jedoch Einwendungen gegen den Bestand und die Fälligkeit der gesicherten Forderung,

wie Nichtvalutierung, Erlöschen der Forderung vor Übertragung der Grundschuld oder fehlende Fälligkeit.

Dagegen änderten sich die Fälligkeit und der Fortbestand des gesicherten Anspruchs nicht allein dadurch, dass nach Eintritt des Sicherungsfalls der Anspruch oder die Sicherheit abgetreten werde.

Der Eigentümer bleibe aus dem gesicherten Anspruch verpflichtet, und der Eintritt des Sicherungsfalls werde durch die Abtretung der Grundschuld nicht berührt.

Eine forderungslose Abtretung der Sicherungsgrundschuld führe nicht zu einer Freistellung des Eigentümers von der dinglichen Haftung.

Dies sei von § 1192 Abs. 1a Satz 1 BGB nicht vorgesehen und auch nicht beabsichtigt.

Fazit:

Das Urteil des BGH stellt klar, dass der Erwerb der Sicherungsgrundschuld ohne die gesicherte Forderung allein keine Einwendung gegen die Grundschuld im Sinne von § 1192 Abs. 1a BGB begründet.

Der Eigentümer kann dem neuen Grundschuldgläubiger grundsätzlich nur Einwendungen aus dem Sicherungsvertrag entgegenhalten,

die sich auf den Bestand und die Fälligkeit der gesicherten Forderung beziehen.

Der Einwand des fehlenden Forderungserwerbs durch den neuen Gläubiger gehört nicht dazu.

Zudem bekräftigt der BGH die Grundsätze zur Feststellungsklage und zur Haftung bei Inanspruchnahme staatlicher Rechtspflegeverfahren

sowie die Präklusion von Einwendungen, die bereits im Vollstreckungsgegenklageverfahren hätten geltend gemacht werden können.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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