Enterbung ohne Erbeinsetzung
Was ist ein „negatives Testament“ und wozu dient es?
Stellen Sie sich vor, Sie möchten nicht, dass bestimmte Personen, die nach dem Gesetz normalerweise erben würden, etwas von Ihrem Nachlass erhalten. Genau hier kommt das sogenannte „negative Testament“ ins Spiel. Dieser Begriff fasst den Kern des § 1938 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) perfekt zusammen. Es geht darum, dass Sie in Ihrem Testament festlegen können, wer nicht erben soll, ohne gleichzeitig zu bestimmen, wer stattdessen Ihr Vermögen bekommen soll.
Sie können also eine Person von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen, ohne eine andere Person als Erben einzusetzen. Das ist eine wichtige Erweiterung Ihrer Freiheit, über Ihr Erbe zu bestimmen.
Sie haben die Möglichkeit, Ihre Verwandten, Ihren Ehegatten oder Ihren eingetragenen Lebenspartner von der gesetzlichen Erbfolge auszuschließen. Das bedeutet, wenn Sie beispielsweise nicht möchten, dass ein bestimmtes Familienmitglied erbt, können Sie dies in Ihrem Testament festhalten.
Wichtig ist jedoch: Sie können nicht den Staat von der Erbfolge ausschließen. Wenn Sie alle anderen gesetzlichen Erben von Ihrem Erbe ausschließen, erbt am Ende der Staat als sogenannter „Noterbe“.
Wenn Sie eine Person durch ein negatives Testament von der Erbfolge ausschließen, dann wird Ihr Erbe so aufgeteilt, als ob diese Person zum Zeitpunkt Ihres Todes gar nicht existiert hätte. Die Erbteile der anderen gesetzlichen Erben erhöhen sich entsprechend.
Ja, das ist prinzipiell möglich. Sie könnten beispielsweise festlegen, dass jemand nur dann enterbt wird, wenn eine bestimmte Bedingung eintritt oder für einen bestimmten Zeitraum. Hier können allerdings in der Praxis Fragen auftauchen, die eine genaue Betrachtung erfordern, zum Beispiel ob der Ausschluss eine ganze Familienlinie oder nur eine einzelne Person betrifft. Es ist dann oft die Aufgabe, genau zu prüfen, was Sie mit Ihrem Ausschluss beabsichtigt haben.
Auch wenn Sie jemanden enterben, gibt es einen wichtigen Schutzmechanismus im deutschen Erbrecht: den Pflichtteil. Die meisten enterbten Personen haben immer noch Anspruch auf diesen Pflichtteil. Das bedeutet, sie erhalten einen bestimmten Mindestanteil am Wert Ihres Nachlasses, selbst wenn Sie sie enterbt haben.
Für Ehegatten oder Lebenspartner kann zusätzlich noch ein Anspruch auf den güterrechtlichen Zugewinnausgleich hinzukommen. Was jedoch in diesen Fällen entfällt, ist der sogenannte „Voraus“, also bestimmte Haushaltsgegenstände und Hochzeitsgeschenke, die Ehegatten oder Lebenspartner normalerweise zusätzlich erben würden.
Sollte es vorkommen, dass eine Erbeinsetzung unwirksam ist, ist die gesetzliche Erbfolge in der Regel nicht ausgeschlossen. Das bedeutet, die gesetzliche Erbfolge tritt ein, als ob die unwirksame Erbeinsetzung nie stattgefunden hätte.
Ich hoffe, diese Erläuterung hat Ihnen einen klaren Einblick in die Möglichkeiten des negativen Testaments gegeben. Bei weiteren Fragen zum Erbrecht stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Rechtsanwalt und Notar Krau